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       # taz.de -- Linke-Politikerin Heidi Reichinnek: Auf die Barrikaden!
       
       > Die Linkenpolitikerin Heidi Reichinnek zeigte im Bundestag, wie man
       > seinen Wähler*innen sagt, dass man sie verteidigt – koste es, was es
       > wolle.
       
   IMG Bild: Heidi Reichinnek im Bundestag
       
       Endlich, endlich Licht im Bundestag. Ja, an diesem historischen Mittwoch
       ging ein neuer Stern am Abgeordnetenhimmel auf. Ja, es gibt eine
       Alternative zu den Schluffis, den Behäbigen, den Trantütigen und
       Trutschigen, den an Beamtitis und Ideenlosigkeit leidenden und in
       gestanztem Politikerphrasendeutsch um den heißen Brei herumredenden, bei
       einer entscheidenden Abstimmung fehlenden Volksvertreter*innen, und
       den rechten Populist*innen. Es gibt eine neue Queen im Bundestag: Heidi.
       
       [1][Heidi Reichinnek], 36, ostdeutsch sozialisiert, bekennende Metallerin,
       crazy Tattoos am Unterarm, Pony über der ganzen Stirn, Abgeordnete und
       Gruppenvorsitzende der Linken. Und [2][seit Mittwochabend] die Einzige im
       Bundestag, von der ich glaube, dass ich mich im Notfall auf sie verlassen
       kann.
       
       Was für ein Auftritt. Was für eine Rede. Obwohl: Das, was sie gesagt hat,
       hätte auch jeder andere Abgeordnete sagen können. Hat aber keiner.
       
       Heidi Reichinnek war am Mittwoch im Bundestag die Einzige, die ohne
       Einschränkung klarmachte: Du kannst auf mich zählen. Ich kämpfe auf deiner
       Seite, wenn sie kommen, uns zu holen. Die einzige, die klar sagte: Ich
       kämpfe gegen die Rechten und für die Rechte von dir und aller deiner
       Freunde, Bekannten und nichtrechtsradikalen Feinde, koste es, was es wolle.
       
       ## Heidi for president – why not?
       
       Ich muss zugeben, weder kannte ich Heidi Reichinnek bis Mittwoch, noch war
       mir klar, dass sie auf Tiktok unter Jugendlichen mega populär ist. Für mich
       war der Mittwoch wahrlich ein historischer Tag: Ich habe die Zukunft im
       Kanzleramt gesehen. Heidi for president – why not?
       
       Ob ich wegen ihres Auftritts zum ersten Mal der Linken im Bundestag meine
       Stimme geben werde, weiß ich nicht – auch wenn ich zu den vielen gehöre,
       die sich fragen: Was zum Teufel soll ich eigentlich wählen, die sind doch
       alle Mist!
       
       Ich weiß aber, dass ich im Bundestag schon lange niemand mehr so
       kämpferisch gesehen habe und erst recht nicht an diesem Mittwochabend. Und
       das war das eigentlich Beschämende in dieser an Abgründen nicht armen
       Bundestagsdebatte. Wir sahen die Vorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann,
       die bedröppelt und mit brüchiger Stimme hilflos sich Gehör zu verschaffen
       suchte und nicht ihrer Empörung, sondern ihrer Bedröppeltheit Ausdruck
       verlieh.
       
       Ähnlich wie später die zweite grüne Vorsitzende [3][Katharina Dröge]. Die
       Gesichter der beiden waren so kunstvoll bedröppelt, dass ich fürchte, statt
       sich auf das Absehbare vorzubereiten, um ordentlich auf den Tisch zu hauen,
       haben die beiden lieber vorher noch ’ne Coachingstunde genommen: Wie sehe
       ich besonders bedröppelt aus, halte aber trotzdem die Option offen, sofort
       Ja zu sagen, wenn Friedrich Merz nach der Bundestagswahl fragt: „Willst du
       mit mir gehen?“
       
       ## Und dann auch noch Rolf Mützenich
       
       Den krönenden Abschluss dieser verzagten und gehemmten Auftritte machte
       dann auch noch der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der mit hängenden
       Schultern nur noch sagen konnte: Wir brauchen eine Pause.
       
       You had one chance, liebe SPD, liebe Grüne, wenn man wie ihr der Meinung
       seid, der Mittwoch war ein historischer Tag, war ein Tabu- und Wortbruch
       des CDU-Kanzlerkandidaten, war der Tag, an dem die Brandmauer gefallen ist,
       dann wäre der Bundestag der Ort gewesen, kämpferisch aufzutreten. Gegen
       rechts hilft kein erbärmlicher Pastorenton mit geknickter und entmutigter
       Miene. Man muss den Verantwortlichen in die Augen gucken, auf den Tisch
       hauen und ihnen ins Gesicht sagen, was sie sind: erbärmlich. So wie es
       Heidi Reichinnek in Richtung Friedrich Merz getan hat.
       
       [4][„Auf die Barrikaden!“] – lauteten Heidi Reichinneks letzte Worte an
       diesem historischen Mittwoch. Na gut, diesem Spruch könnte sie auch mal ein
       Update verpassen. Aber dennoch! Ein Mensch, ein Wort, sagen die Grünen.
       Seit Mittwoch ist klar: Heidi, du hast das Wort.
       
       30 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Linkspartei-nominiert-Spitzenduo/!6045444
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       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Akrap
       
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