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       # taz.de -- Schlappe der Berliner Grünen: „Der Wind hat sich gedreht“
       
       > Vor allem an die Linke hat die viele Partei Stimmen verloren.
       > Landesvorsitzender Philmon Ghirmai spricht im Interview über mögliche
       > Ursachen.
       
   IMG Bild: Damals noch optimistischer: Philmon Ghirmai auf der Landesdelegiertenkonferenz im November
       
       taz: Herr Ghirmai, die Grünen haben besonders in Berlin stark eingebüßt.
       Woran hat es gelegen? 
       
       Philmon Ghirmai: Wir haben bundesweit in allen Großstädten Verluste
       erlitten, während die Linke hinzugewonnen hat. Das ist keine Berliner
       Besonderheit, sondern auch in Hannover, Köln, Leipzig, Freiburg und
       andernorts zu beobachten. Und ja, wir hatten uns im Bund und im Land mehr
       erhofft. Es war aber insgesamt ein sehr schwieriger Wahlkampf, in den wir
       als Mitglied einer sehr unbeliebten Bundesregierung gestartet sind. Dennoch
       hatten wir ein gutes Momentum zu Beginn, dank der vielen Neumitglieder und
       auch der richtigen Botschaften in puncto Klimaschutz, Investitionen und
       soziale Gerechtigkeit. Infolge des Dammbruchs im Bundestag, als die Union
       willfährig mit der AfD abstimmte, hat sich der Wind aber noch mal gedreht.
       [1][Die Linke hat es am besten verstanden], dem offenkundigen Rechtsruck
       eine klare Botschaft entgegenzustellen, während andere Parteien, da
       schließe ich unsere mit ein, das nicht entsprechend geschafft haben.
       
       taz: In Pankow, Mitte und Tempelhof-Schöneberg konnten die Grünen
       Direktmandate holen. Das sind die Wahlkreise, die dem Realo-Flügel
       zuzuordnen sind. In der linksgrünen Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg ging
       das Mandat an die Linke. Ist das Wahlergebnis eine Niederlage des linken
       Flügels? 
       
       Ghirmai: Diese Erklärung greift zu kurz. Wir haben in
       Friedrichshain-Kreuzberg mit über 30 Prozent das beste Erststimmenergebnis
       in Berlin erzielt, das aber leider aufgrund des Aufwinds, den die Linke
       erfahren hat, nicht für das Direktmandat gereicht hat. Das schmerzt uns
       sehr. Die Stimmenverluste unsererseits und die Stimmenzuwächse der Linken
       sind jedoch stadtweit zu beobachten und deuten auf ein weitergreifendes
       Phänomen hin, das einer genauen Analyse bedarf.
       
       taz: Wie war der Einfluss der Parteispitze rund um Robert Habeck? Sein
       Wahlkampf hat [2][eher die bürgerliche Mitte als linke Berliner:innen
       angesprochen]. 
       
       Ghirmai: Es war folgerichtig, mit Robert Habeck als Spitzenkandidat in die
       Wahl zu gehen, da er viele Jahre für uns in der Partei und in der Regierung
       Verantwortung getragen hat. Er hat einen sehr engagierten Wahlkampf geführt
       und zugleich in seinem Statement nach der Wahl selbstkritisch gesagt, dass
       die Strategie, für die er persönlich stand, nicht aufgegangen ist. Er
       beschönigt das Ergebnis nicht und legt den Finger in die Wunde. Diese
       müssen wir als Partei gemeinsam schließen.
       
       taz: Gibt es Lehren in Hinblick auf die Abgeordnetenhauswahlen 2026? 
       
       Ghirmai: Wir werden uns für die Analyse Zeit nehmen und gemeinsam Schlüsse
       ziehen. Persönlich ist mir wichtig, dass wir Angebote machen, die lebensnah
       sind, auch beim Klimaschutz. Und dass wir drängende Gerechtigkeitsfragen
       thematisieren, wie etwa in der Wohnungspolitik, [3][wo wir zum Beispiel
       einen „Vermieterführerschein“ vorschlagen.] Ich werde mich immer für unsere
       vielfältige Stadt einsetzen. Das Wahlergebnis der in Teilen rechtsextremen
       AfD darf niemals normalisiert werden. Wir werden als Berliner Grüne alles
       dafür tun, dass sich das nicht wiederholt.
       
       24 Feb 2025
       
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