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       # taz.de -- Bauprojekte von unten in Berlin: Haus der Statistik als Vorbild?
       
       > Ins Haus der Statistik am Alexanderplatz ziehen die ersten Nutzer ein.
       > Auf dem Dragonerareal dagegen herrscht weitgehend Stillstand. Woran liegt
       > es?
       
   IMG Bild: Mitten im Spiel will der Bausenator die Regeln ändern: Dragonerareal in Kreuzberg
       
       Das ging schnell. Nach nur zehn Jahren Planung und Sanierung hat das
       Finanzamt Mitte ein neues Domizil. Im Frühjahr zieht die Behörde in die
       neuen Räume an der Otto-Braun-Straße in Mitte. Es ist der Startschuss für
       die Inbesitznahme eines der spannendsten Bauprojekte in Berlin.
       
       Eigentlich sollte das seit 2008 leerstehende [1][Haus der Statistik], zu
       dem auch die Büros in der Otto-Braun-Straße gehören, abgerissen werden.
       Doch 2015 unterbreiteten Initiativen die Idee, im weitläufigen Areal am
       Alexanderplatz ein Zentrum für Geflüchtete, Soziales und Kultur
       unterzubringen.
       
       Was daraus folgen sollte, war nicht abzusehen. Eine Umsetzung der Idee
       schien zunächst utopisch. Das Haus der Statistik gehörte dem Bund, zudem
       brauchten sowohl das Finanzamt als auch der Bezirk Mitte neue Büroräume.
       Wäre alles seinen normalen Weg gegangen, hätte die Initiative vielleicht
       den Gebäudekomplex vor dem Abriss gerettet, wäre selbst aber leer
       ausgegangen.
       
       Dass es nicht so kam, hat viel mit den handelnden Personen und Vertrauen zu
       tun. Zu den Unterstützern der Idee gehörte auch der damalige Finanzsenator
       Matthias Kollatz (SPD). Teilweise gegen den Willen der eigenen Verwaltung
       hat er sich für ein Modell stark gemacht, das am Ende erfolgreich war: eine
       Kooperation zwischen Initiative, Bezirk, Senat und der
       Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), die dort 290 Wohnungen errichten wird.
       
       Kaum war 2018 ein erster Kooperationsvertrag unterzeichnet, lief alles
       weitgehend geräuschlos. Das gleiche kann man von einem anderen Projekt
       nicht sagen: Auch die [2][Entwicklung des Dragonerareals in Kreuzberg] ist
       ambitioniert. Und auch hier, an der Ecke Mehringdamm und Obentrautstraße,
       sollen verschiedene Akteure zusammenkommen. Den Bau von fast 500 Wohnungen
       teilen sich die WBM und Genossenschaften. Letztere sollten, so war es
       vorgesehen, fast 100 Wohnungen bauen können.
       
       Auch am Dragonerareal war Matthias Kollatz ein Möglichmacher. Er war
       derjenige, der die Privatsierung des Areals verhindert und den Verkauf
       durch den Bund an das Land ermöglicht hat. Für die Umsetzung der Planungen
       sind derzeit aber andere zuständig. Und da fehlt es nicht nur an beherzten
       Möglichmachern, sondern auch am zweiten wichtigen Erfolgsfaktor: Vertrauen.
       
       ## Bausenator Gaebler schießt quer
       
       Zuletzt überraschte Bausenator Christian Gaebler (SPD) die Beteiligten mit
       seinem Vorstoß, der WBM weitaus mehr vom Wohnungskuchen zuzuschanzen als
       geplant. Ein Grundstück, das sowohl WBM als auch eine Genossenschaft
       bebauen sollten, soll nun ganz der landeseigenen Gesellschaft zugeschlagen
       werden. Mitten im Spiel will der SPD-Senator also die Regeln ändern.
       
       „Das Modellprojekt verliert an Modellhaftigkeit, wenn die
       Stadtentwicklungsverwaltung nun Entscheidungen gegen den Willen des
       Zukunftsrats durchdrückt und Genossenschaften nach jahrelanger Verabredung
       aus dem Projekt kickt“, [3][sagte Bezirksstadtrat Florian Schmidt nach der
       Entscheidung im vergangenen Oktober dem Tagesspiegel]. „Es geht hier um 50
       Wohnungen, aber es geht eben auch um Verabredungen, die nicht eingehalten
       werden, und das Vertrauen in die Liegenschaftspolitik des Landes infrage
       stellen.“
       
       Gut möglich, dass auch die ambitionierte Bürgerbeteiligung, die der Bezirk
       Friedrichshain-Kreuzberg am Dragonerareal gestartet hat, die ein oder
       andere Verzögerung verursacht hat. Ohne Vertrauen und mutige Akteure aber
       gibt es nicht nur Verzögerungen. Am Ende könnte das ganze Projekt
       scheitern. Vielleicht sollte sich Bausenator Gaebler am Haus der Statistik
       ein Vorbild nehmen. Oder an seinem Parteikollegen Matthias Kollatz.
       
       18 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://hausderstatistik.org/
   DIR [2] /Dragoner-Areal/!t5431371
   DIR [3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-wirtschaft/kreuzberger-dragonerareal-streit-um-genossenschaftlichen-wohnungsbau-12469883.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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