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       # taz.de -- Zukunft des Deutschlandtickets: Durch Deutschland mit 9 Euro – unbezahlbar
       
       > Der Erfolg des Deutschlandtickets schmälert die Einnahmen der
       > Verkehrsverbünde. Sie fordern eine gesicherte Finanzierung von der
       > nächsten Regierung.
       
   IMG Bild: Nach München mit dem Deutschlandticket? Bayern will, dass der Bund dafür zahlt
       
       BERLIN taz | Die Zukunft des Deutschlandtickets für den Nahverkehr ist
       weiterhin offen. So hat der bayerische Verkehrsminister Christian
       Bernreiter angekündigt, dass Bayern sich nicht weiter an der Finanzierung
       beteiligen wird. Der Bund müsse die gesamten Kosten übernehmen, verlangt
       der CSU-Minister. Die Finanzierung im laufenden Jahr ist gesichert, die
       weitere Zukunft der bundesweit geltenden Zeitkarte für den Nahverkehr ist
       offen. 2025 schießen Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro dazu, die
       Einnahmeausfälle der Verkehrsverbünde ausgleichen sollen.
       
       Doch das reicht nicht. Ausgerechnet der Erfolg des Tickets schmälert deren
       Einnahmen. 13,5 Millionen Kunden fahren derzeit mit dem Einheitsticket.
       Immer mehr Fahrgäste sind im vergangenen Jahr aus anderen Tarifen auf das
       Deutschlandticket umgestiegen. Die aus den anderen Tarifen resultierenden
       Einnahmen sind im vergangenen Jahr deshalb um mehr als 3 Milliarden Euro
       gesunken.
       
       „94 Prozent der Nahverkehrsunternehmen arbeiten nicht wirtschaftlich“,
       beschreibt Info Wortmann, Präsident der Verbands Deutscher
       Verkehrsunternehmen (VDV) die Folgen. Da zugleich die Kosten, etwa für
       Personal und Energie, gestiegen sind, droht laut VDV in vielen Regionen
       eine Einschränkung des Nahverkehrsangebots.
       
       An ein Ende des Einheitsfahrscheins glaubt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver
       Wolff jedoch nicht. „Das Deutschlandticket wird bleiben“, verspricht er.
       Doch wie die Zukunft aussieht, weiß auch er nicht. Die neue Bundesregierung
       müsse schnell Entscheidungen treffen, fordert der Verband, „es muss
       Planbarkeit geben“.
       
       ## Außer Union wollen alle großen Parteien das Deutschlandticket
       weiterführen – aber zu verschiedenen Preisen
       
       Eine Stellschraube ist der Preis des Tickets. Seit Jahresbeginn kostet es
       58 Euro im Monat, 9 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Die überwiegende
       Mehrheit der Kunden hat die Anhebung nicht abgeschreckt. Die
       durchschnittliche Kündigungsquote ist Wortmann zufolge nur geringfügig
       angestiegen.
       
       Kostendeckend kann das Angebot wohl kaum gestaltet werden. Wie teuer das
       Deutschlandticket werden kann, ohne dass die Fahrgäste aussteigen, müssen
       die Unternehmen noch ausloten. „Wir haben keine riesige Preiselastizität“,
       weiß Wolff. Allzu groß werden weitere Preissprünge demnach nicht ausfallen.
       Auch zusätzliche Abonnenten könnten einen Beitrag dazu leisten, die
       Einnahmeausfälle zu verringern. „Wenn irgendwo Musik drin ist, dann beim
       Jobticket“, sagt Wolff. Solange die Zukunft ungewiss ist, erwartet er aber
       keine weitere Verbreitung in den Betrieben.
       
       Nun ist die nächste Bundesregierung gefragt. Sie muss die Rahmenbedingungen
       für die Weiterführung des Deutschlandtickets setzen. Am schwersten dürfte
       es für das Angebot im Falle einer unionsgeführten Bundesregierung werden.
       Die CSU ist von jeher kein Freund des Tickets, und auch CDU-Chef Friedrich
       Merz will sich auf eine Fortführung des Angebots nicht festlegen.
       
       Dagegen bekennt sich die SPD dazu und will auch ein attraktives Preisniveau
       erhalten. Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und setzen sich für
       eine Absenkung des Preises auf wieder 49 Euro ein. Die AfD will das Ticket
       ebenfalls beibehalten, aber zu einem „ehrlichen“ Preis. Über die Höhe sagt
       das Wahlprogramm nichts aus. Radikaler gibt sich die Linke. Die Partei will
       daraus ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket machen. Auch FDP und BSW stehen zum
       Einheitsfahrschein.
       
       Die Branche selbst will das Angebot weiterentwickeln. So haben die
       einzelnen Verkehrsverbünde zum Beispiel immer noch unterschiedliche
       Zusatzleistungen in ihr Deutschlandticket eingebaut. Dazu gehören
       beispielsweise die kostenfreie Mitnahme von Fahrräder oder Kindern. Der VDV
       hätte lieber ein einheitliches Leistungsangebot. Für die weitere
       Finanzierung hat der Verband auch einen Vorschlag parat. Der Ticketpreis
       solle an einen Preisindex gekoppelt werden, der sich an der
       Kostenentwicklung bei den Unternehmen orientiert, schlägt Wortmann vor.
       
       ## Reform des Trassenpreissystems gefordert
       
       Die Verkehrsunternehmen plagen aber auch noch andere existenzielle Sorgen.
       Das betrifft die vom VDV vertretenen Güterbahnen. Auf sie kommen erhebliche
       Erhöhungen der Nutzungsgebühren für das Schienennetz zu. Das hängt mit der
       Entscheidung der Ampel zusammen, die Deutsche Bahn mit zusätzlichem
       Eigenkapital auszustatten. Diese Finanzspritze müssen die Nutzer der
       Trassen dem Bund über Gebühren hoch verzinsen. Das betrifft vor allem den
       Fern- und Güterverkehr.
       
       Die Cargounternehmen befürchten, dass sie im Wettbewerb mit dem Lkw
       angesichts drastisch steigender Kosten nicht mehr mithalten können. Eine
       geplante Förderung der Trassenpreise als Ausgleich liegt seit dem Scheitern
       der Ampel auf Eis. Der VDV verlangt von der künftigen Regierung eine Reform
       des Trassenpreissystems.
       
       10 Feb 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolfgang Mulke
       
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