# taz.de -- Sozialarbeiter über obdachlose Teenager: „Manche können nicht mit anderen wohnen“
> Das Hilfsangebot für junge Obdachlose hat Lücken, sagt der Hamburger
> Sozialarbeiter Malte Block. Er fordert, das Einzelwohnen ab 14 zu
> ermöglichen.
IMG Bild: Kein Ort, wo Minderjährige sein sollten (und Erwachsene auch nicht): Brücke mit schlafenden Obdachlosen in Hamburg
taz: Herr Block, warum braucht Hamburg Wohnungen für Straßenkinder?
Malte Block: Wir haben eine Lücke im Hilfsangebot für junge Menschen. Der
[1][Kinder- und Jugendnotdienst ist überbelegt]. Es gibt lange Wartezeit
für Plätze in Wohngruppen. Und es gibt junge Menschen, die es nicht
schaffen, unter [2][den dortigen Voraussetzungen] zu leben.
taz: Wieso nicht?
Block: In den Wohngruppen sind acht, neun oder zehn Jugendliche an einem
Ort. Diesen Stress halten viele nicht aus. In kleineren Gruppen zu viert
oder fünft läuft es besser, das sahen wir in der Coronazeit. Aber manche
können gar nicht mit anderen wohnen. Für die ist eine eigene Wohnung die
einzige Lösung.
taz: Darum wollen Sie [3][Einzelwohnen für Jugendliche] einführen?
Block: Dass Jugendliche einzeln in trägereigenen Wohnungen wohnen und
ambulant betreut werden, gibt es schon. Aber mit hohen Hürden. Sie müssen
schon 16 Jahre alt sein und in kürzester Zeit lernen, eigenständig zu
leben. Das ist schwierig.
taz: Das wäre bei der Arbeitsgemeinschaft „Wohnungen für Straßenkinder“
anders?
Block: Dieser Wohnraum wäre eine niedrigschwellige Unterbringung im
Einzel-Setting, bei dem feste Sozialarbeiter 24/7 erreichbar sind. Es wäre
für junge Menschen, die sonst nichts finden. Die ausgegrenzt sind, weil sie
intensive Begleitung benötigen und für manche Prozesse sehr lange brauchen.
Die etwa wegen Drogenproblemen vom System ausgeschlossen sind. Sie haben so
wenig Angebote, dass sie oft bei unserem Träger in der Not-Übernachtung
landen. Die müssen im Notdienst lange, lange verweilen, weil es nichts für
sie gibt.
taz: Bekommen nur Jugendliche, die clean sind, einen Platz?
Block: Es herrscht ein Abstinenzparadigma. Es heißt: Willst du diesen
Wohnraum, musst du dich erst entgiften, dann auf Therapie gehen. Oder du
entgiftest und kommst dann zu uns und lässt dich ambulant begleiten. Das
können viele nicht. Das ist für viele junge Menschen der Weg auf die
Straße.
taz: Und hier gäbe es das nicht?
Block: Es ist etwas Neues für die, die unversorgt bleiben. Für die, die
drehtürartig immer nur kurz in einer Wohngruppe und wieder im Notdienst
sind. Hier sind junge Menschen unterversorgt, die aber einen Rechtsanspruch
darauf haben. Deswegen geben wir von der AG „Wohnraum für Straßenkinder“
den Impuls, etwas Zusätzliches zu schaffen. Dafür brauchen wir aber andere
Träger. Wir brauchen eine Sozialbehörde, die dahinter steht, auch
politisch. Und wir brauchen Jugendämter, die mitziehen.
taz: Sie laden [4][zu einem Fachtag]. Was wird da besprochen?
Block: Wir stellen Trägern, Behörden, Jugendämtern und Fachpublikum
[5][unsere Eckpunkte] vor. Damit wir sagen können, das ist ein
realistisches Angebot für den Bedarf junger Menschen, das wird unterstützt.
taz: Um wie viele Plätze geht es?
Block: Wir besprachen mit der Sozialbehörde, dass wir mit einem Pilot von
zwölf bis 15 Plätzen starten, angeboten von einem oder mehreren Trägern.
Der Bedarf ist höher. Wir brauchen jetzt die Unterstützung der
Wohnungswirtschaft. Unser Vorbild ist die „Werkstatt Solidarität in Essen“
in Nordrhein-Westfalen. Dort stellte die Wohnungswirtschaft mehrere Hundert
Wohnungen.
taz: Gibt es Kritik am Konzept?
Block: Es heißt, man bräuchte eine gewisse Reife, Einzelwohnen sei erst ab
16 möglich. Aber aus Essen wissen wir, dass junge Menschen drei, vier Jahre
brauchen, um sich eine Wohnung anzueignen. Wir möchten 14 und 15-Jährige
davon nicht ausschließen. Sie haben dann Zeit, in ihrer Wohnung die Skills
zu lernen, um darin zu wohnen. 14-Jährige können so vier Jahre trainieren,
die Wohnung zu halten, um sie dann zu übernehmen, 17-Jährige versagen in
dem einen Jahr häufig und sind dann mit 18 obdachlos.
taz: Was sagt das Gesetz dazu?
Block: Die Landesjugendämter haben da Spielraum. Hamburgs Sozialbehörde
prüft das gerade. Die „Werkstatt Solidarität Essen“ hat hier ein Konzept,
das sie Hamburg bereitstellen würde. Und es ist geplant, dass die Behörde
mit uns Essen besucht. Deshalb bin ich zuversichtlich.
19 Feb 2025
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## AUTOREN
DIR Kaija Kutter
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