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       # taz.de -- Ukraine-Krieg: Selenskyj bereit zu Gebietsaustausch
       
       > Nach Luftangriffen auf Kyjiw hat sich in Brüssel die
       > Ukraine-Kontaktgruppe getroffen. Die Freilassung eines US-Gefangenen
       > sorgt indes für Aufsehen.
       
   IMG Bild: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am 9.1.2025 in Brüssel
       
       Kyjiw taz | Er dauerte nicht lange, der Luftalarm am Mittwoch in Kyjiw. 41
       Minuten, von 4:26 bis 5:07 Uhr. Doch er hatte die Bewohner alle aus dem
       Schlaf gerissen. Vielerorts krachte es in der Hauptstadt. „Selbst meine
       Schlaftabletten haben nicht geholfen. Die Luftschläge haben mich morgens um
       halb fünf aus dem Bett gerissen“, berichtet die 78-jährige Nadeschda der
       taz. Ihren Nachbarinnen auf der Station des Alexanderowska Krankenhauses
       sei es ähnlich ergangen.
       
       Wenige Minuten später bestätigte das Büro von Andri Jermak, dem Chef der
       Präsidialadministration, den Angriff mit ballistischen Raketen auf Kyjiw.
       Drei Menschen sind verletzt worden, einer habe sein Leben verloren,
       berichtet das Portal strana.news unter Berufung auf staatliche Stellen.
       
       In einigen Stadtteilen kam es aufgrund des Angriffs zu Stromausfällen. Auch
       Drohnen waren in der Nacht auf Kyjiw geflogen worden. Nach Angaben der
       ukrainischen Luftstreitkräfte seien von 123 Drohnen 71 abgeschossen worden.
       Luftangriffe gab es in der Nacht auf Mittwoch auch in den Regionen
       Dnipropetrowsk, Krywyj Rih, Sumy, Poltawa und Tschernihiw.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach eigenen Angaben
       bereit, Gebiete mit Russland zu tauschen. Bei Verhandlungen könnte das von
       ukrainischen Truppen kontrollierte Land in der russischen Region Kursk
       gegen ukrainische Gebiete, die Russland derzeit besetzt halte, getauscht
       werden. Das sagte Selenskyj dem britischen Guardian.
       
       ## Russland will von Tausch nichts wissen
       
       In Russland will man von derartigen Ideen nichts wissen. Niemals werde
       Russland über seine eigenen Gebiete verhandeln, zitiert die ukrainische New
       Voice Putins Sprecher Dmitri Peskow.
       
       Die Vorschläge der Ukraine zum „Gebietsaustausch“ seien absurd, die einzige
       Möglichkeit für Kyjiw sich zu erholen, sei, „sich wieder wie Russen zu
       fühlen“, schrieb Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des
       russischen Sicherheitsrates, auf Telegram.
       
       Unterdessen berichten russische Medien unter Berufung auf den russischen
       Kriegsberichterstatter Alexander Kots von Misshandlungen russischer
       Einwohner des Gebietes Kursk durch ukrainisches Militär. Dieses soll in der
       Ortschaft Russkoe Poretschnoe 22 Zivilisten getötet haben.
       
       Zuvor, so die russische Quellen, seien diese als menschliche Schutzschilde
       missbraucht worden. Die ukrainischen Behörden bestreiten dies. Die
       ukrainischen Militärs würden nicht gegen Zivilisten kämpfen, ließ Olexi
       Dmitraschewski, Sprecher der ukrainischen Besatzungstruppen, verlauten.
       
       ## Geständnisse von Kriegsgefangenen wertlos
       
       Der ukrainische Dienst von BBC hält es auch nicht für akzeptabel, dass die
       russischen Anschuldigungen auf Aussagen ukrainischer Kriegsgefangenen
       fußten. Es werde standardmäßig davon ausgegangen, dass Aussagen von
       Kriegsgefangenen, die sie selbst belasten, als unter Zwang gemacht gelten.
       
       Kyjiws Bürgermeister Vitali Klitschko hält ein Ende der Kampfhandlungen in
       einem oder zwei Monaten für möglich. Aber ein damit einhergehender
       Kompromiss werde sehr schmerzhaft werden, zitiert das ukrainische Portal
       glavkom.ua den früheren Boxweltmeister.
       
       Am Dienstagabend hatte US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus einen lange
       erwarteten Besucher zu Gast: der US-Amerikaner Marc Fogel, der in Russland
       als Lehrer gearbeitet haben soll und unter dem Vorwurf des Drogenschmuggels
       zu 14 Jahren Haft verurteilt worden war. Er wurde am Dienstag überraschend
       entlassen und sofort in die USA ausgeflogen.
       
       Seine Freilassung war eingefädelt von einer Sondermission des
       Trump-Gesandten Steve Witkoff, der persönlich nach Moskau geflogen war.
       Deshalb spekulieren Beobachter in der Ukraine, dass Witkoff in Moskau
       Friedensgespräche vorbereitet haben könnte.
       
       ## US-Verteidigungsminister will keinen Frieden vermitteln
       
       Währenddessen nimmt der neue US-Verteidigungsminister Peter Hegseth
       erstmals an einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel teil. Einen
       wie von der Ukraine geforderten US-vermittelten Frieden mit Russland weist
       er offiziell zurück. Dass die Ukraine zu ihren Grenzen von 2014, vor
       Annexion der Krim-Halbinsel, zurückkehren kann, halte er für
       „unrealistisch“.
       
       Hegseth sieht die europäischen Nato-Partner in der Verantwortung, den
       Frieden in der Ukraine zu sichern. Sie müssten den „überwiegenden Anteil“
       der zukünftigen militärischen wie zivilen Hilfe für die Ukraine übernehmen.
       Mit US-amerikanischen Truppen zur Absicherung eines Friedensschlusses in
       der Ukraine könne man nicht rechnen.
       
       Die Aussagen des Verteidigungsministers passen in die seit Donald Trumps
       Amtseintritts angekündigten [1][Forderungen, die Verantwortung der USA
       zurückzuschrauben].
       
       Daher stimmte die Nato am Mittwoch nach Angaben von Generalsekretär Mark
       Rutte auch mit US-Präsident Donald Trump überein, dass es mehr
       Lastenteilung zwischen den USA und den [2][europäischen Verbündeten] bei
       der militärischen Hilfe geben müsse. Mehr als 50 Milliarden Euro stellten
       die Nato-Mitglieder im vergangenen Jahr zur Verfügung. Mehr als die Hälfte
       davon kam nach Nato-Angaben von den europäischen Verbündeten und Kanada,
       der Rest von den USA.
       
       Die Hilfe sei „ein großer Schritt in die Richtung, die Präsident Trump
       gefordert hat“, sagt Rutte. „Ich stimme mit ihm überein, dass wir die
       Sicherheitshilfe [3][für die Ukraine] angleichen müssen.“ (mit Agenturen)
       
       12 Feb 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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