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       # taz.de -- Angriff auf Kinder in Aschaffenburg: Merz und Söder fordern Grenzschließung für alle Flüchtlinge
       
       > Nach dem Messerangriff mit zwei Todesopfern in Aschaffenburg macht
       > CDU-Chef Friedrich Merz seine radikalen Forderungen zur Bedingung für
       > eine Koalition.
       
   IMG Bild: Friedrich Merz gibt ein Statement zu dem tödlichen Angriff in einem Park in Aschaffenburg
       
       Berlin taz/epd/dpa | Der Aschaffenburger Oberbürgermeister Jürgen Herzing
       (SPD) hat nach der tödlichen Messerattacke vor Hass und Hetze gewarnt. „Wir
       können und dürfen die Tat eines Einzelnen niemals einer ganzen
       Bevölkerungsgruppe anrechnen“, sagte er am Donnerstag bei einer
       Kranzniederlegung am Tatort: „Die furchtbare Tat eines Einzeltäters darf
       keine Spirale der Gewalt und des Hasses in Gang setzen.“
       
       Am Mittwoch waren im Schöntal-Park in Aschaffenburg ein zweijähriger Junge
       und ein 41-jähriger Mann mit einem Küchenmesser getötet und drei weitere
       Personen zum Teil schwer verletzt worden. Die Polizei nahm einen mutmaßlich
       [1][psychisch kranken 28-jährigen Afghanen] als Tatverdächtigen fest.
       
       Führende Unionspolitiker nahmen das zum Anlass für Forderungen nach einer
       radikalen Verschärfung der deutschen Flüchtlingspolitik. Der
       CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kündigte an, am ersten Tag seiner möglichen
       Kanzlerschaft werde er die deutschen Grenzen für alle Geflüchteten
       schließen. Diese Position sei Bedingung für eine Koalition.
       
       Merz sprach am Donnerstagmittag auf einer kurzfristig angesetzten
       Pressekonferenz in Berlin. Im Fall seiner Wahl zum Kanzler werde er das
       Bundesinnenministerium sofort anweisen, die deutschen Staatsgrenzen
       vollständig und dauerhaft zu kontrollieren. Alle, die keine gültigen
       Einreisedokumente haben, sollten zurückgewiesen werden. Die Zurückweisung
       gelte „ausdrücklich auch für Personen mit Schutzanspruch“. Im Kern fordert
       die Union dies schon länger, neu ist lediglich die Ankündigung, dies am
       ersten Tag umzusetzen. Dies erinnert an US-Präsident Trump, der am ersten
       Tag seiner zweiten Amtsperiode den nationalen Notstand an der Grenze zu
       Mexiko ausgerufen hatte.
       
       Merz forderte außerdem verstärkte Abschiebungen, mehr Abschiebegefängnisse
       und neue Kompetenzen für die Bundespolizei. All das machte er auch zur
       Bedingung für eine Koalition mit der Union nach der Wahl. „Kompromisse sind
       bei diesen Themen nicht möglich.“
       
       ## Söder fordert direkte Verhandlung mit Taliban
       
       Im Vergleich zu Merz äußerte sich Markus Söder in München zunächst fast
       milde: „Die meisten Menschen, die zu uns kommen, verhalten sich
       vorbildlich.“ Dann legte der bayerische Ministerpräsident aber mit
       Forderungen nach, die denen von Merz nicht nachstehen. Erneut forderte er
       für die bayerische Landespolizei „das Recht, an den Grenzen
       zurückzuweisen.“ Auch der Familiennachzug und der Schutzstatus des
       subsidiären Schutzes müsse abgeschafft werden. Es brauche einen
       „Aufnahmestopp und Grenzschließung für illegale Migration.“
       
       Söder sagte, es gebe „ein Kernversagen“ in der Bundesregierung.
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock müsse „noch heute“ dorthin fliegen,
       um über Abschiebungen zu verhandeln. Das ist ein heikles Thema, die in
       Afghanistan herrschenden Taliban werden von der Bundesrepublik nicht
       anerkannt, die Bundeswehr bekämpfte die Islamisten jahrelang. Söder
       kündigte zudem an, die Regelungen für Einweisungen in Psychiatrien zu
       „härten“.
       
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stellte sich den
       Unions-Forderungen am Donnerstag entgegen. Sie sehe keinen Bedarf für
       weitere Gesetzesverschärfungen, die Bundesregierung habe hier zuletzt
       vorgelegt. Die Zahl der neuen Asylanträge sei zuletzt bereits massiv
       gesunken, das sei ein Erfolg der Grenzkontrollen, die es bereits gebe. Es
       sei an den Bundesländern, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die die
       Bundesregierung ihnen bereits gegeben habe. So müssten die Länder endlich
       die vorgesehenen Dublin-Center in Grenznähe aufbauen, in den Geflüchtete
       festgehalten werden sollen, für deren Asylantrag andere Staaten zuständig
       sind.
       
       Faeser betonte zudem, die Verantwortung der bayerischen Behörden. Die
       hätten auf vorangegangene Gewalttaten des Mannes nicht reagiert und so
       dafür gesorgt, dass er auf freiem Fuß war. Der spätere Täter war bereits
       drei Mal mit Gewaltdelikten aufgefallen, die sich allesamt im Umfeld seiner
       Flüchtlingsunterkunft abgespielt haben.
       
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte im Gegenzug am Donnerstag,
       das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe die bayerischen
       Behörden zu spät informiert, dass Bulgarien für den Asylantrag des Täters
       zuständig war. Die Frist für eine Abschiebung sei schon fast abgelaufen
       gewesen, als sie davon zum ersten Mal erfahren hätten, so Herrmann.
       
       Der 28-jährigen Täter war laut Behörden im Herbst 2022 über Bulgarien nach
       Deutschland gekommen, Anfang 2023 stellte er einen Asylantrag. Sein
       Verfahren lief dann offenbar knapp zwei Jahre. Im Dezember 2024 brach der
       Mann sein Asylverfahren dann selbst ab.
       
       Seitdem war er ausreisepflichtig. Den lokalen Behörden kündigte er an,
       freiwillig auszureisen. Die planten deshalb zunächst nicht, ihn
       abzuschieben, sondern warteten die freiwillige Ausreise ab, zu der es aber
       nicht kam. Dass der Mann seine Ankündigung nicht in die Tat umsetzte, lag
       laut Landesinnenminister Herrmann wohl auch daran, dass er die dafür
       benötigten Papiere vom afghanischen Generalkonsulat bisher nicht erhalten
       hatte – und damit nicht ausreisen konnte.
       
       Der Mann lebte laut Polizei zuletzt in einer Sammelunterkunft für
       Geflüchtete in der Gegend Aschaffenburg. Das Gebäude wurde bereits am
       Mittwoch durchsucht, die Ermittler*innen fanden offenbar Medikamente
       gegen psychische Krankheiten. Landesinnenminister Herrmann legte am
       Donnerstag eine schizophren-paranoide Störung nahe. In der Folge seiner
       Gewalttaten war der Mann jeweils in psychiatrischen Einrichtungen
       untergebracht, wurde aber immer wieder entlassen. Seit Dezember 2024 hatte
       er wegen seiner psychischen Probleme eine gesetzliche Betreuerin.
       
       Aktualisiert und ergänzt am 23.01.2025 um 18:40:00 Uhr. d. R.
       
       23 Jan 2025
       
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