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       # taz.de -- Welt-Naturkonferenz: Artenschützer aus der ganzen Welt proben Speeddating in Rom
       
       > In drei Tagen wollen die Vertragsstaaten der Konvention über biologische
       > Vielfalt Lösungen für wichtige Naturschutzprobleme finden. Es geht um
       > Geld.
       
   IMG Bild: Konferenz-Leiterin Susana Muhamad mit Vertretern indigener Gemeinschaften im November in Cali
       
       Bogotá/Berlin taz | Wie finanzieren die Staaten den Schutz der Natur und
       wie überprüfen sie, ob ihre Naturschutzpolitik erfolgreich ist? Ab dem
       heutigen Dienstag haben die Mitgliedsstaaten der UN-Konvention zur
       biologischen Vielfalt drei Tage Zeit, um diese Fragen zu klären. Die
       wesentlichen Beschlüsse dazu haben sie schon im vergangenen Herbst bei
       zweiwöchigen Verhandlungen im kolumbianischen Cali vorbereitet, doch die
       Zeit auf der dortigen Weltnaturkonferenz reichte nicht mehr für formale
       Abschlüsse. [1][Viele Regierungsdelegationen reisten ab, die Verbliebenen
       beschlossen in der letzten Nacht der Konferenz, die Verhandlungen zu
       vertagen]: auf Ende Februar in Rom.
       
       Es geht um viel Geld. Die beteiligten Industrieländer sollten jetzt schon
       jedes Jahr 20 Milliarden US-Dollar (etwa 19 Milliarden Euro) für den Schutz
       der Artenvielfalt bereitstellen, ab 2030 insgesamt 30 Milliarden. Doch
       bislang fließt das Geld nicht.
       
       Immerhin ist die Verhandlungsführung geklärt – und das ist in diesem Fall
       keine Selbstverständlichkeit. Präsidentin dieser Fortsetzung der
       Weltnaturkonferenz bleibt die Kolumbianerin Susana Muhamad. Das ist
       bemerkenswert, da Muhamad gerade als Umweltministerin ihres Landes
       zurückgetreten ist. [2][Hintergrund ist eine umstrittene, live ins
       Fernsehen übertragene Kabinettssitzung von Gustavo Petros linker Regierung
       in Kolumbien, in der Sexismus und Altherrenwitze den Umgang prägten.] 
       
       Auf Anfrage der taz bestätigte Muhamad, dass sie aktuell weiter im Amt sei
       und ein Datum für ihr Ausscheiden noch nicht feststehe. Sie werde als
       Präsidentin der Weltnaturkonferenz in Rom fortführen, was sie in Cali
       begonnen habe. Dort hatte es viel internationales Lob für ihre
       Konferenzleitung gegeben.
       
       Die wichtigsten Themen sind weiterhin: Ressourcen zu mobilisieren und einen
       Finanzierungsmechanismus festzulegen, um die Entwicklungsländer beim
       Naturschutz zu unterstützen und einen Überwachungsrahmen zu schaffen, um
       die Fortschritte bei der Umsetzung der 23 Ziele zu messen, die bis 2030
       erreicht sein sollen. Kolumbien selbst könne aktuell nur 6 von 26 der
       Indikatoren überwachen, die für diese Ziele relevant sind, schreibt das
       Umweltministerium. Das Land wolle daher Methoden und Fähigkeiten
       verbessern.
       
       ## Auch die neue Bundesregierung muss sich an Ziele halten
       
       Umstritten ist bislang allerdings noch der Fonds, aus dem Gewinne aus der
       Nutzung biologischer Vielfalt gerecht verteilt werden sollen. Hierzu werde
       es „eine Ansage geben“, sagte Muhamad der taz. Während viele
       Entwicklungsländer einen neuen Fonds aufsetzen wollen, möchten die
       Industrieländer bestehende Strukturen nutzen. „Bislang gibt es hier noch
       keinen guten Kompromiss“, sagt Katrin Böhning-Gaese, Wissenschaftliche
       Geschäftsführerin des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in
       Leipzig.
       
       Zahlen soll in den Fonds vor allem die Pharmabranche, Biotechnologie und
       Landwirtschaft, die [3][mit genetischen Ressourcen zum Beispiel aus dem
       Amazonas-Gebiet neue Produkte entwickeln] – ohne dass die Herkunftsländer
       und vor allem indigene Gemeinschaften und andere Akteure, die diese
       Lebensräume bewahren, bisher davon profitieren. Für Deutschland wird
       Jan-Niklas Gesenhues (Grüne), Staatssekretär im Bundesumweltministerium, an
       den Verhandlungen teilnehmen.
       
       Das Ministerium hatte in den vergangenen Jahren mit dem Aktionsplan
       Natürlicher Klimaschutz eine sehr ambitionierte Naturschutzpolitik
       begonnen, die aber in wesentlichen Punkten – etwa der Wiedervernässung von
       Mooren – noch nicht ausgestaltet ist. Ob eine neue Bundesregierung die
       Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie umsetzt, die ihre Vorgängerin
       noch Mitte Dezember beschlossen hatte, ist auch nicht absehbar.
       
       ## Großes Risiko für Wachstum
       
       „Die Ziele gelten, an die muss sich auch eine neue, wahrscheinlich
       schwarz-rote Bundesregierung halten“, sagt die Biologin Böhning-Gaese.
       Erstens blamiere sich Deutschland auf internationaler Bühne, wenn es
       Vereinbartes wie das Ziel nicht einhalte, mindestens 30 Prozent der Land-
       und Meeresfläche unter Schutz zu stellen.
       
       Zudem erkenne die Wirtschaft die Naturkrise inzwischen als großes Risiko
       für Wachstum an. „Und nicht zuletzt habe ich oft Minister:innen erlebt,
       die im Amt über sich hinausgewachsen sind“, sagt Böhning-Gaese. Barbara
       Hendricks (SPD) etwa habe sich von einer Quereinsteigerin zu einer
       erfolgreichen Naturschützerin entwickelt, „insofern bin ich erst mal
       optimistisch“.
       
       24 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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