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       # taz.de -- Sandalen sind kein Kunstwerk: Birkenstocks für alle
       
       > Die Birkenstock-Sandale ist kein Kunstwerk, hat der Bundesgerichtshof
       > festgestellt. Deshalb darf sie nachgeahmt werden. Für Superreiche eine
       > schlechte Nachricht.
       
   IMG Bild: Die Hohe Kunde des kunstvollen ausgelatscht Seins war von je her die Aufgabe der Sandale aus dem Hause Birkenstock
       
       Die Birkenstock-Sandale ist trotz ihres innovativen, wegweisenden Fußbetts
       [1][kein Werk der angewandten Kunst]. Das hat heute der Bundesgerichtshof
       in Karlsruhe entschieden. Aber warum hätte die Sandale überhaupt Kunst sein
       sollen?
       
       Wegen dem ausschließlichen Nutzungsrecht des Schöpfers, das noch 70 Jahre
       nach dessen Tod gilt. Karl Birkenstock, der das tiefgelegte Fußbett mit
       Zehengreifer aus Kork Anfang der 1960er Jahre zunächst als universell
       passende „Schuheinlage ohne Schuh“ entworfen hatte, lebt noch.
       
       Wäre die Sandale ein Kunstwerk, hätte sich [2][Bernard Arnault], dessen
       Luxusimperium LVMH sich Birkenstock 2021 einverleibt hat, noch bis Ende des
       Jahrhunderts an noch fetteren Gewinnen erfreuen können. Wie bei der
       Stofftasche von Dior, die den Konzern in der Produktion 50 Euro kostet, die
       Konsumentin im Laden aber 3.000 Euro, sind auch die Produktionskosten der
       auf [3][Luxus] getrimmten Birkenstocks nicht wesentlich gestiegen. Nur
       liegt der Preis jetzt zwischen 700 und 1.200 Euro.
       
       Auch die ganz Reichen wollen die Sandale. Müssten sie nur 100 Euro
       bezahlen, bestünde die Gefahr, dass der Normalpreis ihnen klarmacht, dass
       sie ganz ungerechtfertigt über viel zu viel Geld verfügen. Dieser Gedanke
       muss gebannt und das Leben deshalb auch für sie teuer sein. Ihre
       Birkenstocks müssen einfach das Hundertfache kosten. Das versteht man
       sofort.
       
       Jeder liebt die Birkenstocks, die heute, nach einigem Auf und Ab in ihrer
       Beliebtheit, so etwas wie die Jeans der Fußbekleidung sind und eines der
       meistkopierten Schuhmodelle der Welt. Viele Menschen können sich aber auch
       die Normalpreis-Originale nicht leisten. Und die sollten nun auf das
       gesunde Fußbett aus leichtem Kork, gehalten von zwei Lederriemen,
       verzichten? Es sei denn, selbst sie entrichteten ihren Obolus an Arnault?
       Wegen der Nutzungsrechte, die LVMH hätte fordern können.
       
       Vor diesem Hintergrund erübrigt sich die Frage: warum könnte die
       Birkenstock-Sandale 50 Jahre nach ihrer Entwicklung nicht doch plötzlich
       ein [4][Kunstwerk] sein?
       
       20 Feb 2025
       
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