# taz.de -- Internationales Strafgericht: Freies Geleit für Netanjahu?
> Der kommende Kanzler Friedrich Merz will internationales Recht umgehen
> bei einem Besuch des israelischen Präsidenten in Deutschland.
IMG Bild: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei seinem Besuch des Mahnmals Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Berlin
Freiburg taz | [1][Wahlgewinner Friedrich Merz (CDU)] hat angekündigt, er
werde I[2][sraels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu] nach Deutschland
einladen – und dafür sorgen, dass dieser dabei nicht verhaftet wird.
Rechtlich ist diese Ankündigung irrelevant, denn Merz hat noch kein
Staatsamt inne, formal ist er noch Kanzlerkandidat.
Politisch hat Merz’ Aussage aber Sprengkraft und dürfte die
Koalitionsverhandlungen belasten. Denn der Internationale Strafgerichtshof
(IStGH) hat im November Haftbefehl gegen Netanjahu und Israels
Ex-Verteidigungsminister Yoav Galant erlassen. [3][Es bestehe der Verdacht,
dass die beiden für Kriegsverbrechen] und für Verbrechen gegen die
Menschlichkeit beim Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen verantwortlich
sind. Unter anderem wird ihnen das Aushungern der Zivilbevölkerung
vorgeworfen.
Der Haftbefehl ist für alle 124 Vertragsstaaten des IStGH verbindlich, also
auch für Deutschland. Zwar ist Israel kein Vertragsstaat. Der IstGH ist
aber zuständig, weil Palästina das Römische Statut des Gerichtshofs
ratifiziert hat und die mutmaßlichen Taten auf palästinensischem Boden
verübt wurden.
## Merz will „Mittel und Wege“ finden
Netanjahu hatte Merz nach seinem Wahlsieg angerufen. Dabei habe Merz ihn
eingeladen, verkündete zunächst Netanjahus Büro. Merz bestätigte das am
Montag. Er habe Netanjahu in dem Telefonat zugesagt, dass er für den Fall
eines Besuchs „Mittel und Wege“ finden werde, „dass er Deutschland besuchen
und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen
worden ist“.
Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid deutete an, dass die SPD das
Merz-Manöver nicht mitträgt. „Die Unabhängigkeit des IStGH ist von
zentraler Bedeutung, und wir respektieren seine Verfahrensabläufe sowie die
Entscheidungen seiner Organe. Dies gilt ausnahmslos“, sagte Schmid.
Für die Vollstreckung von Haftbefehlen des Internationalen
Strafgerichtshofs und die Überstellung nach Den Haag ist in Deutschland die
Generalstaatsanwaltschaft im Bundesland der Festnahme zuständig*. Die
Bundesregierung kann einer Landesbehörde keine Vorgaben machen. Nach
Darstellung von Rechtsprofessor Kai Ambos wären Weisungen, den Haftbefehl
zu missachten, auch inhaltlich rechtswidrig.
*Hier stand zunächst, der Generalbundesanwalt in Karlsruhe sei zuständig.
Dies wurde korrigiert.
25 Feb 2025
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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