URI: 
       # taz.de -- Mitarbeiter des Monats: Wenn’s gut werden muss
       
       > Biber haben in Tschechien flugs einen Fluss renaturiert, während Menschen
       > noch brüteten, wie man es am besten macht. Ein Lob den tierischen
       > Helfern.
       
   IMG Bild: Redet nicht lang rum, sondern packt an: Biber bei der Arbeit
       
       Die Biber hauen uns raus! Seit Jahren sollte in Tschechien ein Fluss
       renaturiert werden, wofür der Bau eines 1,5 Millionen Euro teuren Damms
       erforderlich gewesen wäre. Ebenso lange diskutieren Behörden, Forstbetriebe
       und Naturschützer über das Projekt, die notwendigen Genehmigungen und die
       Finanzierung.
       
       [1][Der Biber] aber macht nun einen auf Trump, schert sich nicht um
       Dienstwege, Rechtslage und Befindlichkeiten, sondern schafft einfach
       Fakten. Eine Sippe der Supernager hat über Nacht einige Bäume umgelegt,
       ganz ohne die derzeit viel beschworene Kettensäge, und das fragliche Gebiet
       einfach Kraft ihrer Zähne überflutet. Ergebnis: künstlicher Damm
       überflüssig, Gelände renaturiert, Kohle gespart, viele Dienststempel und
       Gerichtsurteile überflüssig. Rabiate Durchsetzungskraft kann auch in die
       richtige Richtung gehen.
       
       Das Treiben des Bibers im Allgemeinen wird vom Menschen häufig mit nagendem
       Misstrauen beäugt. Dabei wirkt er als kostenloser Landschaftsbauservice.
       Früher war er in Mitteleuropa weitgehend ausgerottet, erst durch gezielte
       Ansiedlungen von nachgezüchteten Tieren sowie ungesteuerter Zuwanderung von
       Biberfachkräften aus dem Ausland hat sich inzwischen wieder eine lebhafte
       Population der Nager auch bei uns angesiedelt. Dafür wurde mittlerweile
       sogar [2][der neue Berufsstand des Biberbeauftragten] geschaffen. Für den
       Arbeitsmarkt ist der Nager also auch noch gut.
       
       Vielleicht tut es Not in diesen Zeiten – wo die größten Menschheitsprobleme
       Klima- und Biodiversitätskrise nur am Rande oder gleich gar nicht im
       hiesigen Wahlkampf diskutiert werden und wo das aktuelle US-Regime der
       Natur den offenen Krieg erklärt hat – an die vielen Freiwilligen [3][aus
       dem Tierreich] zu erinnern, die uns im Alltag helfen. Wie beispielsweise
       die Bienen, ohne deren Bestäubungsarbeiten es keine Blumen gäbe und halt
       auch keine Obstbäume. In anderen Teilen der Welt übernehmen allerlei Vögel,
       Fledermäuse, Motten und Mücken klaglos diesen Job für Bananen, Kakao, Öl-
       und Südfrüchte.
       
       ## Nicht nur Biber nehmen der Menschheit Arbeit ab
       
       Das weiß man schon irgendwie noch, auch wenn man nicht den Eindruck hat,
       dass diesem kostenfreien tierischen Support die notwendige Wertschätzung
       entgegengebracht wird. Dass aber [4][Austern selbst das Dreckswasser einer
       Megametropole wie New York mit ihrer Filterleistung säubern] und deshalb
       gerade eine Milliarde der Weichtiere mit der harten Schale vor der
       amerikanischen Ostküste angesiedelt werden, erzählt hoffentlich niemand
       Präsident Trump.
       
       Bei uns ist das Geschrei stets groß, wenn wegen Fledermaus- oder
       Krötenvorkommen Bauprojekte gestoppt werden. Noch größer wäre das Geschrei
       aber sicherlich, wenn die betroffenen Arten in den Streik träten und ihre
       Unterstützung im Bereich der Schädlingsbekämpfung einstellen würden. Schon
       bei uns werden Mücken mitunter zur Plage, in anderen Ländern führt,
       wissenschaftlich gut belegt, das Ausdünnen von Amphibienpopulationen zu
       einem teils dramatischen Anstieg von durch Moskitos und andere Aggressoren
       verursachten Krankheiten wie etwa Malaria.
       
       Dann übernehmen hierzulande Schafe Landschaftspflegearbeiten, für die wir
       sonst Abermillionen aufwenden müssten, weil wir die ursprünglichen
       Dienstleister, wie Ur und Wisent, schon vor Jahrhunderten um die Ecke
       gebracht haben – und ohne sie nun einmal alles zuwuchern würde.
       
       Ohne Regenwürmer, Milben und allerlei anderes Getier, das wir unter dem
       eher undankbaren Titel „Destruenten“ zusammenfassen, gäbe es keinen
       fruchtbaren Boden und kein Wachstum von gar nichts, da könnte [5][die FDP]
       Wirtschaftsförderungsprogramme auflegen, soviel sie wollte.
       
       Und ohne Mistkäfer säßen wir alle buchstäblich ganz tief in der Scheiße.
       Zehn Tonnen Dung produziert eine einzige Weidekuh pro Jahr, und irgendwer
       muss ihn ja wegschaffen. Die Bauern sind’s nicht, so sehr sie auch
       schimpfend auf die Strohballen steigen. Stattdessen schaffen Käfer den
       ganzen Mist beiseite und führen ihn der einzig wahren Disruption zu.
       
       Dafür sollten wir einfach mal Danke sagen – und ihnen ein bisschen zur Hand
       beziehungsweise zum Tarsus gehen, indem wir zumindest den braunen Mist in
       den Parlamenten mal selbst entsorgen. Darüber freuten sich auch unsere
       zahllosen ehrenamtlichen Ökosystemdienstleister mit Fell, Federn, Panzern
       oder Schuppen.
       
       14 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Naturschuetzer-ueber-Biber-im-Oekosystem/!5925830
   DIR [2] https://rp-tuebingen.pageflow.io/biberberater-innen
   DIR [3] /Tiere/!t5014145
   DIR [4] https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/new-york-austern-fuer-die-umwelt-100.html
   DIR [5] /FDP/!t5007464
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heiko Werning
       
       ## TAGS
       
   DIR Tiere
   DIR Bauen
   DIR Arbeit
   DIR Biber
   DIR Anti-Atom-Bewegung
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Europäische Union
   DIR Biber
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wildnis in Deutschland: In Göttingen bauen Biber keine Dämme
       
       Für die einen sind sie eine Plage, aus Sicht der anderen leisten sie
       Naturschutz zum Nulltarif: Die Rückkehr der Biber wird nicht überall
       begrüßt.
       
   DIR Anti-AKW-Aktivist: Axel Mayer befürwortete Atomkraft, dann stoppte er ein AKW
       
       Als Lehrling war er einer der Besetzer der Baustelle im badischen Wyhl.
       Heute ist Axel Mayer 69 Jahre alt und zieht Bilanz, was sich verändert hat.
       
   DIR Europäischer Klimaschutz: Von der Leyen sägt am Green Deal
       
       Die EU-Kommission will Bürokratie abbauen und die Wettbewerbsfähigkeit
       stärken. Politiker und NGOs warnen vor den Folgen für Mensch und Natur.
       
   DIR EU-Kommission kommt Wirtschaft entgegen: Bürokratieabbau wird wichtiger als Klimaschutz
       
       Die EU-Kommission stellt einen Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit vor. Sie
       kündigt den Abbau von Berichtspflichten und Regeln für Unternehmen an.
       
   DIR Folgen des Oder-Hochwassers: Um die 80 Biber geschossen
       
       Biber sind eine geschützte Art. Beim Oder-Hochwasser sahen sich die
       Behörden jedoch gezwungen, etliche Tiere zum Schutz der Deiche zu erlegen.