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       # taz.de -- Soldaten der Waffen-SS kriegen noch Geld: Deutschland zahlt Kriegsopferrente an Kriegsverbrecher
       
       > Rund 5 Millionen Euro zahlt Deutschland jährlich an Kriegsopfer, ein Teil
       > landet bei Nazi-Tätern. Das zeigt eine Recherche von FragDenStaat und
       > Stern.
       
   IMG Bild: Am kommenden Montag wird anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz der Opfer gedacht
       
       Berlin afp | Noch 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zahlt die
       Bundesrepublik Deutschland einem Medienbericht zufolge Kriegsopferrenten
       und andere Altersbezüge an Nazi-Täter. Nach Einschätzung von Experten
       handele es sich bei rund fünf Prozent der mehr als 8.000 Empfänger von
       Kriegsopferrenten um Kriegsverbrecher, berichteten das Nachrichtenmagazin
       Stern und die Internetplattform „Frag den Staat“ in einer Vorabmeldung von
       Donnerstag.
       
       Dem Bericht zufolge erhielten mit Stand Dezember 2023 7.648 Beschädigte im
       Inland und 657 Beschädigte im Ausland eine Kriegsopferrente nach dem
       Bundesversorgungsgesetz. Sie koste den deutschen Staat rund fünf Millionen
       Euro jährlich, berichten Stern und „Frag den Staat“ aus einer Antwort der
       Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken.
       
       Dem Bericht nach bekommen selbst ehemalige Soldaten der Waffen-SS im
       Ausland eine Kriegsopferrente. Der Stern berief sich auf seine Recherchen
       von mindestens vier eindeutig nachweisbaren Fällen. Die für die
       Kriegsopferrenten zuständigen Versorgungsämter bestätigen die Zahlungen.
       
       Nach Einschätzung von Experten wie dem Historiker und NS-Experten Stefan
       Klemp ist dies in Wahrheit nur die Spitze eines Eisbergs: Es handele sich
       bei rund fünf Prozent aller Empfänger von Opferrenten um Kriegsverbrecher,
       sagte Klemp.
       
       Der Bundestag hatte 1998 beschlossen, dass alle Rentenempfänger überprüft
       werden sollten. Wer Verbrechen gegen die „Grundsätze der Menschlichkeit“
       begangen habe, dem sollte die Rente verwehrt werden. Klemp kritisierte das
       Gesetz als „Feigenblatt“, da es in der Praxis praktisch nicht angewandt
       werde.
       
       Auch der frühere grüne Bundestagsabgeordnete und heutige Vorsitzende der
       Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, sieht in den Renten an
       Nazi-Täter ein Versagen Deutschlands. „Niemand hat sich ernsthaft dafür
       interessiert, das zu beenden“, kritisierte er.
       
       Die Bundesregierung wollte die Ausgaben für diese Renten nicht beziffern.
       Ihr lägen keine Informationen hinsichtlich der Empfängerinnen und Empfänger
       von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor, antwortet sie auf
       die Kleine Anfrage der Linken.
       
       Der Linke-Bundestagsabgeordnete Jan Korte spricht von einer „faulen
       Ausrede“. „Trotz Sonntagsreden und der ständigen Wiederholung der Lüge von
       der ach so großartigen Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus“
       fehle allen Bundesregierungen seit Jahrzehnten der politische Wille,
       dagegen vorzugehen.
       
       Am kommenden Montag wird anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des
       Vernichtungslagers Auschwitz der Opfer gedacht. Dazu reist Bundespräsident
       Frank-Walter Steinmeier nach Polen. Auch in Deutschland finden zahlreiche
       Veranstaltungen statt.
       
       23 Jan 2025
       
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