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       # taz.de -- Die Wahrheit: Die Höllenidylle von nebenan
       
       > Von Tolstoi zu den „Wicherts von nebenan“ in nur einer Kolumne! Glück ist
       > das Glück des und der das hier Lesenden!
       
       Wie heißt es doch bei Tolstois „Anna Karenina“ und gleich im ersten Satz
       des ersten Teils: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede
       unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Art.“ Abgesehen davon, dass
       ich diesen grandiosen russischen Wälzer mit all seinen Amouren, Tragödien
       und Bizarrerien das erste Mal mit sechzehn und dann mindestens noch zweimal
       am Stück gelesen habe – den Einleitungssatz fand ich nie zutreffend. Da
       würde ich doch gern noch mal mit Lew Tolstoi sprechen.
       
       Denn: Die Definition von Glück, das einem im Leben und auch als Familie,
       der alten Keimzelle, widerfährt, ist manchmal, man denke an raschen
       Geldsegen, wohl recht ähnlich. Doch zu postulieren, dass sich Glücklichsein
       immer und für alle gleich anfühlt, und dann auch noch im Familienverbund
       (Achtung: Aufstellung!) – das halte ich doch für weder wissenschaftlich
       belegbar noch gefühlstechnisch haltbar. Schon gar nicht in der Realität.
       
       Ich erinnere mich an eine vielköpfige Familie aus meiner Kindheit, die so
       unordentlich war, dass einer schon mit Eintritt in die Behausung ein
       Gegenstand auf den Dez fiel. Aber immer lachte jemand. Wahrscheinlich war
       diese Familie glücklich, obwohl sie nie Geld hatte; und die Nachbarfamilie
       wirkte auch glücklich, obwohl dort ein Putzfimmel samt Schäferhund
       grassierte. Ich bleibe bei dem platten Satz: Glück ist nicht gleich Glück,
       wie Unglück, und da hat Tolstoi recht, nicht gleich Unglück ist.
       
       Jahrzehnte später habe ich zur schlichten Beweisführung gegen Tolstois Satz
       die passende Serie konsumiert: „Die glückliche Familie“! Das 52-teilige
       deutsche Familienepos lief ab Ende 1987. Und was soll ich sagen? Die
       „glückliche Familie“ ist natürlich nicht normiert glücklich, sondern es
       geht rauf und runter bei dieser Familie namens Behringer. Wer hätte das
       gedacht?
       
       ## Spot the Woman on the Rad
       
       Die Serie spielt anfangs auch noch an meinem Vorort/Geburtsort. Warum ich
       von den Dreharbeiten im beschaulichen Gräfelfing damals nicht mitbekam,
       kann ich mir bis heute nicht erklären. Die Hütte der Behringers stand und
       steht jedenfalls um die Ecke meines Elternhauses, und einmal, ich schwöre,
       fahre ich in der Serie unfreiwillig mit meinem klapprigen Rad hinten am
       Horizont entlang.
       
       Worauf will ich schon wieder hinaus? Verrate ich gleich, nur soviel noch
       zur Starbesetzung: Maria Schell spielt die Mutter Behringer, zum Schluss
       verstirbt sie, selbstverständlich tragisch. Siegfried „Traumschiff“ Rauch
       gibt den postpotenten Vater, und eine der Töchter mimt Maria Furtwängler.
       Hubert Burda, Furtwänglers Ex, taucht nicht auf in der Serie, dafür immer
       die famose Fränkin Elisabeth Welz als Haushälterin Erna.
       
       Leider habe ich schon alle Folgen durch, jetzt sind „Die Wicherts von
       nebenan“ dran [Irgendwer muss den Schund ja gucken, [1][d. Säzzer]]. Auch
       bei dieser voll durchschnittlichen, voll
       Achtziger-Jahre-Westberliner-Familie gilt: Glück ist nicht gleich Glück. Q.
       e. d.
       
       20 Feb 2025
       
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