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       # taz.de -- Kinotipp der Woche: Surreale Mitschnitte
       
       > Das Wolf Kino lädt zur David Lynch-Werkstatt. Neben mitgebrachten
       > Snippets und gemeinsamer Diskussion läuft der Twin Peaks-Prequel „Fire
       > Walk With Me“.
       
   IMG Bild: Prequel zur Kultserie „Twin Peaks“: David Lynchs „Fire Walk With Me“ von1992
       
       Mitte Januar ist David Lynch, der große Meister des Rätselhaften und
       Versponnenen, gestorben. In zig Nachrufen wurde noch einmal seine Arbeit
       gewürdigt und mit spürbarem Erstaunen auf ein Werk geblickt, das so
       grenzenlos sperrig ist und für nicht wenige noch einmal ganz neu definiert
       hat, was in einem Kinofilm alles möglich ist. Lynch tat ja eigentlich alles
       dafür, dem Status eines Kultregisseurs nicht zu entwachsen, und blieb trotz
       zunehmender Erfolge immer der Typ, der mit diesem wahnwitzig surrealen
       [1][Mitternachtsfilm „Eraserhead“] bekannt wurde.
       
       Trotz und vielleicht auch wegen all den Schrulligkeiten, die er in Szene zu
       setzen wusste, fand er eine Zeit lang ein so großes Publikum, dass er sich
       in Hollywood eigentlich alles erlauben konnte. Er bewies, dass man auch
       ordentlich auf allerlei tradierte Konventionen des Filmemachens pfeifen und
       damit trotzdem die Leute abholen kann.
       
       Und weil das Schaffen Lynchs bleiben wird und [2][Filmgeschichte
       geschrieben hat], würdigt das Wolf Kino nun fast eineinhalb Monate nach
       seinem Tod den Meister noch einmal mit einen ganz persönlichen Hommage. Am
       26. Februar wird dort sein Spielfilm „Fire walk with me“ gezeigt,
       vielleicht nicht unbedingt sein größter Film. Vorab wird es aber noch etwas
       ganz Spezielles geben. Das Wolf hatte auf seiner Homepage Fans und
       Liebhaber dazu aufgerufen, besondere Lynch-Momente einzusenden – von
       Filmschnipseln über Interviews bis zu seinem [3][„Daily Weather Report“] –
       und eine Auswahl davon wird nun auf der großen Leinwand vor dem
       eigentlichen Spielfilm gezeigt.
       
       Es gibt da ja ein paar sehr berühmte Szenen aus Lynchs Ouvre, die es
       vielleicht auch in diese Auswahl geschafft haben. Etwa den irren Moment in
       „Blue Velvet“, in dem Dennis Hopper mit zittrigen Lippen die Schnulze „In
       Dreams“ von Roy Orbison mitmurmelt und ihm der Wahnsinn ins Gesicht
       geschrieben steht. Oder den Vorspann seiner Serie „Twin Peaks“, der mit dem
       Jazz-Noir seines Hauskomponisten Angelo Badalamenti die romantischen Bilder
       aus der amerikanischen Provinz mit transzendenter Unheimlichkeit auflädt
       und damit das Wesen der ganzen Serie perfekt zusammenfasst.
       
       Wer die Serie kennt und vielleicht auch liebt, hat diesen Vorspann bereits
       zig Mal gesehen [4][bzw. gehört], aber man kann eigentlich nie genug von
       ihm bekommen. Das wohlige Gefühl, gleich danach wieder allerlei falsche
       Fährten bei der Suche nach dem Mörder von Laura Palmer gelegt zu bekommen,
       stellt sich immer noch ein, wenn man ihn sieht. Und da „Fire walk with me“
       der Film zur Serie ist, die Anfang der Neunziger alle in ihren Bann zog,
       gibt es genau diesen Vorspann hier auch wieder zu sehen, allerdings nicht
       gleich zu Beginn, sondern erst nach einer guten halben Stunde, wenn die
       Handlung dann endlich in das Kaff Twin Peaks verlegt wird.
       
       „Fire walk with me“ ist ein Prequel zur Serie und zeigt, wie sich Laura
       Palmer sukzessive in einem Strudel aus Drogen, Sex und diffusen Ängsten
       verliert. Als eigenständiger Film für jemanden, der die Serie nicht kennt,
       ist „Fire walk with me“ wahrscheinlich nur bedingt sehenswert. Aber „Twin
       Peaks“-Conaisseure bekommen von David Lynch hier ein paar Hinweise an die
       Hand, die beim Deuten von ein paar Rätseln aus der Serie vielleicht
       hilfreich sein können.
       
       Aber dass Lynch einer war, der alles andere als Filme von der Stange
       gedreht hat, das wird allen klar, die „Fire walk with me“ sehen. Da taucht
       gleich zu Beginn der damalige Popstar und Crooner Chris Isaak in seiner
       Rolle als Agent Chester Desmond auf und man glaubt schon, es mit der
       Hauptfigur des Films zu tun zu haben, bis diese dann auf Nimmerwiedersehen
       einfach verschwindet. Oder die Szene, in der David Bowie persönlich durch
       die Räume schwebt wie eine Fata Morgana und man sich fragt: was war das
       denn jetzt? Das war dann wohl ein Lynch-Moment.
       
       25 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /DVDESK/!574877&s=Eraserhead&SuchRahmen=Print/
   DIR [2] /Dokumentarfilm-im-Kino/!5440602
   DIR [3] https://www.youtube.com/c/davidlynchtheater
   DIR [4] /Nachruf-auf-Saengerin-Julee-Cruise/!5860383
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hartmann
       
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