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       # taz.de -- Isabel Schnabel: „Wir dürfen uns nicht zuerst als Konkurrentinnen sehen“
       
       > Isabel Schnabel ist nach Christine Lagarde die wichtigste Frau in der
       > Europäischen Zentralbank. Ein Gespräch über Geld, Solidarität und
       > Feminismus.
       
   IMG Bild: Isabel Schnabel, Finanzökonomin
       
       Der Eingang ins Gebäude der Europäischen Zentralbank EZB in Frankfurt am
       Main ist strikt reglementiert, durch zwei Sicherheitsschleusen hindurch
       geht es ins Innere. Drin ist es kühl, Stahlstreben und viel Glas prägen die
       Atmosphäre. Aus der 39. Etage, in der Isabel Schnabel ihr Büro hat, wirkt
       die unten liegende Stadt im blassen Februarlicht weit weg. Erst als die Tür
       zum Büro geschlossen ist, wird es fast gemütlich. Da wir das Gespräch vier
       Wochen vor Erscheinen führen und dazwischen eine Zinsentscheidung ansteht,
       haben wir vereinbart, die aktuelle Politik der EZB außen vor zu lassen 
       
       taz: Frau Schnabel, erinnern Sie sich daran, wann Sie das erste Mal Geld in
       der Hand hatten? 
       
       Isabel Schnabel: Das muss im Grundschulalter gewesen sein. Ich bin mit
       meinem Taschengeld oft an die Bude gegangen und habe Süßigkeiten gekauft
       oder Eis am Stiel.
       
       taz: Geld war für Sie einfach Zahlungsmittel, das Ihnen Konsum ermöglicht
       hat? 
       
       Schnabel: Genau. Mein Vater hat allerdings großen Wert darauf gelegt, dass
       ich früh anfange, mich mit Geld zu beschäftigen, obwohl mich das als
       Jugendliche gar nicht so sehr interessiert hat. Er hat mir dann später eine
       Banklehre empfohlen, als ich nach der Schule noch nicht so genau wusste,
       was ich machen wollte. Eines seiner Argumente war, dass ich lernen sollte,
       wie man mit Geld umgeht.
       
       taz: Hatten Sie den Eindruck, er sorgt sich besonders um Sie als Mädchen? 
       
       Schnabel: Meinem Bruder hat er den Vorschlag jedenfalls nicht gemacht. Das
       hat mich schon ein bisschen geärgert. Bei meinem Bruder wurde es eher als
       selbstverständlich angenommen, dass er mit Geld umgehen kann. Aber am Ende
       des Tages war die Empfehlung meines Vaters ja vielleicht ein Grund, warum
       ich in einem männerdominierten Bereich gelandet bin.
       
       taz: Stimmt es denn, dass sich Frauen zu wenig mit Geld beschäftigen? 
       
       Schnabel: Ich glaube schon. Frauen haben im Schnitt eine geringere
       finanzielle Bildung als Männer. Das ist ein Problem. Es kann dazu führen,
       dass sie schlechtere finanzielle Entscheidungen treffen und womöglich
       leichter in eine finanzielle Notlage geraten. Sie sind beispielsweise
       häufiger von Altersarmut bedroht. Für Frauen ist finanzielle Vorsorge daher
       besonders wichtig.
       
       taz: Sind Frauen selbst daran schuld, wenn sie finanziell schlechter
       dastehen? 
       
       Schnabel: Es gibt viele strukturelle Gründe wie unterbrochene
       Erwerbsbiografien aufgrund von Mutterschaft oder der Pflege von Älteren.
       Außerdem arbeiten Frauen deutlich häufiger in Teilzeit. Solche Faktoren
       tragen dazu bei, dass Frauen ein niedrigeres Einkommen und eine kleinere
       Rente haben. Die zu geringe Beschäftigung mit Geldfragen hat auch viel mit
       dem traditionellen Rollenverständnis zu tun. Aber es gibt eine
       Eigenverantwortung. Genauso, wie man sich mit der Gesundheit beschäftigt,
       muss man sich mit den Finanzen beschäftigen. Heute gibt es viele
       Möglichkeiten, sich zu informieren, zum Beispiel über Podcasts oder
       Youtube-Kanäle.
       
       taz: Sie selbst bestimmen heute die Finanzierungsbedingungen von 350
       Millionen Menschen im Euroraum mit – denn die Aufgabe der EZB ist es, dafür
       zu sorgen, dass sich die Inflation in Grenzen hält. Von 26 Mitgliedern im
       Direktorium sind nur zwei Frauen, Christine Lagarde und Sie. Machen Sie
       eine andere Geldpolitik als Männer? 
       
       Schnabel: Die Forschung zeigt, dass sich Männer und Frauen im ökonomischen
       Bereich durchaus unterschiedlich verhalten. Es kann also schon sein, dass
       sich Geldpolitik ändert, wenn mehr Frauen in die Gremien kommen.
       Entscheidend ist die Diversität – auch die Diversität von Sichtweisen und
       Erfahrungen. Das macht die Entscheidungen robuster.
       
       taz: Was genau machen Frauen in Finanzentscheidungen anders als Männer? 
       
       Schnabel: Frauen sind in ihren finanziellen Entscheidungen risikoscheuer
       und haben eine größere Angst vor Verlusten. Das führt beispielsweise dazu,
       dass sie weniger am Aktienmarkt investieren und dadurch geringere Renditen
       erzielen. Frauen trauen sich bei Finanzentscheidungen auch weniger zu. Die
       Verbesserung der finanziellen Bildung wäre daher für Frauen besonders
       wichtig.
       
       taz: Gibt es eine feministische Geldpolitik? 
       
       Schnabel: Ehrlich gesagt habe ich mich mit der Frage noch nicht
       beschäftigt. Tatsächlich hat die Geldpolitik früher vor allem auf die
       Gesamtwirtschaft geschaut, etwa auf das Bruttoinlandsprodukt oder den
       gesamtwirtschaftlichen Konsum. Mittlerweile hat sich die Forschung
       weiterentwickelt und blickt mehr auf die sich dahinter verbergende
       Heterogenität. Wir wissen beispielsweise, dass ärmere Menschen besonders
       stark von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen betroffen sind.
       Vermutlich gibt es auch merkliche Unterschiede über die Geschlechter
       hinweg.
       
       taz: Wie holen Sie mehr Frauen in die EZB? 
       
       Schnabel: Wir haben als Institution ein starkes Interesse an
       Chancengleichheit. Das bedeutet nicht immer eine Fifty-fifty-Verteilung,
       aber wir haben den Anspruch, die Gesellschaft, für die wir Entscheidungen
       treffen, auch zu repräsentieren und so alle Talente zu nutzen. Daher haben
       wir auf allen Hierarchieebenen Zielvorgaben formuliert. Um da tatsächlich
       hinzukommen, sollen rund die Hälfte der Neueinstellungen und Beförderungen
       Frauen sein, sofern wir unterhalb der Ziele liegen.
       
       taz: Was tun Sie sonst? 
       
       Schnabel: Wir versuchen, Hürden abzubauen. Oft geht es dabei um Hindernisse
       wie fehlende Kinderbetreuung. Die EZB ist da gut aufgestellt mit Angeboten
       ab dem Babyalter und einer Europäischen Schule. Zudem ist uns aufgefallen,
       dass sich Frauen seltener für Beförderungen beworben haben. Wenn sie
       Stellenausschreibungen lesen, zweifeln sie stärker als Männer daran, ob sie
       alle Kriterien perfekt erfüllen. Wir fordern Frauen heute deutlicher auf,
       sich zu bewerben. Diese Strategie hat sich als sehr erfolgreich erwiesen.
       
       taz: Sind die Gehaltsunterschiede in der EZB transparent? 
       
       Schnabel: Wir sind Teil des öffentlichen Dienstes mit klaren
       Gehaltsklassen, die bestimmten Qualifikationen und Aufgaben zugeordnet
       sind. Außerdem gibt es Zulagen, die zum Beispiel von der familiären
       Situation abhängen, aber nicht vom Geschlecht.
       
       taz: Wie gehen Sie mit der Verantwortung um, dass Ihre Entscheidungen das
       Leben so vieler Menschen beeinflussen? 
       
       Schnabel: Als ich 2019 erfuhr, dass ich für das EZB-Direktorium nominiert
       würde, kam ich gerade mit dem Zug am Bonner Hauptbahnhof an und sah dort
       die Menschen, die mir entgegenkamen. Da dachte ich: In Zukunft muss ich
       Entscheidungen fällen, die alle diese Menschen betreffen! Das ist eine
       vollkommen andere Rolle als die einer Wissenschaftlerin und mit viel
       Verantwortung verbunden. Ich nehme meine Arbeit wahnsinnig ernst und
       versuche, alle Entscheidungen nach bestem Wissen zu treffen.
       
       taz: Sie waren 15 Jahre an verschiedenen Unis in Deutschland und den USA
       tätig, ab 2007 als Professorin, wurden auch in den Sachverständigenrat der
       Bundesregierung für Wirtschaftsfragen berufen. Während dieser Karriere
       waren Sie immer eine von wenigen Frauen, oft die einzige – wie bei den
       sogenannten Wirtschaftsweisen. 
       
       Schnabel: Je weiter man nach oben kommt, desto weniger Frauen gibt es. Das
       ist noch immer so. Und das prägt die Art der Kommunikation. Ein Beispiel
       waren die Forschungsseminare an der Uni, wo es damals oft nur männliche
       Professoren gab. Der Ton war dort oft sehr rau und aggressiv. Mich hat das
       als junge Wissenschaftlerin gestört, und ich weiß, dass es meinen
       Kolleginnen ähnlich ging.
       
       taz: Wie sind Sie damit umgegangen? 
       
       Schnabel: Ich habe es damals einfach akzeptiert, aber es hat mich
       verunsichert. Man muss sich eine Karriere zutrauen. Manche Frauen kommen
       mit einem männerdominierten Umfeld besser klar als andere. Aber es gibt
       auch Frauen, die von ihrer Persönlichkeit her anders sind. Manche meiner
       Kolleginnen sind damals von der Universität weggegangen.
       
       taz: Ändert sich der Ton, wenn eine zweite Frau dabei ist? 
       
       Schnabel: Ja, dadurch verändert sich die ganze Gesprächsatmosphäre. Das
       gilt besonders, wenn die Institution oder das Gremium von einer Frau
       geleitet wird wie hier bei der EZB. Bei uns kann Christine Lagarde den Ton
       setzen. Es beeindruckt mich sehr, wie es ihr gelingt, ein so inklusives,
       freundliches Klima zu schaffen.
       
       taz: Gibt es zwischen Ihnen beiden so was wie weibliche Solidarität? 
       
       Schnabel: Auf jeden Fall. Wir haben ein enges persönliches Verhältnis. Wir
       sprechen auch über private Themen und sind uns sehr vertraut. Sie hört mir
       zu, wenn ich ein Anliegen habe. Ich kann immer zu ihr gehen und sie nimmt
       sich die Zeit, obwohl sie extrem beschäftigt ist.
       
       taz: Ist das anders mit männlichen Kollegen? 
       
       Schnabel: Es gibt eine Reihe von männlichen Kollegen, zu denen ich ein
       ähnlich vertrauensvolles Verhältnis habe, aber es ist schon anders. Es gibt
       eine größere emotionale Nähe unter Frauen.
       
       taz: Wie wichtig sind weibliche Netzwerke in Ihrer Branche? 
       
       Schnabel: Sehr wichtig. Ich habe lange gebraucht, um das zu verstehen.
       Heute bin ich in vielen informellen Frauennetzwerken. Ganz wichtig ist,
       dass man dort auch jüngere Frauen einlädt und sich gegenseitig fördert. Die
       ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright sagte einmal, für Frauen,
       die anderen Frauen nicht helfen, sei ein besonderer Platz in der Hölle
       reserviert. Wir dürfen uns nicht in erster Linie als Konkurrentinnen sehen,
       sondern müssen uns gegenseitig unterstützen. Ich selbst habe von einer
       weiblichen Mentorin profitiert, die dann später eine Kollegin an der
       Universität Mainz wurde.
       
       taz: Sie springen anderen auch zur Seite. Während der Pandemie hat Ihre
       Kollegin Isabella Weber von der University of Massachusetts, eine linke
       Ökonomin, damals Mitte 30, vorgeschlagen, die Inflation mit strategischen
       Preiskontrollen zu bekämpfen. Weil das allen Lehrbüchern widersprach, hat
       unter anderem der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman sie öffentlich
       als „truly stupid“ abgekanzelt. 
       
       Schnabel: Ich fand diesen Umgang mit Isabella Weber unerträglich. Und ich
       hatte den Eindruck, dass man mit einem Mann anders umgegangen wäre. Das
       darf einfach nicht sein. Ich habe die Meinung zu Preiskontrollen zwar nicht
       geteilt, aber wir müssen doch auch über unkonventionelle Ideen nachdenken
       können. Da ging es vermutlich auch um Machterhalt, um Meinungsführerschaft.
       Generell fände ich es verheerend, wenn sich Frauen deswegen nicht mehr
       trauen würden, dem Mainstream zu widersprechen.
       
       taz: Hatten Sie selbst auch schon den Eindruck, dass Sie anders behandelt
       werden, weil Sie eine Frau sind? 
       
       Schnabel: In den sozialen Medien erlebe ich das andauernd. Ich werde zum
       Teil überschüttet mit sexistischen Kommentaren. Ich schalte die Leute dann
       stumm. In meinem engeren beruflichen Umfeld kenne ich das aber nicht.
       
       taz: Gab es darüber hinaus andere Nachteile, die Sie erlebt haben, weil Sie
       eine Frau sind? 
       
       Schnabel: Zu Beginn meiner Laufbahn, im Studium, war ich fest davon
       überzeugt, dass es keine Rolle spielt, ob man ein Mann oder eine Frau ist.
       Ich dachte, ich muss einfach nur gut genug sein, dann schaffe ich das.
       Damals stand ich auch der Frauenförderung nicht besonders positiv
       gegenüber. Es dauerte, bis ich gemerkt habe, dass es eine Reihe von
       geschlechtsspezifischen Barrieren gibt. Ich hatte zum Beispiel in meiner
       gesamten Unilaufbahn in Deutschland keine einzige Professorin, ich hatte
       also keine Rollenvorbilder. Besonders deutlich wurde es dann, als die
       Kinder kamen. Ich habe drei Töchter, das heißt, dass ich rund sechs Jahre
       entweder schwanger war oder gestillt habe. Die Zeit zwischen 32 und 38
       Jahren war sehr anstrengend für mich. Und das war genau die Zeit, in der
       man typischerweise akademisch Karriere macht. Wenn ich morgens vollkommen
       abgehetzt ins Büro kam, hatte ich längst meinen ersten Großeinsatz hinter
       mir. Damit habe ich manchmal gehadert. Auch das Reisen war nicht einfach,
       als die Kinder klein waren. Ich hatte auch keine so große Lust darauf, ich
       wollte ja gerne bei der Familie sein.
       
       taz: Wie haben Sie es trotzdem hinbekommen? 
       
       Schnabel: Mein Doktorvater Martin Hellwig hat dabei eine große Rolle
       gespielt. Schon während meiner Promotion – also vor den Kindern – hat er
       mir dabei geholfen, Netzwerke aufzubauen. Ich habe damals noch gar nicht
       verstanden, wie wichtig das ist. Als dann die Kinder kamen, hat er mir
       vollkommene Flexibilität gelassen.
       
       taz: Wie schnell sind Sie wieder in den Beruf zurück? 
       
       Schnabel: Sehr schnell. Beim ersten Kind saß ich direkt wieder am Computer.
       Beim zweiten habe ich meine Tochter zu Beginn viel mit ins Büro genommen.
       Und beim dritten war ich schon Professorin, da bin ich dann in der
       Stillzeit mit Baby mit der Bahn von Bonn nach Mainz gependelt. Allein den
       Kinderwagen in diese alten Züge hineinzuwuchten war eine echte
       Herausforderung. Alle Pendler kannten mich – die Frau mit dem Baby! An der
       Uni hatte ich viele Leute, die mich unterstützt haben. Während der
       Veranstaltungen habe ich manchmal Studierende eingestellt, die das Baby
       betreut haben. Ich habe auch in der Sprechstunde gestillt.
       
       taz: Hat Ihr Mann die Kinder auch mit zur Arbeit genommen? 
       
       Schnabel: Nein, weil ich ja gestillt habe. Aber ohne ihn wäre es nicht
       gegangen. Mein Mann hat sich immer sehr stark eingebracht, in den letzten
       Jahren sogar deutlich mehr als ich. Ich arbeite ja jetzt in Frankfurt, aber
       unsere Familie ist weiter in Bonn. Außerdem haben wir seit über 20 Jahren
       eine wunderbare Kinderfrau, die jeden Tag bei uns war und uns unglaublich
       viel geholfen hat.
       
       taz: Eine Kinderfrau muss man sich aber leisten können. 
       
       Schnabel: Am Anfang ging fast ein Gehalt dafür drauf. Aber es wird manchmal
       übersehen, dass bezahlte Kinderbetreuung auch eine Investition ist. Damit
       bleibt man auf dem Karrierepfad. Und ich wusste immer, dass meine Kinder
       sehr gut aufgehoben sind. Deshalb hatte ich auch nur selten ein schlechtes
       Gewissen.
       
       taz: Mussten Sie wegen der Doppelrolle als Mutter und Ökonomin Kompromisse
       machen? 
       
       Schnabel: Dauernd. Man darf nicht den Anspruch haben, in jeder Rolle
       jederzeit absolut perfekt zu sein, dann scheitert man an seinen eigenen
       Ansprüchen. Aber leicht ist mir das nicht immer gefallen.
       
       taz: Wo haben Sie Abstriche gemacht? 
       
       Schnabel: Vor allem bei mir selbst – viel Zeit für mich hatte ich nicht.
       Und dasselbe galt für meinen Mann. Aber wir haben auch gelernt, effizient
       zu sein. Abends haben wir unsere Kinder schon mal mit Strumpfhosen ins Bett
       gelegt, damit es morgens schneller geht.
       
       taz: Haben Sie je den Vorwurf gehört, eine Rabenmutter zu sein? 
       
       Schnabel: Unterschwellig ja. Aber den Schuh habe ich mir nicht angezogen.
       Der Kinderarzt und Autor Remo Largo hat sinngemäß einmal gesagt, es sei vor
       allem wichtig, glücklich und ein gutes Vorbild zu sein. Kinder machen nach,
       was sie sehen. Und ich glaube, ich bin für meine Töchter eine gute Mutter.
       
       taz: Sie haben ein paar Jahre gebraucht, um sich Feministin zu nennen. Wie
       ist das bei Ihren Töchtern? 
       
       Schnabel: Meine Töchter sind mit dem Wissen groß geworden, dass man als
       Frau alles erreichen kann, was man möchte. Natürlich haben sie sich ab und
       zu beklagt, dass ich weniger zu Hause bin als andere Mütter. Aber
       eigentlich finden sie toll, was ich mache, und nehmen es auch als Ansporn.
       Meine Töchter sind echte Feministinnen, die sich beschweren, wenn sie
       benachteiligt werden. Das hätte ich mich in ihrem Alter nicht getraut, aber
       natürlich hat sich die Welt in dieser Hinsicht auch verändert.
       
       taz: Und wie bringen Sie ihnen das Thema Geld näher? 
       
       Schnabel: Mein Mann und ich sind beide Ökonomen, und wir haben häufiger
       über den Umgang mit Geld gesprochen. Aber Geldanlage empfanden sie eher als
       lästig. Heute studieren zwei meiner Töchter VWL, dadurch sind sie
       automatisch näher an diese Themen herangerückt.
       
       taz: Mark Zuckerberg hat kürzlich gesagt, es brauche wieder mehr „maskuline
       Energie“ in Unternehmen. Macht Ihnen das Sorgen, auch in Bezug auf Ihre
       Töchter? 
       
       Schnabel: Das macht mir große Sorgen. Es besteht die Gefahr, dass wir
       gesellschaftlich wieder Rückschritte machen, obwohl wir bei Weitem noch
       nicht da angekommen sind, wo wir hinwollen. In den USA ist das im Moment
       stärker ausgeprägt als bei uns. Aber es schwappt rüber. Für die EZB kann
       ich sagen, dass wir fest hinter unserer Diversitäts- und
       Inklusionsstrategie stehen.
       
       8 Mar 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
   DIR Beate Willms
       
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