# taz.de -- Wahrnehmung von Forschung: Keine Skepsis
> Die Gründe, die das Vertrauen in Wissenschaft beeinflussen, sind
> vielfältig. Wie es global um das Vertrauen bestellt ist, untersucht eine
> neue Studie.
IMG Bild: Wissenschaftler:innen in einem Labor des Max-Planck-Instituts in Mülheim an der Ruhr
Das Vertrauen in Wissenschaft und Forschung ist in Deutschland stabil,
zeigt das [1][Wissenschaftsbarometer], das seit 2014 regelmäßig genau diese
Frage für die Bundesrepublik untersucht. Nach dem Barometer vertrauten
letztes Jahr 55 Prozent der Befragten „voll und ganz“ oder „eher“ der
Wissenschaft und Forschung. Doch wie sieht es im Rest der Welt aus?
## Die Studie
Das Vertrauen ist hoch – zu dem Schluss kommt die Studie eines
internationalen Forschungsteams. Auf einer Skala von 1 bis 5 lag der
globale Durchschnitt bei einem Wert von 3,62. Für die im Fachmagazin
[2][Nature Human Behaviour] veröffentlichte Studie befragten 241 Forschende
knapp 72.000 Personen aus 68 Ländern, insbesondere auch aus Ländern des
Globalen Südens, die bisher in solchen Befragungen oft unterrepräsentiert
waren.
Darüber hinaus befragte das Team die Teilnehmenden zu ihrer Demografie,
politischen Ideologie und grundsätzlichen Einstellung, etwa zur Integrität
von Wissenschaftlern. Auf diese Weise konnten sie feststellen, ob bestimmte
Bevölkerungsgruppen oder ideologische Haltungen mit mehr oder weniger
Vertrauen in die Wissenschaft verbunden sind.
Einen direkten Ländervergleich erlaubt die Studie allerdings nicht. Die
Methodik, Aussagen von Personen aus 68 Ländern mit unterschiedlichen
historischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen sowie Politik- und
Wirtschaftssystemen zu erfassen, lasse nicht mehr als „grobe Tendenzen“
erkennen, sagt Matthias Kohring, Professor für Medien- und
Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim.
Insgesamt zeigt sich in der Studie, dass Frauen, ältere Personen und
gebildete Menschen der Wissenschaft besonders stark vertrauen, ebenso wie
Personen mit höherem Einkommen und städtischem Wohnsitz. Und während in
Europa und den USA Religiosität und Spiritualität als bewährte Indikatoren
für Wissenschaftsskepsis gelten, zeigt die Studie, die nicht nur den
Globalen Norden abbildet, das Gegenteil.
Wissenschaftsskepsis ist hingegen bei Personen ausgeprägt, denen das
Forschungsteam eine „soziale Dominanzorientierung“ attestiert. Diese
Personen wünschen sich mehr als andere eine hierarchisch organisierte
Gesellschaft, bei der aus ihrer Sicht „überlegene Gruppen“ über
„unterlegene Gruppen“ herrschen.
## Was bringt’s?
Die Studie korrigiert den Mythos, dass aktuell eine Vertrauenskrise in die
Wissenschaft besteht. Trotzdem kann die hohe Korrelation zwischen sozialer
Dominanzorientierung und Wissenschaftsskepsis als Warnung begriffen werden.
Insbesondere, weil der weltweit zunehmende Einfluss
autoritär-populistischer Kräfte – wie auch mit der AfD in Deutschland und
Trump in den USA – die Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf
Entscheidungsebene erschweren könnte.
1 Feb 2025
## LINKS
DIR [1] https://wissenschaft-im-dialog.de/documents/332/2024_Wissenschaftsbarometer_Broschuere_web.pdf
DIR [2] https://doi.org/10.1038/s41562-024-02090-5
## AUTOREN
DIR Enno Schöningh
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