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       # taz.de -- Überraschung bei Biathlon-WM: Exot auf dem Podest
       
       > Campbell Wright mischt die Biathlonszene auf. Der 22-Jährige gewinnt bei
       > der WM zweimal Silber – als gebürtiger Neuseeländer, der für die USA
       > antritt.
       
   IMG Bild: Raketenhafter Aufstieg: Campbell Wright hat die Fähigkeit, sich völlig zu verausgaben
       
       „USA, USA“ riefen zwei Frauen in Lenzerheide von der Tribüne, als der
       zweimalige WM-Silbergewinner Campbell Wright zu den Interviews eilte. Der
       Sensationsmann schaute irritiert nach oben, dann winkte er kurz zurück.
       Vielleicht lag es daran, dass er sich noch nicht so ganz mit seinem neuen
       „Heimatland“ identifizieren kann. Das 22 Jahre alte Ausnahmetalent ist
       nämlich in Neuseeland aufgewachsen. Geboren ist er [1][in Rotorua,] einem
       weltweit bekannten Touristenort, der vor allem für seine vulkanischen
       Aktivitäten wie Geysire berühmt ist.
       
       Einer von den ganz heißen Tipps im Biathlon-Zirkus ist seit vergangenem
       Wochenende auch Campbell Wright. Sowohl am Samstag im Sprint als auch am
       Sonntag in der Verfolgung wurde er nur von Johannes Thingnes Bö geschlagen.
       Dem Norweger, der mit nunmehr 22 WM-Titeln die wohl größte Legende seines
       Sports aller Zeiten ist und nach dieser Saison zurücktreten wird. Wright
       ist einer der größten Anwärter auf Bös Nachfolge und das ist mit seiner
       Geschichte mehr als ein kleines Wunder.
       
       Biathlon ist in Neuseeland am anderen Ende der Welt noch viel exotischer
       als d[2][er dortige Nationalsport Rugby] in Deutschland. Campbell Wright
       kam in Snow Farm, dem einzigen Skilanglauf-Gebiet in seiner Heimat, zum
       Loipensport. Dort gibt es auch einen kleinen Schießstand. Und so brachte
       ihn der ehemalige italienische Biathlet Luca Bormolini, der in Neuseeland
       eine Zeit lang als Trainer arbeitete, zur rasanten Kombination von
       Skilanglauf und Schießen. Bormolini erkannte das Ausnahmetalent des jungen
       Mannes und brachte ihn schon mit 14 Jahren dazu, zumindest zeitweise zu ihm
       und seiner Frau nach Livigno in Italien zu ziehen.
       
       Campbell vermisste im fernen Europa seine Familie, aber sein Mut zahlte
       sich aus. Er debütierte 2021 im Weltcup, startete als zweiter
       neuseeländischer Biathlet der Geschichte ein Jahr später bei den
       Olympischen Winterspielen in Peking und wurde 2023 Junioren-Weltmeister für
       sein Heimatland. Er war damit der erste Sportler von der Südhalbkugel, der
       jemals eine Medaille bei einem internationalen Biathlon-Wettbewerb gewann.
       „Er war immer der Einzelkämpfer, der Exot aus Neuseeland. Er wusste, dass
       er ein besonderes Talent hat, deshalb stand er irgendwann vor der Frage:
       Kann ich mit einem starken Team mehr erreichen?“, erzählt der [3][deutsche
       Sportdirektor Felix Bitterling.]
       
       ## Außenseiter-Sport in den USA
       
       Praktisch keine Unterstützung von Trainern oder medizinischer Abteilung,
       kein Staffel-Einsatz – das brachte Wright dazu, sich dem US-Team
       anzuschließen. Seine Eltern sind US-Amerikaner, deshalb war sein
       endgültiger Wechsel ins Sternenbanner-Team im Jahr 2023 keine Überraschung
       mehr. Biathlon ist in den Staaten zwar auch ein Außenseiter-Sport, aber
       zumindest gibt es unter dem Südtiroler US-Cheftrainer Armin Auchentaller
       ambitionierte Pläne. Bis 2030 will man eine olympische Medaille gewinnen.
       
       Dank Campbell Wright könnte das schon 2026 bei den Winterspielen in Mailand
       und Cortina gelingen. Zwei WM-Silbermedaillen haben sie jetzt schon und den
       perfekten Werbeträger für die Sportart mit dazu. In Lenzerheide ging der
       telegene Mann nach seinem zweiten Silberlauf in grünen Outdoor-Hosen von
       Interview zu Interview und ließ sich eine Banane schmecken. Die Antworten
       waren so cool wie er selbst. „Holy Shit – ich habe mir gedacht, was
       passiert hier eigentlich? Ich kann ja mit den ganz großen Jungs wie Bö
       mithalten“, erzählte Wright. „Das ist das Beste, was ich je geschafft habe.
       Und wir haben noch nicht einmal WM-Halbzeit“
       
       Für die Experten ist sein raketenartiger Aufstieg keine große Überraschung.
       Wright hat sich in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt an die
       Weltelite herangetastet. Schon zum Weltcup-Auftakt in Finnland verpasste er
       als Sprint-Vierter in Finnland nur knapp einen Podestplatz. „Die beiden
       WM-Medaillen sind eine sensationelle Leistung, aber sportlich keine
       Sensation. Campbell Wright schießt sehr gut und kann läuferisch in den
       dunkelroten Bereich gehen. Er ist ein richtiges Kampfschwein“, sagt
       Bitterling.
       
       Das liegt ganz offenbar in der Familie. Sein vier Jahre älterer Bruder Paul
       ist als Radrennfahrer international unterwegs und hatte großen Einfluss auf
       Campbell Wright. „Mit Blick auf die enormen Anforderungen, denen man sich
       als Radprofi stellen muss, hat er zu mir gesagt: ‚Campbell, du bist
       Biathlet. Du musst nicht hart arbeiten.‘ Ich glaube, er hat voll und ganz
       recht!“ Humor hat er also auch noch.
       
       17 Feb 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Becker
       
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