URI: 
       # taz.de -- Umweltverschmutzung durch Mine in Mexiko: Blei im Blut
       
       > Und Arsen. Und Quecksilber. Betroffene beschweren sich deshalb in
       > Deutschland über den Hamburger Konzern Aurubis.
       
   IMG Bild: Die „Buena Vista“-Mine im Norden Mexikos
       
       Berlin taz | „Metalle für den Fortschritt“ – mit dieser Botschaft wirbt der
       Kupfer- und Metallhersteller Aurubis. Diesen Slogan halten
       Anwohner:innen des Sonora-Flusses im Nordwesten Mexikos für
       Schönfärberei. Aurubis habe „meine Gesundheit – wie die vieler Menschen –
       stark geschädigt“, schreibt die Mexikanerin Martha Patricia Velarde in
       ihrer Beschwerde gegen das in Hamburg ansässige Unternehmen.
       
       Das Schreiben beim Bundesamt für Wirtschaft eingereicht hat die
       [1][Christiliche Initiative Romero] (CIR), eine Organisation für Menschen-
       und Arbeitsrechte. Die [2][Aurubis AG] sei mitverantwortlich für
       Umweltschäden und Wasserverschmutzung in der Region 50 Kilometer südlich
       des US-Bundesstaates Arizona, bemängeln die Initiative und die
       Beschwerdeführerin stellvertretend für die 20.000 Anwohner:innen der
       Region.
       
       Begründung: Aurubis importiere Kupfer aus der dortigen Mine. Das Bundesamt
       muss die Beschwerde nun prüfen, kann eventuelle Gegenmaßnahmen der
       deutschen Firma veranlassen und grundsätzlich Geldbußen bis zu 2 Prozent
       des Jahresumsatzes verhängen.
       
       Der Aurubis-Fall ist auch deshalb interessant, weil solche Beschwerden
       mindestens vorläufig nicht mehr möglich wären, sollte das
       [3][Lieferkettengesetz] abgeschafft werden, wie es Union und FDP im
       Bundestagswahlkampf propagieren.
       
       ## Leber- und Krebs-Erkrankungen
       
       Aurubis habe früher Kupfer beim Unternehmen Grupo México gekauft, dem
       größten Bergbaukonzern des Landes, und tue das seit 2023 wieder, schreibt
       CIR. In dessen Mine Buena Vista del Cobre sei 2014 der Damm eines
       Abwasserrückhaltebeckens gebrochen, wodurch sich „40.000 Tonnen
       kupfersulfathaltiger Schlamm“ in die benachbarten Flüsse ergossen hätten.
       Laut Untersuchungen staatlicher Behörden seien deshalb das Grund- und
       Oberflächenwasser sowie die Flusssedimente mit Arsen, Blei und Quecksilber
       belastet.
       
       Außerdem beschreibt die Beschwerde die gesundheitlichen Folgen für die
       Bevölkerung. Im Blut der Anwohner:innen habe man erhöhte Werte unter
       anderem von Arsen, Blei, Kadmium und Quecksilber festgestellt. Leber- und
       Krebs-Erkrankungen seien dadurch ausgelöst worden. Die zugesicherte
       Wasseraufbereitung funktioniere schlecht.
       
       Eine angemessene Gesundheitsversorgung sei nicht vorhanden. Dass solche
       Schäden passieren, soll das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
       eigentlich vermeiden helfen. Hiesige Unternehmen müssen sich danach darum
       kümmern, dass die Rohstoffe und Produkte, die sie aus dem Ausland
       importieren, dort unter Einhaltung der Menschenrechte der Beschäftigten und
       Anwohner:innen hergestellt werden. Dieser Mitverantwortung sei die
       Firma jedoch nicht nachgekommen, kritisiert CIR.
       
       ## Mittlerweile ein neues, größeres Rückhaltebecken
       
       „Es ist davon auszugehen, dass Aurubis seine Sorgfaltspflichten verletzt
       hat“, da das Unternehmen „seit mindestens 2019 über die Situation im
       Umkreis der Mine informiert ist und unseres Wissens nach keine wirksamen
       Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen hat“, erklärt CIR-Experte Christian
       Wimberger. Er geht von einer Verletzung des Gesetzes aus, weil „der Zugang
       zu einwandfreiem Trinkwasser verwehrt ist, die Gesundheit der Bevölkerung
       geschädigt wird und die natürlichen Grundlagen zur Produktion von Nahrung
       beeinträchtigt sind“.
       
       Beschwerdeführerin Martha Patricia Velarde und viele andere Leute in der
       Umgebung der Mine fordern, „die Bevölkerung mit 36 vertraglich zugesagten
       Trinkwasseraufbereitungsanlagen“ zu versorgen, die der Minenbetreiber schon
       seit Langem installieren wollte. Außerdem müsse „eine in Toxikologie
       spezialisierte Gesundheitsversorgung“ eingerichtet werden. Und schließlich
       gehe es darum, „weitere Katastrophen“ zu verhindern. Denn das
       Bergbauunternehmen hat mittlerweile ein neues, größeres Rückhaltebecken
       gebaut, dessen Zuverlässigkeit die Anwohner:innen allerdings nicht
       trauen.
       
       Auf Anfrage der taz äußert sich Aurubis nicht konkret zu den Vorwürfen. Man
       arbeite „nur mit Geschäftspartnern zusammen, die intensiv und
       kontinuierlich überwacht werden“. Für diese sei es „nicht tolerierbar,
       Materialien zu verarbeiten, die mit Menschenrechtsverletzungen in
       Verbindung gebracht“ würden. Die Firma betont, das deutsche
       Lieferkettengesetz einzuhalten.
       
       ## Habeck will Gesetz vorerst aussetzen
       
       Dieses Gesetz ist seit 2023 in Kraft und gilt für Unternehmen ab 1.000
       Beschäftigte. Wirtschaftsverbände haben es stets bekämpft, angesichts der
       wirtschaftlichen Stagnation kritisieren viele Firmen jetzt den angeblich zu
       hohen Verwaltungsaufwand. Union und FDP wollen die Regulierung deshalb
       wieder abschaffen, auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußerte
       sich im Wahlkampf kritisch und wollte das Gesetz vorerst aussetzen.
       Allerdings: Ab 2027 soll eine ähnliche EU-Richtlinie in Kraft treten, die
       Deutschland anwenden muss – wenn sie nicht vorher aufgeweicht wird. Ohne
       derartige Gesetze gäbe es keine Beschwerden, wie sie CIR nun gegen Aurubis
       einreicht.
       
       Ebenfalls unter Druck steht die EU-Richtlinie zur Berichterstattung der
       Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit, wozu Probleme wie jene bei Aurubis
       und Grupo México gehören können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen hat versprochen, die Pflichten der Berichterstattung zu vereinfachen.
       Möglicher Nachteil: Investoren erhielten weniger Informationen, welche
       Risiken die Unternehmen mit sich schleppen, denen sie Kapital zur Verfügung
       stellen.
       
       5 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ci-romero.de/
   DIR [2] /Hamburger-Aurubis-Konzern/!5912781
   DIR [3] /Sofortprogramm-der-CDU/!6064906
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Lieferketten
   DIR Mexiko
   DIR Kupfermine
   DIR Umweltverschmutzung
   DIR GNS
   DIR Lieferketten
   DIR Lieferketten
   DIR kupfer
   DIR Norwegen
   DIR Peru
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Leak von Plänen der EU-Kommission: Weniger Vorsorge für die Lieferkette
       
       Um die Kosten für Unternehmen zu senken, will die EU-Kommission Regelungen
       für Haftung und Klimaschutz entschärfen.
       
   DIR Von der Leyens Pläne: Angriff auf die EU-Lieferketten-Richtlinie
       
       Die EU-Kommission will Bürokratieabbau. Umwelt
       und-Menschenrechtsorganisationen befürchten eine Aushöhlung des Regelwerks.
       
   DIR Hamburger Aurubis-Konzern: Fragwürdige Quellen des Kupfers
       
       Suspendierte Bürgerrechte, verseuchtes Trinkwasser: Kommt der Rohstoff für
       Aurubis, die in Hamburg stehende größte Kupferhütte Europas, aus Peru?
       
   DIR Kupfermine in Norwegen ohne Abnehmer: Jubel im Reppar-Fjord
       
       Der Hamburger Konzern Aurubis springt vom Vertrag mit einer Kupfermine in
       Norwegen ab. Die lokale Bevölkerung der Samen hatte das Projekt kritisiert.
       
   DIR Konflikt um Kupferabbau in Peru: Bergbau unter Ausnahmezustand
       
       Im Süden Perus regt sich Widerstand gegen die größte Kupfermine des Landes.
       Die Regierung versucht, den Protest im Keim zu ersticken.