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       # taz.de -- Die Wahrheit: Närrisches Getöse
       
       > Bundeskanzler Olaf Scholz schätzt den Berliner Kultursenator Joe Chialo
       > als liberale Stimme der rechtslastigen Merz-Partei. Ist Chialo denn
       > liberal?
       
       „Hofnarr“ also und „Feigenblatt“. So, so. Die eigentliche Sensation, dass
       Olaf Scholz etwas nicht vollständig Erwartbares gesagt hat, geht unter im
       Getöse über den „rassistischen Aussetzer“ (Focus), weil der Nochkanzler den
       schon als angehenden Kulturstaatssekretär der nächsten Bundesregierung
       „gehandelten“ Joe Chialo, einen der extrem raren, nicht weißen relevanten
       Unionspolitiker, [1][so genannt habe]. Im privaten Partygespräch, nachdem
       die CDU im Bundestag den „Beginn einer neuen Epoche“ (Bernd Baumann, AfD)
       eingeleitet hat durch das Hinzuziehen der Voll-, Halb- und Viertelnazis der
       AfD zur Erlangung parlamentarischer Mehrheiten.
       
       Man muss jetzt nicht tief in die semantische Exegese einsteigen, um zu
       zeigen, dass weder „Hofnarr“ noch „Feigenblatt“ per se rassistische
       Schimpfwörter sind einerseits, während andererseits selbstverständlich je
       nach Kontext praktisch jeder Begriff eine rassistische Konnotation erlangen
       kann.
       
       Der Focus-Mann, der dabei war und die Sache nach vermutlich zehntägiger
       Gewissensqual bedeutsam genug fand, um nun doch über das Privatgespräch zu
       berichten, bezieht die Bezeichnungen auf den Umstand, dass Chialo schwarz
       sei, während Scholz darauf besteht, der von ihm „sehr geschätzte“ Berliner
       Kultursenator sei eine der wenigen „liberalen Stimmen“ der
       rechtsausfälligen Merz-Partei, also quasi ein schwarzes Schaf unter braunen
       Wölfen als gelbes Feigenblatt.
       
       Dass sich im Gefolge nun ausgerechnet Medien wie Focus, Welt und Nius sowie
       ein Mordor entsprungenes Geschöpf namens Julian Reichelt, bei denen
       Rassismus Kern des Geschäftsmodells ist, über [2][den angeblichen
       Scholz-Aussetzer] ereifern, ist die eine Pointe der Affäre.
       
       Die andere ist, dass Scholz falschliegt, wenn er Chialo als liberales
       Gesicht seiner Partei anpreist. Denn der Mann hat als Kultursenator durch
       eine verpfuschte Klausel zur Fördermittelverteilung dem berechtigten
       Anliegen, dem obsessiven und notorischen Antisemitismus eines beachtlichen
       Teils der Berliner Kulturszene entgegenzutreten, einen echten Bärendienst
       erwiesen.
       
       Zudem ist er mitverantwortlich für einen beispiellosen kulturellen
       Kahlschlag in der Hauptstadt durch ebenso [3][drastische wie kurzfristige
       Kürzungen im Kulturetat]. Die er überdies so verteilt, dass sie besonders
       die nicht marktgängigen, kleinen Künstler und Kulturveranstaltungen
       treffen. Und dem dazu dann die Empfehlung einfällt, die Kulturschaffenden
       sollten sich halt um Mäzene und Sponsoren kümmern, wenn sie ihren nicht
       hinreichend marktgängigen Quatsch unbedingt weiterbetreiben wollen.
       
       Ein Kulturverständnis also, mit dem er ziemlich gut anschlussfähig ist an
       die Vorstellungen der AfD – und ausgerechnet der Mann soll das liberale
       Feigenblatt der Union sein? Da gilt dann vielleicht doch eher das alte
       Diktum von Funny van Dannen: „Auch lesbische schwarze Behinderte / können
       ätzend sein.“
       
       14 Feb 2025
       
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