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       # taz.de -- Monitor zu Jugendarmut: Viele junge Menschen bleiben arm
       
       > Armut unter Jugendlichen ist in Deutschland weit verbreitet. Die Folgen:
       > Schlechterer Zugang zu Bildung, bezahlbarem Wohnen und sozialer Teilhabe.
       
   IMG Bild: Armutsstandort Deutschland: Arme Jugendliche haben schlechte Bildungschancen, hohe Gesundheitsrisiken und schlechte Teilhabechancen
       
       Berlin taz | Die Jugendarmut in Deutschland ist nach wie vor auf einem
       hohen Niveau. Jede*r Vierte zwischen 18 und 25 Jahren ist von Armut
       gefährdet, deutlich häufiger als der Rest der Bevölkerung. 67 Prozent der
       Jugendlichen in Deutschland haben zudem Sorgen vor Armut. Das ergibt der
       [1][aktuelle Jugendmonitor der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische
       Jugendsozialarbeit (BAG KJS)], der alle zwei Jahre erscheint. „Wir sprechen
       hier nicht über Zahlen und Fakten, sondern über Menschen und ihre
       Biografien“, sagte bei der Vorstellung am Donnerstag Stefan Ottersbach, der
       Vorsitzende BAG KJS.
       
       Deutschland gelte international als wohlhabende Industrienation, wobei die
       Wirklichkeit sich für einen großen Teil der Gesellschaft anders darstelle,
       so Ottersbach: Deutschland sei ein Armutsstandort. Konkret mache sich die
       Armut in den Perspektiven der armutsbetroffenen Jugendlichen sichtbar. Sie
       hätten schlechtere Bildungschancen, höhere gesundheitliche und psychische
       Risiken und weniger gesellschaftliche Teilhabe.
       
       Darunter litten betroffeneJugendliche nicht nur akut, sondern es wirke sich
       auch auf die ganze Biografie aus. Entwicklungschancen, die anderen
       Jugendlichen offenstünden, könnten so nicht wahrgenommen werden, betonte
       Ottersbach. Entmutigung, Gefühle der Ausgeschlossenheit und Benachteiligung
       seien die Folge.
       
       Mehr als jede*r Zweite [2][sorge sich wegen zu teurem Wohnraum], so der
       Monitor Jugendarmut. Es fehle an Sozialwohnungen, die sich seit 2006
       halbiert haben. Die Folge ist, dass armutsbetroffene Haushalte im Vergleich
       zu ihrem Einkommen viel mehr für die Miete ausgeben müssen als Haushalte
       mit hohem Einkommen. Auch beim Thema Wohnungslosigkeit sind junge Menschen
       besonders betroffen: 40 Prozent der Wohnungslosen in Deutschland sind unter
       25 Jahre alt. Silke Starke-Uekermann, ebenfalls vom BAG KJS, sprach von
       einer „Jugend als nicht gelebte Lebensphase.“
       
       ## Gefahr für die Demokratie
       
       Im Bereich Mobilität bremse Armut regelrecht aus. Der Monitor zeigt, dass
       betroffene Jugendliche weniger Strecke am Tag zurücklegen: Die
       durchschnittliche Wegelänge sinkt von 15 auf 9 Kilometer. Mobilität und
       damit auch soziale Teilhabe, wie durch Freizeitmöglichkeiten, sei somit
       auch eine Frage des Geldbeutels, sagte Starke-Uekermann: „Das
       Deutschlandticket können Betroffene nicht mehr bezahlen.“ Auch der immer
       teurer werdende Führerschein sei für Haushalte mit begrenztem Budget kaum
       zu finanzieren.
       
       Soziale Ungleichheit gefährde zudem die Demokratie. Jugendliche aus
       einkommensschwachen Verhältnissen blieben häufiger ohne Stimme und ohne
       politische Teilhabe, das Vertrauen in die Demokratie gehe dadurch verloren.
       Die Zustimmung zu Autoritarismus und Extremismus ist in der Gruppe der 15-
       bis 25-Jährigen mit geringer Bildung laut Monitor eher ausgeprägt.
       
       Im Vergleich zu den letzten Monitoren bleibt die Jugendarmut auf einem
       konstant hohen Niveau. Das BAG KJS fordert eine stärkere gesellschaftliche
       Aufmerksamkeit auf das Thema Jugendarmut zu legen und eine bundesweite
       Strategie zu deren Bekämpfung. Im Zentrum der Forderungen steht eine
       [3][armutsfeste Kinder- und Jugendgrundsicherung].
       
       Das Recht auf Wohnen solle ins Grundgesetz aufgenommen und der soziale
       Wohnungsbau ausgeweitet werden. Es solle ein bundesweites kostenfreies
       Jugendticket für den ÖPNV geben und Mobilitätsangebote in ländlichen
       Regionen, wie Jugendtaxis, sollen ausgebaut werden. „Wenn wir es nicht
       schaffen, jungen Menschen faire Chancen zu geben, verspielen wir unsere
       Zukunft“, sagte Ottersbach.
       
       16 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bagkjs.de/monitor-jugendarmut-pressemitteilung/
   DIR [2] /Haushalte-mit-Kindern/!6058669
   DIR [3] /Expertin-ueber-Kindergrundsicherung/!6056453
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Honold
       
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