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       # taz.de -- Direktmandate bei der Bundestagswahl: Gewonnen und doch verloren
       
       > Dank Wahlreform gehen einige erfolgreiche Direktkandidat:innen leer
       > aus. Betroffen sind vor allem CDU und CSU in Baden-Württemberg und
       > Bayern.
       
   IMG Bild: Nicht alle Direktkandidat:innen können Jubeln, Wahlparty der CDU in Berlin
       
       23 Direktmandatskandidat:innen haben in ihrem jeweiligen Wahlkreis
       die meisten Stimmen erhalten und werden dennoch nicht in den nächsten
       Bundestag einziehen. Das geht aus dem vorläufigen Endergebnis der
       Bundeswahlleiterin hervor. Betroffen davon ist vor allem die CDU: 15
       Kandidierende gehen leer aus. Bei der AfD sind es vier Kandidierende, bei
       der CSU drei und eine bei der SPD.
       
       Grund ist [1][das neue Wahlrecht]. Hauptbestandteil der von der
       Ampelregierung 2023 durchgesetzten Wahlrechtsreform war die sogenannte
       Zweitstimmendeckung. Das bedeutet, dass nur so viele erfolgreiche
       Direktkandidat:innen in den Bundestag einziehen, wie es das
       Zweitstimmenergebnis der Partei zulässt. Grund der Reform war der Wunsch
       eines kleineren Bundestags, der nun auf 630 Mandate begrenzt ist. Überhang-
       und Ausgleichsmandate wurden damit abgeschafft.
       
       Die CDU in Baden-Württemberg ist von dieser neuen Regelung am stärksten
       betroffen: 35 der 38 Wahlkreise gingen dort über die Erststimme an die CDU,
       aber nur 29 der CDU-Kandidierenden steht ein Sitz im Bundestag zu. Die
       sechs mit den schwächsten Ergebnissen gehen leer aus. Betroffen davon sind
       vor allem städtische Wahlkreise, in denen die CDU im Vergleich zu
       ländlichen Gebieten schwächere Erststimmenergebnisse erzielt. In
       Baden-Württemberg sind das die Wahlkreise Stuttgart II, Tübingen,
       Lörrach-Müllheim, Rhein-Neckar, Heidelberg und Mannheim.
       
       ## Kritik aus der Union
       
       Insbesondere die Union kritisierte im Vorfeld der Wahl das neue Wahlrecht.
       In ihrem Wahlprogramm kündigte sie an, es erneut zu ändern. CDU-Chef
       Friedrich Merz kritisierte am Montag auf einer Pressekonferenz das neue
       Wahlrecht erneut deutlich: „Wenn 23 Wahlkreise Wahlkreisabgeordnete wählen,
       die anschließend nicht in den Deutschen Bundestag kommen, dann ist das ein
       Schaden an unserer Demokratie, und das kann nicht so bleiben.“
       
       Auch die CSU in Bayern ist betroffen: Drei CSU-Politiker:innen können
       aufgrund der fehlenden Zweitstimmendeckung nicht nach Berlin ziehen. Dort
       gehen die städtischen CSU-Wahlkreise Nürnberg-Nord, Augsburg-Stadt und
       München-Süd leer aus.
       
       [2][Im Wahlkreis Bremen I] ging die SPD-Abgeordnete Ulrike Hiller mit 25,2
       Prozent der Erststimmen als Siegerin hervor. Aber auch sie wird kein
       Direktmandat bekommen. Die AfD ist in vier Fällen betroffen.
       
       Vier Wahlkreise sind „verwaist“, sie sind komplett ohne Vertretung, auch
       nicht durch Bundestagsabgeordnete, die über die Landeslisten in den
       Bundestag einziehen. Das sind Darmstadt in Hessen, Lörrach-Müllheim,
       Tübingen und Stuttgart II in Baden-Württemberg.
       
       ## Abseits für Wahlkreissieger:innen
       
       Politikwissenschaftler Robert Vehrkamp, der als Sachverständiger an der
       Wahlrechtsreform beteiligt war, kritisierte kürzlich in der taz, dass sich
       Mythen rund um das neue Wahlrecht verbreitet hätten. Die Behauptung,
       Wahlkreissieger:innen bekämen ihr Mandat nicht, sei falsch.
       
       Die Definition, wer als „Wahlkreissieger“ gelte, sei nun eine andere. „Ich
       vergleiche die neue Zweitstimmendeckung gerne mit der Abseitsregel im
       Fußball: Da zählt ein Tor auch nur, wenn der Torschütze nicht im Abseits
       stand. Die relative Mehrheit der Stimmen im Wahlkreis alleine reicht nicht
       mehr. Um zum Wahlkreissieger gekürt zu werden, braucht es zusätzlich die
       Zweitstimmendeckung“, sagte Vehrkamp. Bürger:innen müssten sich an die
       neue Definition erst gewöhnen, da das alte Wahlrecht noch eingeübt sei.
       
       24 Feb 2025
       
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