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       # taz.de -- Berlin statt Baden-Baden: Auf Kriegsfuß mit den ehemaligen Pazifisten
       
       > Unsere Autorin erinnert sich an ihre erste Begegnung mit den Grünen. Sie
       > spielte mit ihrer Band auf ihrer Wahlparty – das kam nicht bei allen gut
       > an.
       
   IMG Bild: 1990 waren sie noch nicht für mehr Rüstungsausgaben: Transparent vom Wahlkampf der Grünen 1990
       
       Am Sonntag wird [1][also gewählt]. Aber dies ist ja eine Lifestyle-Kolumne
       und in einer solchen sollte die Kolumnistin [2][keine Wahlempfehlung]
       abgeben.
       
       Die Reihe heißt aber auch „Aus dem Leben einer Boomerin“, und wenn die Wahl
       nun mal ein wichtiges Thema in diesem Leben ist, muss darüber berichtet
       werden.
       
       Wer Boomerin ist, konnte zwar schon oft wählen, kann sich aber nicht mehr
       an alle Wahlgänge erinnern. Ich war ja als Kind schon links – aber was hab
       ich zum ersten Mal 1980 gewählt? Vielleicht SPD, wegen der „Stoppt Strauß“-
       Kampagne? Oder vielleicht doch diese neue Partei?
       
       Ich muss zu meiner Entschuldigung sagen, dass [3][die Grünen] damals eine
       andere Partei waren: Petra Kelly, gegen Nato-Doppelbeschluss und so. Auf
       der Wahlkampftour „Die grüne Raupe“ hatten Ton Steine Scherben in Karlsruhe
       gespielt!
       
       Leider irren sich Zeitzeugen wie ich immer bei den Jahreszahlen – entweder
       es war die Bundestagswahl 1983 oder die Landtagswahl in Baden-Württemberg
       1984.
       
       Auf jeden Fall waren die Grünen zum ersten Mal irgendwie drin und meine
       junge Band sollte ihren allerersten Auftritt bei der Wahlparty in
       Baden-Baden im alten Bahnhof spielen. Wer uns gefragt hatte, weiß ich nicht
       mehr. Der Empfang vor Ort war nicht besonders herzlich. Wir sahen
       verlottert aus, aber nicht so gepflegt verlottert wie Bürgerkinder.
       
       Außerdem hatten sich zwei Bekannte aus dem Stadtstreicher-Milieu in
       Erwartung von Freigetränken als Roadies aufgedrängt. Nach uns sollte eine
       professionelle Balkankapelle spielen. Wir waren Vorband.
       
       ## Nein. Nein! Geht weg!
       
       Stilistisch waren wir schwer einzuordnen: Die Jungs spielten ewige, vom
       Südstaatenrock inspirierte Gitarrensoli. Und zwischen diesen Soli sang ich
       meine von Fehlfarben und Ton Steine Scherben inspirierten Texte.
       
       Aber in unserer Gegend war sehr, sehr wenig los und die vielen jungen
       Zuschauer forderten nach unserem 15-Minuten-Programm energisch eine Zugabe.
       Die älteren Herren der Hauptband, die hinter der Bühne mit ihren
       Instrumenten warteten, ermunterten uns, noch ein Stück zu spielen – so wie
       es nette, professionelle Bands eben tun.
       
       Wir gingen wieder zur Bühne – aber eine badische Grünenpolitikerin
       verwehrte uns den Zutritt: „Nein. Nein! Geht weg! Warum lasst ihr die Sinti
       und Roma nicht spielen?“
       
       Das Publikum tobte, wir drängten auf die Bühne, die aufgebrachte
       Politikerin baute sich mit erhobenen Armen vor uns auf, gab aber angesichts
       der Lautstärke zweier Marshall-Gitarren-Verstärker-Türme auf.
       
       Wir spielten noch ein Lied, danach fand auch die Balkanband ein
       begeistertes Publikum. Nach dem Auftritt wurden wir von neuen Fans umringt,
       vom grünen Getränkestand allerdings mit Schimpf und Schande verjagt.
       
       Ich war trotzdem sehr glücklich wegen der Hoffnung, dass wir vielleicht
       doch eine Punkband waren. Mein Verhältnis zu den Grünen aber ist seit
       diesem Tag gestört. Kurz darauf zog es mich schließlich nach Berlin.
       
       Die weiteren Achtziger-, Neunziger-, Nuller-, und Zehnerjahre bis heute,
       2025, verbrachte ich dann im schönen Berliner Bezirk Kreuzberg. Dort gab
       und gibt es bis heute dann auch so ab 1990 linke Wahlalternativen.
       
       19 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christiane Rösinger
       
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