URI: 
       # taz.de -- Politische Gefangene in Georgien: Die Journalistin Mzia Amaghlobeli ohrfeigte einen Polizisten
       
       > Sie ist die erste weibliche politische Gefangene in Georgien seit 1991
       > und im Hungerstreik. Sie hatte sich gegen Gewalt gewehrt. Was ihr jetzt
       > droht.
       
   IMG Bild: Die georgische Journalistin Mzia Amabhlobeli in einem Gericht in Batumi, Georgien, im Februar 2025
       
       Die Journalistin Mzia Amaghlobeli ist die erste weibliche politische
       Gefangene in Georgien seit 1991. Die erfahrene Medienmanagerin, die vor 25
       Jahren mit ihrer Freundin Eter Turadze [1][die unabhängigen Onlinezeitungen
       Batumelebi] und Netgazeti, gründete, befindet sich seit dem 12. Januar im
       Hungerstreik. Mittlerweile musste sie aufgrund ihres sich verschlechternden
       Gesundheitszustands vom Gefängnis in eine Klinik verlegt werden.
       
       Die 49-Jährige war in Georgien eher unbekannt. Das änderte sich
       schlagartig, nachdem sie in der Nacht zum 12. Januar festgenommen worden
       war. Ort des Geschehens: Batumi, die zweitgrößte Stadt Georgiens. Dort ist
       auch die Redaktion von Batumelebi ansässig. Parallel zur Berichterstattung
       über Korruption, Polizeigewalt und Nepotismus betrieb das Medium
       Crowdfunding zur Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen und organisierte
       Kampagnen zur Lösung sozialer Probleme.
       
       Eine dieser Initiativen waren mobile Bibliotheken in abgelegenen
       Bergdörfern. Auch Mzia wuchs in einem solchen Dorf auf – in Chwana, wo
       weniger als 300 Menschen leben. Bücher und Spielzeug für Kinder gelten hier
       als Luxus, Erwachsene haben kaum Zugang zu Gesundheitsdiensten und finden
       nur selten Arbeit in der Nähe ihres Wohnortes.
       
       ## Ihre Katze heißt „News“
       
       Die Fenster der Redaktion von Batumelebi sind voll von [2][Flaggen der
       Ukraine, der EU und Georgiens]. In der letzten Woche stand dort auch eine
       Tafel mit einem Bild von Mzia. In der Redaktion lebt eine schwarze Katze
       namens „News“, ihre beste Freundin. Im Konferenzraum hängt eine Collage,
       darauf steht: „Wie kann eine so kleine Stadt wie Batumi so viele politische
       Gefangene haben?“ Unter dem Text sind Bilder von Mzia und anderen Menschen
       zu sehen, die wegen der jüngsten Proteste verhaftet wurden – mehr als 500.
       
       Zum ersten Mal wurde Mzia Amaghlobeli festgenommen, weil sie bei einer
       Kundgebung vor der Polizeiwache einen Aufkleber mit der Aufschrift „Streik“
       angebracht hatte. Zum zweiten Mal, weil sie einen hochrangigen
       Polizeibeamten geohrfeigt hatte. Manche sprechen von einem „Schlag ins
       Gesicht“ eines repressiven Regimes. Laut [3][Transparency International
       Georgia] zeigen Videos, dass die Ohrfeige für eine Anklage nicht ausreicht.
       Wenn die Journalistin jedoch verurteilt wird, drohen ihr vier bis sieben
       Jahre Haft.
       
       ## Sie durfte nicht auf Toilette gehen
       
       Bürgerinnen, die in jener Nacht zusammen mit Mzia festgenommen worden
       waren, berichten übrigens, dass besagter Polizist während der ganzen Nacht
       Protestierende schlug, beschimpfte und beleidigte. Amaghlobeli wurde von
       ihm daran gehindert, Wasser zu trinken und die Toilette zu benutzen. Auch
       soll er ihr ins Gesicht gespuckt haben. „Ich weigere mich, die Agenda des
       Regimes zu akzeptieren […]. Freiheit ist viel wertvoller als Leben und sie
       steht auf dem Spiel.“ „Kämpfe, bevor es zu spät ist“ – so lauten einige
       Zitate aus Briefen, die Mzia im Gefängnis geschrieben hat.
       
       Ihr Fall beschäftigt mehr als 300 georgische Journalist*innen und
       Redakteur*innen sowie mindestens ein Dutzend internationale
       Organisationen für Medienfreiheit. Fast jeden Nachmittag organisieren
       Kolleg*innen von Mzia in der Hauptstadt Tbilisi und in Batumi Märsche –
       aus Solidarität und um ihr Leben zu retten.
       
       Dem setzt die Regierung Desinformationskampagnen entgegen. Sie fordert eine
       Entschuldigung von ihr. Amaghlobeli schreibt aus dem Gefängnis, dass diese
       dreisten Kommentare ihr Kraft gäben, um weiterzukämpfen. Sie will ihren
       Hungerstreik bis zum 4. März fortzusetzen – dem Tag der Anhörung ihres
       Falles vor Gericht.
       
       13 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://batumelebi.netgazeti.ge/
   DIR [2] /Proteste-in-Georgien/!6050307
   DIR [3] https://transparency.ge/en
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nastasia Arabuli
       
       ## TAGS
       
   DIR Georgien
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Journalismus
   DIR Georgien
   DIR Georgien
   DIR Georgien
   DIR Georgien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Georgische Künstlerin über Protest: „Der einzige Weg ist Widerstand“
       
       Elektronikproduzentin Anushka Chkheidze über die Proteste in Georgien, den
       Streik der Kulturszene und die Solidarität mit politischen Gefangenen.
       
   DIR Pro-EU-Proteste in Georgien: Zwei Oppositionsführer verhaftet
       
       Ex-Bürgermeister von Tiflis gegen Kaution wieder frei. Die
       EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas verurteilt Vorgehen gegen Demonstranten.
       
   DIR Fußball in der Politik Georgiens: Das Schweigen der Helden
       
       Ein Ex-Profi ist Staatspräsident, Nationalspieler machen Reklame für die
       Regierungspolitik. Kritische Stimmen aus dem Sport werden verunglimpft.
       
   DIR Proteste in Georgien: Tausende trotzen Drohungen von Regierungschef Kobachidse
       
       In Georgien sind erneut tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie
       protestieren gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen durch die
       Regierung.