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       # taz.de -- Streit im Hamburger BSW: Partei-Rebellen haben erst mal verloren
       
       > Landeswahlleiter streicht Liste der BSW-Rebellen. Offizielle Liste mit
       > Žaklin Nastić darf antreten. Hausverbote bei Kandidaten-Kür seien
       > unerheblich.
       
   IMG Bild: Sogar die Polizei – ganz links – wurde gerufen: Bei der Sitzung des Hamburger Landeswahlausschusses ging es turbulent zu
       
       Hamburg taz | Der Landeswahlausschuss in Hamburg hat am Freitag die
       offizielle Landesliste des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) zur
       Bundestagswahl zugelassen. Der Ausschuss folgte damit der Empfehlung von
       Landeswahlleiter Oliver Rudolf. Beim Landeswahlleiter wurden gleich drei
       Listen eingereicht, eine am 8. Januar, eine am 16. und eine am 20. Die
       Erste und die Dritte kamen von [1][„Partei-Rebellen“] und wurden nicht
       akzeptiert.
       
       Die Sitzung im Saal der Handwerkskammer verlief sehr turbulent. Gleich zu
       Beginn trat der Jurist Bijan Tavassoli, der als Vertrauensmann für die
       dritte, erst am 19. Januar aufgestellte Liste gekommen war, an Rudolfs
       Tisch und nahm ein Exemplar der Beschlussvorlage mit an seinen Tisch.
       Sodann fotografierte er eine Seite. Rudolf ging zu ihm und forderte ihn
       ernergisch auf, das zu unterlassen. Die Stimmung im Saal war aufgebracht.
       „Herr Rudolf, Herr Rudolf, sollen wir die Polizei rufen?“, rief eine
       Journalistin.
       
       Doch die Lage beruhigte sich wieder. Tavassolli begründete sein Handeln
       später damit, dass der Wahlleiter ihm am Abend zuvor nicht, wie üblich,
       vorab die Beschlussvorlage geschickt hatte. Über die Mängel, die Rudolf
       festgestellt hatte, sei er nicht informiert gewesen. Unter anderem fehlte
       eine Anlage mit den Namen der Aufgestellten und die Zahl der bei der
       Aufstellung anwesenden Mitglieder.
       
       Und – das ist auch bei der [2][anderen Rebellen-Liste] entscheidend – es
       fehlte die Unterschrift [3][vom richtigen BSW-Landesvorstand]. Als solchen
       entschied Rudolf, nur jenen vom 11. Januar anzuerkennen. Er berief sich
       dabei auf einen Beschluss des Landgerichts Berlin-Mitte vom 17. Januar und
       einen Beschluss des BSW-Bundesschiedsgerichts vom 22. Januar.
       
       ## Kein Durchkommen an der Parteitags-Tür
       
       Rudolf wusste, dass beide Beschlüsse angefochten würden. Doch das stehe
       seiner Entscheidung nicht im Wege. „Der Landeswahlleiter ist nicht dazu
       berufen, über parteiinterne Konflikte zu entscheiden“, sagte er. Der
       Wahlausschuss führe lediglich ein „Schlüssigkeitsprüfung“ durch und suche
       nach „Anhaltspunkten“. Tavassoli warf ihm Befangenheit vor. Das gab Rudolf
       zu Protokoll, ebenso seine Replik, dass der junge Jurist „sich nicht zu
       benehmen“ wisse.
       
       Über die offizielle Liste des vom Bundesvorstand anerkannten Hamburger
       BSW-Landesverbands mit Žaklin Nastić an der Spitze wurde erst zum Schluss
       abgestimmt. Hier wischte Rudolf mögliche Einwände vom Tisch. Dass etwa bei
       Nastićs Kür am 11. Januar zwei Gegenkandidaten Hausverbot hatten, spiele
       keine Rolle. Denn das BSW-Mitglied Dejan Lazić habe in der Sitzung keine
       schriftliche Zustimmung der von ihm vorgeschlagenen Kandidaten vorgelegt.
       Nur bei bereits im Saal Anwesenden gehe das „per Zuruf“.
       
       Die Kritiker monieren auch die Reihenfolge der Abstimmung im
       Landeswahlausschuss. Dass ihre beiden BSW-Listen vom 8. und 20. Januar
       abgelehnt wurden, bevor die dritte vom 16. Januar zugelassen wurde, zeige,
       dass Wahlleiter Rudolf befangen sei. Zudem könnten sie nun keine Beschwerde
       mehr beim Bundeswahlleiter einlegen, da diese Liste für das BSW schon
       zugelassen ist. Das könne nur Rudolf selber, sagt Tavassoli. „Wir
       überlegen, deshalb vors Bundesverfassungsgericht zu gehen“.
       
       Wie berichtet, handelte es sich um Bijan Tavassoli und Alexander
       Konstantinov. Beide durften nicht ins Gebäude. Tavassoli erklärte später
       dazu, er habe damals jene schriftliche Zustimmung zur Kandidatur an der Tür
       vorgezeigt, bevor er Hausverbot bekam. „Die wollten sie halt nicht
       annehmen.“ Dejan Lazić sagt dazu, Rudolf lege hier die Wahlordnung des BSW
       „unzulässig aus“.
       
       Gegen die von Rudolf zitierte Entscheidung des Landgerichts Berlin legte
       der Anwalt der Kritiker Beschwerde ein. Lazić will auch gegen den Beschluss
       des BSW-Bundesschiedsgerichts vorgehen. So prüfe man, ob der Bundesvorstand
       Einfluss auf die Richter genommen habe.
       
       ## Guérots Kandidatur ist vom Tisch
       
       Es geht [4][bei dem Konflikt im Grunde] darum, ob Landesverbände und
       weitere untere Gliederungen nur „top down“ oder auch von der Basis
       gegründet werden können – sowie um die Frage, ob nur der BSW-Bundesvorstand
       entscheiden darf, wer Mitglied wird. In der Wissenschaft wird das
       ernstgenommen. Wie berichtet, nennt die [5][Parteienrechtlerin Sophie
       Schönberger] das BSW ein „autoritäres Projekt“, das seine Gründung in
       „überaus straffer von oben herab strukturierter“ Weise vorantreibe.
       
       Keine Rede mehr ist von einer [6][Kandidatur Ulrike Guérots in Hamburg].
       Die streitbare Politikwissenschaftlerin war im Wahlkreis Hamburg Nord von
       den Kritikern aufgestellt worden. Hier teilte der Bezirkswahlausschuss
       schon am Donnerstagabend mit, dass Guérot dort nicht zugelassen wird – mit
       derselben Begründung: Der Vorschlag komme vom falschen Vorstand.
       
       Sehr zufrieden zeigte sich der stellvertretende Vorsitzende der
       Bundespartei Amid Rabieh. Der Wahlausschuss habe klargestellt, „dass der
       einzige rechtmäßige BSW-Landesverband der von uns am 21. Dezember
       gegründete ist“, sagte Rabieh. „Alles andere waren lediglich Störmanöver,
       die überproportional viel mediale Aufmerksamkeit fanden.“
       
       24 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR [5] https://www.jura.hhu.de/lehrstuehle-und-institute/professuren-und-lehrstuehle-im-oeffentlichen-recht/lehrstuhl-fuer-oeffentliches-recht-kunst-und-kulturrecht/prof-dr-schoenberger
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