URI: 
       # taz.de -- Straßenumbenennung in Bremen stockt: Angst vor dem iranischen Regime
       
       > Ein Bremer Stadtteilparlament will einen Platz nach der getöteten
       > Iranerin Jina Mahsa Amini benennen. Aber das Straßenbauamt hat Bedenken.
       
   IMG Bild: Einziger Anlieger des neuen Jina-Mahsa-Amini-Platzes: das Bremer Focke-Museum
       
       Bremen taz | Wer Brücken saniert, Fußgängerüberwege plant und prüft, ob die
       Verkehrssicherungspflicht durch Straßenbegleitgrün im Lichtraumprofil
       beeinträchtigt wird, der entwickelt vermutlich einen besonderen Blick für
       die Gefahren, die allerorten lauern. Und so ist es wohl eine gute
       Nachricht, dass das Bremer Amt für Straßen und Verkehr (ASV) über die
       eigene Bordsteinkante hinausschaut – und sich um weltweite Folgen einer
       kleinen Bremensie sorgt.
       
       Es ist ein wirklich kleiner Platz im gutbürgerlichen Stadtteil
       Schwachhausen, der endlich einen Namen bekommen soll.
       „Jina-Mahsa-Amini-Platz“ soll der Vorplatz des Focke-Museums künftig heißen
       – benannt nach jener Studentin, deren Tod im iranischen Gefängnis 2022 die
       Jin-Jiyan-Azadi-Proteste im Iran ausgelöst hat. Die Idee war von einem
       Bürger gekommen, der einzige Anlieger, das Focke-Museum, zeigte sich
       erfreut, der Beirat, also das Stadtteilparlament, stimmte mehrheitlich zu –
       damit könnte die Sache durch sein.
       
       Einzelne bewegte Bürger*innen meldeten sich schnell mit Kritik am Namen,
       erzählt Beiratssprecherin Gudrun Eickelberg (Grüne). „Die kennt ja keiner“,
       so die Sorge. „Als dann noch das Amt für Straßen und Verkehr mit Auflagen
       ankam, wurde es wirklich komisch.“ Denn das forderte, dass erst das
       Auswärtige Amt gefragt würde. „Solche Probleme hatten wir noch bei keiner
       Benennung“, sagt Eickelberg – auch nicht bei der Einrichtung eines
       Nelson-Mandela-Platzes.
       
       Wer zuständig ist, ist klar: „Der Beirat entscheidet über die Benennung von
       Straßen“ [1][heißt es im Beiräteortsgesetz.] Es ist eines der stärkeren
       Rechte der Bremer Stadtteilparlamente, um nicht zu sagen: So viele andere
       gibt es gar nicht. Deshalb reagiert man auch eher empfindlich auf den
       Versuch der Einmischung. „Wenn wir das so entscheiden, ist das so“, sagt
       Eickelberg.
       
       Schließlich hatte es schon im vergangenen Jahr einzelne Versuche gegeben,
       am Recht der Beiräte zu sägen: Als die [2][geplante Umbenennung der
       Langemarckstraße in Georg-Elser-Allee] für Ärger bei Anwohner*innen
       sorgte, kam die Forderung auf, die Menschen nachträglich über die
       einstimmig beschlossene Umbenennung abstimmen zu lassen. „Aber wenn es
       Mehrheiten von Anwohner*innen braucht, wird [3][niemals eine Straße
       umbenannt“,] kritisiert Eickelberg grundsätzlich.
       
       Eine Anfrage der Linken in der Bürgerschaft ergab am Dienstag, dass vor
       allem Sorge um Aminis Familie hinter dem ASV-Anliegen steckt: Beim
       Auswärtigen Amt sollte um eine Einschätzung gebeten werden, ob der Familie
       durch die Benennung Repressionen durch das Regime drohen könnten, erläutert
       der Staatsrat für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung, Ralph Baumheier.
       
       Nötig sei die Anfrage aber wohl nicht. Schließlich gibt es schon mehrere
       Vorbilder: In Hannover, Frankfurt, Osnabrück und [4][Göttingen wurden schon
       Plätze nach der Studentin] benannt. „Eine besondere Bewertung des
       Auswärtigen Amtes braucht es nicht“, resümiert Baumheier. Das Focke-Museum
       darf eine neue Adresse bekommen.
       
       1 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.transparenz.bremen.de/metainformationen/ortsgesetz-ueber-beiraete-und-ortsaemter-vom-2-februar-2010-252598?asl=bremen203_tpgesetz.c.55340.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d
   DIR [2] /Strassenumbenennung-in-Bremen/!5882164
   DIR [3] https://blogs.taz.de/fremdeln/fremdeln-in-der-schule/
   DIR [4] /!6028296/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
       ## TAGS
       
   DIR Proteste in Iran
   DIR Straßennamen
   DIR Straßenumbenennung
   DIR Bremen
   DIR wochentaz
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Kurden
   DIR Denkhaus Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Weitere Straßen für Helmut Kohl: Muss das sein?
       
       Berlin und Ludwigshafen wollen Straßen nach dem Ex-Kanzler benennen. In
       Berlin trifft es die Hofjägerallee. Dabei gäbe es eine geeignetere Strecke.
       
   DIR Justizmord in Iran: Ohne rechtsstaatliche Standards und unter Folter
       
       Mojahed Kourkour wurde für den Tod eines Jungen bei den „Frau, Leben,
       Freiheit“-Protesten 2022 hingerichtet. Dabei gibt es Beweise für seine
       Unschuld.
       
   DIR Körperstrafe gegen iranischen Sänger: 74 Peitschenhiebe für einen Protestsong
       
       Mehdi Yarrahi unterstützte mit einem Lied die Proteste im Iran gegen das
       Zwangskopftuch. Das Regime bestrafte ihn – wie so viele Künstlerinnen und
       Künstler.
       
   DIR Pressefreiheit und Justiz im Iran: Journalistinnen begnadigt
       
       Niloofar Hamedi und Elahe Mohammadi hatten den Tod der iranischen Kurdin
       Jina Mahsa Amini öffentlich gemacht – und dafür mit langen Haftstrafen
       bezahlt.
       
   DIR Zwei Jahre Frauenproteste im Iran: Im Gedenken an Jina Mahsa Amini
       
       In Iran erinnern mutige Demonstrierende am Jahrestag ihres Todes an die
       durch das Regime umgekommene Kurdin. Das reagiert mit Unterdrückung.
       
   DIR Straßenumbenennung in Bremen: Straße ohne Kriegsverherrlichung
       
       Vor 85 Jahren wurde die Bremer Langemarckstraße von den Nazis nach einem
       militaristischen Mythos benannt. Nun will eine Initiative den Namen ändern.