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       # taz.de -- Durchbruch für Kongos M23-Rebellen: „Sake ist gefallen, Sake ist gefallen!“
       
       > In der Demokratischen Republik Kongo erobern die M23-Rebellen die letzte
       > Frontstadt der Regierungsarmee vor der Provinzhauptstadt Goma. Tausende
       > fliehen.
       
   IMG Bild: Menschen, die vor der Miliz M23 fliehen, kommen mit einem Boot in Goma an
       
       Kampala taz | Es war noch dunkel in den riesigen Vertriebenenlagern rund um
       Ostkongos Millionenstadt Goma, als Panik ausbrach. Von weitem war das
       dumpfe Wummern von einschlagenden Bomben zu hören, das immer näherkam. Im
       Morgengrauen waren bereits die ersten Gerüchte im Umlauf, dass die
       Frontstadt Sake, 25 Kilometer westlich von Goma, in die Hände der Rebellen
       gefallen sei.
       
       „Sake ist gefallen, Sake ist gefallen!“ wimmern die zahlreichen Soldaten,
       die sich am Donnerstagmorgen im Laufschritt aus Sake gen Goma zurückziehen
       – alle bepackt mit ihren Habseligkeiten, in zerlumpten Uniformen, manche
       nur mit Flipflops.
       
       Einige filmen selbst mit ihren Handys, wie sie die 25 Kilometer in Richtung
       Goma hetzen. [1][Das Video] geht sofort auf X viral. Darauf zu sehen sind
       auch Armeegeländewagen, die vollbeladen mit Soldaten im rasanten Tempo die
       staubige Piste entlang in Richtung Goma brausen.
       
       Die Moral von Kongos Regierungsarmee im Kampf gegen die von Ruanda
       unterstützte [2][Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März)] scheint am
       Boden. Nach der [3][Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Minova] am
       Westufer des Kivu-Sees am Dienstag haben die Rebellen am Donnerstag früh
       nun mit militärischer Hilfe Ruandas die Frontstadt Sake eingenommen. Ein
       strategisch entscheidender Schritt, denn damit steht jetzt das Eintrittstor
       in Richtung der Millionenstadt Goma offen.
       
       ## Es wäre nicht das erste Mal, dass die M23 Goma einnimmt
       
       Goma, die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, direkt an der Grenze zu Ruanda
       gelegen und Zentrum aller internationalen militärischen und humanitären
       Aktivitäten in Ostkongo, war [4][bereits 2012 einmal in die Hände der M23
       gefallen]. Damals hielten die Rebellen die Handelsmetropole zehn Tage lang
       und zwangen Kongos Regierung dadurch an den Verhandlungstisch.
       
       Diese Taktik mag auch dieses Mal gelten. Aus M23-Kreisen erfährt die taz,
       dass es nicht ihr Ziel sei, Goma einzunehmen, sondern Kongos Armee und den
       mit ihren kämpfenden befreundeten Truppen aus Burundi, Südafrika, Tansania
       und Malawi die Nachschubwege abzuschneiden – und damit in die Knie zu
       zwingen.
       
       Nach dem M23-Eroberungsfeldzug der vergangenen Tage bis in die benachbarten
       Provinz Süd-Kivu hinein – inklusive der am Kivu-See entlangführenden
       Überlandstraße zwischen den Provinzen – sind nun endgültig alle
       kongolesischen Straßen nach Goma unter Kontrolle der Rebellen. Jetzt können
       die in Goma stationierten Truppen nur noch per Boot oder aus der Luft
       versorgt werden.
       
       Noch dazu sitzen Millionen Kongolesen im Dunkeln. Durch die Kämpfe wurde am
       Mittwoch die Stromversorgung für die beiden Provinzhauptstädte Goma und
       Bukavu unterbrochen. Die Oberleitungen, die aus den Wasserkraftwerken im
       Virunga-Nationalpark aus kommend via Goma nach Bukavu entlang der
       umkämpften Straße verlaufen, wurden durch Geschosse beschädigt.
       
       „Wir haben unsere Teams mobilisiert, um den Fehler zu identifizieren und
       die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Stromversorgung so schnell
       wie möglich wiederherzustellen“, heißt es in einer Erklärung der
       Energiegesellschaft SNEL.
       
       ## „Überall sind Explosionen zu hören“
       
       „Die Lage in Goma ist verwirrend“, sagt ein Pressesprecher des Hilfswerks
       [5][Save The Children] in Goma der taz am Donnerstagvormittag: In einigen
       Vertriebenenlagern rund um Goma, wo Geflüchtete aus dem Umland seit Jahren
       Schutz vor dem M23-Krieg suchen, würden die Menschen ihre Habseligkeiten
       packen und in Goma Schutz suchen.
       
       Gleichzeitig strömen weitere Menschen aus Sake nach Goma. In der Innenstadt
       von Goma selbst höre man noch keine Schüsse, dennoch würden die
       Ladenbesitzer nun ihre Geschäfte verbarrikadieren und nach Hause gehen.
       
       „Mittlerweile haben auch die Schulbehörden beschlossen, den Unterricht
       auszusetzen, damit die Kinder zu Hause bei ihren Eltern bleiben können“,
       berichtet Save the Children. So kam es, dass am Donnerstagvormittag nur
       kurz nach Unterrichtsbeginn Eltern in Goma panisch zu den Schulen hasteten,
       um ihre Kinder wieder herauszuholen und in Sicherheit zu bringen.
       
       „Ich habe die Schüler angewiesen, nach Hause zu gehen, weil in unserer
       Umgebung überall Explosionen zu hören sind“, berichtet ein Schuldirektor,
       der namentlich nicht genannt werden will: „Wir befinden uns in der Nähe von
       Sake, wo gekämpft wird und die Bevölkerung nicht weiß, wohin sie fliehen
       soll.“
       
       ## Kongos Präsident ist gar nicht im Land
       
       Kongos Präsident Felix Tshisekedi hält sich derzeit im Schweizer Davos auf.
       Er [6][nimmt dort am Weltwirtschaftsforum teil] – und sucht auf dem
       internationalen Parkett offenbar nach Unterstützung. Im Dezember waren die
       von Angola geführten Friedensverhandlungen zwischen Ruanda und Kongo kurz
       vor Unterzeichnung eines Abkommens geplatzt, ein seit August geltender
       Waffenstillstand brach zusammen, die M23 schritten erneut zur Offensive.
       
       Kongos Regierung weigert sich, mit der M23 zu verhandeln. Ruanda, welches
       die Rebellen laut [7][UN-Ermittlungen] mit bis zu 4000 Soldaten
       unterstützt, besteht darauf, dass sich Kongos Regierung mit den
       kongolesischen M23-Rebellen an den Tisch setzt. „Ruanda ist entschlossen,
       seinen Einflussbereich auszuweiten“, so Kongos Regierungssprecher Patrick
       Muyaya im [8][Interview mit dem französischen Nachrichtensender France24]:
       „Sie wollen uns zu Verhandlungen mit diesen Terroristen und ihren
       Marionetten der M23 zwingen.“ Er drohte, Krieg mit Ruanda sei „eine in
       Betracht zu ziehende Option“.
       
       23 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/goma24news/status/1882334590053822516
   DIR [2] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776
   DIR [3] /Krieg-im-Osten-der-DR-Kongo/!6064155
   DIR [4] /Rebellen-erobern-Goma/!5079020
   DIR [5] https://www.savethechildren.org/us/where-we-work/democratic-republic-of-congo
   DIR [6] https://bankable.africa/en/news/2101-708-wef-2025-dr-congo-president-tshisekedi-to-discuss-climate-change-and-biodiversity-in-davos
   DIR [7] https://main.un.org/securitycouncil/en/sanctions/1533/panel-of-experts/expert-reports
   DIR [8] https://www.france24.com/fr/%C3%A9missions/en-t%C3%AAte-%C3%A0-t%C3%AAte/20250122-avec-le-rwanda-la-guerre-est-une-option-envisag%C3%A9e-dit-le-ministre-de-la-communication-de-la-rdc
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
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