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       # taz.de -- Bundestag debattiert AfD-Verbot: Neuer Schwung für Verbotsantrag
       
       > Der Bundestag debattiert nächste Woche über das AfD-Verbot. Weil die
       > Partei zuletzt hemmungslos radikal auftrat, bekommt der Antrag mehr
       > Zustimmung.
       
   IMG Bild: Berlin, 21. Januar 2024: Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ demonstriert für ein AfD-Verbot
       
       Berlin taz | Endspurt für den Antrag auf das AfD-Verbot: Während seit
       Jahresbeginn [1][70.000 Menschen gegen Rechtsextremismus] auf die Straße
       gegangen sind, hat eine überparteiliche Gruppe von Bundestagsabgeordneten
       ihren Antrag auf die Tagesordnung der letzten vollen Sitzungswoche des
       Bundestags vor den Neuwahlen gesetzt. Die Gruppe um den CDU-Abgeordneten
       Marco Wanderwitz fordert eine Überprüfung der AfD durch das
       Bundesverfassungsgericht und hat am Montag mitgeteilt, dass sie den
       AfD-Verbotsantrag beim Bundestagspräsidium angemeldet hat. Eine Debatte im
       Plenum steht damit in der nächsten Woche an.
       
       Mittlerweile unterstützen 124 Abgeordnete den Antrag. Carmen Wegge aus der
       SPD appellierte an alle Abgeordneten, sich die Gefahren der AfD für die
       Demokratie bewusst zu machen und das parlamentarische Verfahren zu starten:
       „Ob die AfD verfassungswidrig ist oder nicht, entscheidet nicht der
       Bundestag, sondern das Bundesverfassungsgericht. Der Bundestag muss den Weg
       nach Karlsruhe freimachen!“
       
       Zuletzt hatte die AfD-Vorsitzende Alice Weidel die rassistischen Stichworte
       der Identitären Bewegung von der Parteitagsbühne gerufen und hatte unter
       anderem angekündigt, im Falle ihrer Regierung die Wissenschaftsfreiheit
       anzugreifen. Notorisch weist die Partei zudem [2][Verbindungen zu
       zahlreichen Rechtsterrorkomplexen] auf – zuletzt bei den [3][sogenannten
       „Sächsischen Separatisten“]. Geschichtsrevisionismus bis zum Rande der
       Holocaust-Leugnung waren beim [4][Parteitag von Riesa allgegenwärtig].
       
       Der bisherige Wahlkampf lief nicht weniger radikal: In Karlsruhe verteilte
       die AfD menschenverachtende [5][„Abschiebetickets“] und in den sozialen
       Medien hetzt die Partei pauschal und rassistisch gegen Minderheiten. Und
       obwohl von ihrem Programm vor allem [6][die Reichen profitieren würden],
       hat die AfD mit ihrem Radikalkurs Rekordzustimmungswerte um die 20 Prozent.
       Mäßigung ist entsprechend nicht in Sicht.
       
       ## „Letzte Chance nutzen“
       
       Der federführende CDU-Abgeordnete und ehemalige Ost-Beauftragte der
       Bundesregierung Wanderwitz sagte am Montag: „Bei ihrer ständigen weiteren
       Radikalisierung äußert die AfD immer unverhohlener auch
       geschichtsrevisionistische Positionen, wie jüngst Frau Weidel, dass
       [7][Hitler Kommunist gewesen sei].“ Er sehe den Antrag als „inzwischen
       tatsächlich alternativlos“ an, so Wanderwitz. Ebenso bezeichnete Till
       Steffen von den Grünen den Antrag als dringender denn je.
       
       Auch Martina Renner von der Linken forderte, dass der aktuelle Bundestag
       seine letzte Chance nutzen sollte, um eine Überprüfung der AfD in die Wege
       zu leiten: „Nicht zuletzt in Riesa hat die AfD bewiesen, dass sie weder
       einen gemäßigten noch bürgerlichen Flügel hat – sie ist in ihrer Gänze eine
       rechtsextreme, antidemokratische und verfassungsfeindliche Partei“, so
       Renner.
       
       Zuletzt hatten sich mehr als 200 Jurist*innen [8][in einem offenen
       Brief] an Bundestagsabgeordnete und die Bundesregierung gewendet: Nach
       ihrer Einschätzung seien sämtlich Voraussetzungen für einen Verbotsantrag
       gegeben. Weitere Untersuchungen, wie sie zuletzt eine [9][Gruppe um die
       Grünen-Politikerin Renate Künast] gefordert hatten, seien nicht nötig. Im
       Dezember hatten bereits [10][50 zivilgesellschaftliche Organisationen den
       Antrag gefordert].
       
       Davor hatten im November 17 renommierte Verfassungsrechtler*innen
       einem Verbotsantrag [11][gute Erfolgsaussichten bescheinigt]. Die Partei
       offenbare ihre „verfassungsfeindlichen Absichten“ immer offensichtlicher,
       verfolge ein „völkisch-nationalistisches Programm“ sowie einen
       kulturell-homogenen Volksbegriff, der breit geteilt werde. Der
       Bundesvorstand grenze sich davon nicht ab.
       
       Tatsächlich ist häufig gar das Gegenteil zu beobachten: Nachdem
       Spitzenkandidatin und AfD-Chefin Alice Weidel sich selbst nicht zu schade
       war, den NS-Diktator Adolf Hitler geschichtsrevisionistisch in einen
       Kommunisten umzudeuten, verurteilten auch [12][Nachkommen ehemaliger
       kommunistischer KZ-Häftlinge das Zögern beim Verbotsantrag]: „Ich verstehe
       wirklich nicht, warum wir bei dem AfD-Verbot nicht weiterkommen“, sagte
       etwa Andrea Halbritter, Mitglied der Lagergemeinde des KZ Dachau, der
       Süddeutschen Zeitung. Man müsse endlich die Reißleine ziehen.
       
       ## Tut sich was in der SPD-Fraktion?
       
       Eine Bundestagsmehrheit galt trotz lautstarker Forderungen aus der
       Zivilgesellschaft zuletzt als eher unwahrscheinlich. Auch die
       Bundesregierung wäre ebenso wie der Bundesrat antragsberechtigt.
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich allerdings mehrfach skeptisch
       gegen einen Verbotsantrag ausgesprochen. Auch Oppositionsführer Friedrich
       Merz (CDU) sprach sich gegen den Antrag aus – ähnlich sieht das auch eine
       sehr große Mehrheit der Unionsfraktion. Einige halten den Antrag für
       verfrüht oder angesichts der Zustimmungswerte der AfD für politisch unklug,
       andere wollen die AfD in ihrer Opferrolle nicht weiter bestärken.
       
       Wanderwitz sagte der taz, es sei nun wichtig, in der nächsten Woche
       zunächst die Debatte zu führen, die voraussichtlich am Donnerstagnachmittag
       stattfinden werde. Er sprach davon, dass die „diversen Rechtsradikalitäten
       der letzten Wochen mehr Zuspruch gebracht hätten“.
       
       Die bisher skeptische SPD-Abgeordnete Angelika Glöckner aus Pirmasens etwa
       signalisierte mittlerweile ihre Zustimmung. „Die Partei wird mit jedem
       Prozentpunkt, den sie in den Umfragen dazugewinnt, extremistischer“,
       [13][sagte sie der Rheinpfalz]. Sie habe den Eindruck, dass sich in der
       SPD-Fraktion etwas tue – und sei optimistisch, dass der Verbotsantrag gar
       eine Mehrheit finden könne.
       
       Realistisch ist nach der Debatte tatsächlich eine Überweisung des Antrags
       in die Ausschüsse. Aber auch das müsste noch nicht das Ende sein: Am 10.
       und 11. Februar hätte der Bundestag noch vor der Wahl eine letzte
       Gelegenheit, über den Antrag abzustimmen.
       
       20 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Demos-gegen-Rechtsextremismus/!6063089
   DIR [2] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/gelebte-demokratiegefaehrdung-mit-waffen-rueckblick-auf-ein-jahrzehnt-rechtsterrorismus-in-der-afd-128307/
   DIR [3] /Festgenommene-Saechsische-Separatisten/!6044321
   DIR [4] /Weidel-zur-AfD-Kanzlerkandidatin-gewaehlt/!6061592
   DIR [5] /Abstossender-Wahlkampf-der-Rechten/!6062467
   DIR [6] https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/wahlprogramme-gutverdiener-100.html
   DIR [7] /Weidel-Musk-Talk-auf-X/!6061470
   DIR [8] https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/demokratie-und-menschenwuerde-schuetzen-mehr-als-200-juristinnen-fordern-einleitung-eines-verbotsverfahrens-gegen-die-afd-1094
   DIR [9] https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/afd-verbot-antrag-gruene-abgeordnete-kuenast-gutachten-verfassungswidrigkeit
   DIR [10] /Initiativen-unterstuetzen-Verbotskampagne/!6054589
   DIR [11] /Stellungnahme-im-Bundestag-vorgelegt/!6048523
   DIR [12] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/alice-weidel-hitler-afd-kommuist-kz-dachau-haeftlinge-verbot-lux.RXBouLgtHbf6FZ9S75VvZt
   DIR [13] https://www.rheinpfalz.de/lokal/pirmasens_artikel,-afd-verbot-spd-abgeordnete-gl%C3%B6ckner-will-antrag-unterst%C3%BCtzen-_arid,5735073.html
       
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       gesetzt.