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       # taz.de -- BSW im Wahlkampf: Die Klippen umschifft
       
       > Das Bündnis Sahra Wagenknecht schwächelt in den Umfragen, hinzu kommen
       > interne Querelen. In Waren an der Müritz macht das nichts aus.
       
   IMG Bild: Ganz eng mit Wagenknecht: Christian Leye
       
       Waren an der Müritz taz | Christian Leye malt ein düsteres Bild.
       Deutschland sei das „Schlusslicht unter den Industrienationen“, sagt der
       Generalsekretär des Bündnisses Sahra Wagenknecht, die Zahl der
       Firmenpleiten sei so hoch wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr, die
       soziale Ungleichheit wachse. Und was plakatiert der [1][deutsche
       Wirtschaftsminister]? „Mensch bleiben“, sagt Christian Leye, und fragt: „Ja
       was denn sonst? Ein Stuhl? Zwei Kisten Bier? Was für ein unpolitischer
       Gefühlszirkus.“
       
       Leye, der mit seiner Parteichefin vor einem Jahr aus der Linken austrat,
       gehört zum engsten Kreis um Wagenknecht. Der Bundestagsabgeordnete hat im
       vergangenen Jahr den Aufbau der Partei organisiert. Doch heute ist er gute
       600 Kilometer aus dem Ruhrgebiet ins beschauliche Mecklenburg-Vorpommern
       gefahren – nach Waren, einem Kurort an der Müritz, dem größten Binnensee
       Deutschlands.
       
       Er will hier im Wahlkampf Aufbruchsstimmung verbreiten und für Enthusiasmus
       sorgen. Keine einfache Aufgabe, denn das BSW schrammt in den Umfragen um
       die Fünfprozenthürde herum, und die Menschen an der Mecklenburgischen
       Seenplatte gelten auch nicht als besonders begeisterungsfähig. Aber Leyes
       bodenständige Art und sein trockener Humor kommen hier gut an. Am Ende
       dankt ihm der Moderator sogar für seine „mitreißende Rede“.
       
       Knapp 90 Menschen sind in das Veranstaltungszentrum der Stadt gekommen. Die
       meisten sind Unterstützer oder sogar Mitglieder – einige tragen einen
       BSW-Button an der Jacke, einer ein BSW-Sweatshirt. Auch ein NDR-Kamerateam
       ist da. Auf der Bühne stehen drei große weiße Buchstaben: B, S und W,
       dahinter ein Tisch, um den sich Leye und die beiden Landesvorsitzenden in
       Mecklenburg-Vorpommern gruppieren, die Pastorin Melanie Dango und der
       ehemalige Linken-Politiker Friedrich Straetmanns, derzeit noch
       Staatssekretär im Schweriner Justizministerium.
       
       ## Der Junge, der es zu etwas gebracht hat
       
       Am Tresen gibt es Würstchen und Bier. Leye trägt einen blauen Dreireiher,
       Kurzhaarschnitt und getrimmten Bart: Er ist der Junge aus dem Pott, der es
       zu etwas gebracht hat. In Waren wird er wie ein Star begrüßt. Seine Rede
       dreht sich vor allem um Wirtschaft und soziale Ungleichheit. Oft fällt das
       Wort „Kapitalismus“.
       
       Nach seiner Rede zielt die erste Frage aus dem Publikum auf die Umfragen:
       Warum fallen die so unterschiedlich aus? Leye antwortet, es gebe eine
       statistische Spannbreite, aber mit Umfragen werde auch Politik gemacht.
       „Ich sehe das sportlich“, und er sei sicher, dass das [2][BSW] in den
       Bundestag kommt. Ein anderer will wissen, warum das BSW in den Medien oft
       so schlecht wegkäme.
       
       Auch da wiegelt Leye ab. Es gebe Journalisten, die fair berichteten. Andere
       würden immer wieder das Klischee von der „Kreml-Partei“ aufwärmen. Über die
       Berichterstattung zur Gründung eines Gegen-Landesverbands in Hamburg habe
       er sich sehr geärgert, gibt er zu: „Hätten die auch so viel Aufmerksamkeit
       bekommen, wenn die einen alternativen SPD-Kreisverband gegründet hätten?“,
       fragt er. „Ich glaube, kaum.“
       
       Was er nicht erwähnt, sind die internen Querelen. Die Migrationsdebatte hat
       die junge Partei aufgewühlt. Sechs bayerische BSW-Mitglieder haben sie
       verlassen, weil sie im Bundestag mit der AfD gestimmt hat. Ihr
       Europaabgeordener Friedrich Pürner hat die Parteispitze scharf kritisiert,
       am Donnerstag tritt er aus. Doch Leye umschifft diese Klippen, und an der
       Müritz fragt am Mittwoch niemand danach.
       
       ## Untersuchungsausschuss gefordert
       
       Der Schuh drückt woanders. In Waren wurde jüngst eine marode Brücke
       gesprengt, die Bahnstrecke zwischen Rostock und Berlin ist gesperrt. Der
       Nachbarort ist seit einem Jahr nur per [3][Schienenersatzverkehr] zu
       erreichen. Mancherorts gilt es als Luxus, wenn hier öfter als zwei Mal am
       Tag ein Bus fährt.
       
       Ein „interessierter Bürger“ will außerdem wissen, wie das BSW die
       Coronapolitik aufarbeiten will. Leye gibt das Mikro an den Landesparteichef
       Sraetmanns weiter. Man fordere einen Untersuchungsausschuss, sagt der.
       Freiheits- und Bürgerrechte seien zu sehr eingeschränkt worden.
       
       Das Thema treibt hier immer noch viele um. Für Co-Landeschefin Melanie
       Dango war es der Grund, in die Partei einzutreten. Sie gehörte zu den
       ersten Mitgliedern, die sie vor einem Jahr in Berlin gründeten. „Ich hätte
       nicht gedacht, dass ich mal in die Politik gehe“, sagt sie. Aber die
       Coronazeit habe sie politisiert.
       
       Sie selbst habe sich impfen lassen, betont sie. Aber die Spaltung zwischen
       Ungeimpften und Geimpften habe Spuren hinterlassen. Am Mittag war sie auf
       dem Markt in Waren. Jeden Tag gebe es zwei bis drei BSW-Stände im Land. In
       Mecklenburg liegt das BSW in Umfragen bei 11 Prozent, weniger als im
       Oktober. Dango ist trotzdem optimistisch: „Die Reaktionen sind fast nur
       positiv.“
       
       6 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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