URI: 
       # taz.de -- Nach Urteil gegen Bosniens Serbenführer: Bosnische Serben legen die Axt an den Frieden
       
       > Ein Gericht in Sarajevo verhängt eine Haftstrafe gegen Serbenführer
       > Dodik. Nun plant er den Ausstieg der Republika Srpska aus Bosnien und
       > Herzegowina.
       
   IMG Bild: Zurück zum Krieg? Abgeriegelte Straße in Banja Luka, Hauptstadt der bosnischen Serbenrepublik, 26. Februar
       
       Split taz | Jetzt endlich sollte Klarheit im Machtkampf zwischen dem
       Präsidenten der serbischen Entität (Republika Srpska) in Bosnien und
       Herzegowina, [1][Milorad Dodik], und dem Hohen Repräsentanten der
       Internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, [2][Christian
       Schmidt], geschaffen werden. Dodik und der Chef des bosnisch-serbischen
       Amtsblattes Milos Lukić standen vor Gericht, weil sie im Jahr 2023 die
       Veröffentlichung von Gesetzen des Hohen Repräsentanten auf dem Gebiet der
       Republika Srpska für ungültig erklärt hatten.
       
       Am Mittwoch fällte der Oberste Gerichtshof in der bosnischen Hauptstadt
       Sarajavo sein Urteil: Dodik wurde schuldig gesprochen und zu einem Jahr
       Gefängnis verurteilt. Für sechs Jahre darf er kein politisches Amt ausüben,
       hat also Berufsverbot.
       
       Dodik und Miloš Lukic erkennen den Obersten Gerichtshof des Gesamtstaates
       Bosnien und Herzegowina aber nicht an. Sie lehnen alle Gesetze und
       Bestimmungen ab, die als Folge des Abkommens von Dayton 1995, das den Krieg
       in Bosnien und Herzegowina beendet hatte, beschlossen wurden.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte für Dodik eine deutlich längere Haftstrafe
       nahe dem gesetzlichen Maximum von sechs Jahren sowie ein zehnjähriges
       Verbot politischer Tätigkeit gefordert. Die gleiche Strafe wurde für Lukić
       beantragt.
       
       ## Kommt jetzt der Anschluss an Serbien?
       
       Dodik und Lukic können nun in die Berufung gehen. Selbst wenn das Urteil in
       zweiter Instanz bestätigt würde, könnte der bosnische Serbenführer die
       Gefängnisstrafe mit einer Zahlung von 36.000 KM (Konvertible Mark),
       umgerechnet rund 17.000 Euro, abgelten, sich also freikaufen. Und da die
       zweite Instanz erst in einigen Monaten urteilen wird, bleibt ihm noch Zeit
       für weitere Maßnahmen.
       
       Im Vorfeld des Urteils hatten Dodiks Anhänger in Banja Luka, der Hauptstadt
       der Republika Srpska, demonstriert. Dodik hatte „radikale Maßnahmen“
       angekündigt. In einem Interview mit Russia Today kündigte er ein Gesetz zum
       Ausstieg aus dem Abkommen über die Streitkräfte von Bosnien und Herzegowina
       an sowie ein Verbot der Tätigkeit der gesamtstaatlichen Polizei und Justiz
       auf bosnisch-serbischem Gebiet.
       
       In einer zweiten Phase, erklärte Dodik nach dem Urteil am Mittwoch in Banja
       Luka, werde die Republika Srpska ganz aus dem Dayton-Friedensabkommen
       aussteigen. Für ihn gebe keine gemeinsame Armee, keine gemeinsame Polizei,
       keinen Nachrichten- und Sicherheitsdienst, kein Gericht Bosnien und
       Herzegowinas, keine Staatsanwaltschaft, kein anderen gemeinsamen Behörden
       mehr.
       
       Damit wäre [3][die Dayton-Friedensregelung für Bosnien und Herzegowina von
       1995], die damals einen Krieg mit mehreren hunderttausend Toten beendete,
       nach dreißig Jahren tot. „Kehren Sie zur Verfassung zurück“, forderte Dodik
       von der Internationalen Gemeinschaft. Er sei davon überzeugt, dass auf
       keiner Seite internationale Streitkräfte eingreifen werden.
       
       Dodik fügte hinzu, er sei für eine friedliche Lösung, die allerdings eine
       Konföderation mit Serbien einschließe. „Wir werden nichts unternehmen, aber
       wenn Phase zwei kommt, werden wir uns direkt als Republika Srpska an
       Serbien wenden und darum bitten, dass ein Abkommen über die Konföderation
       der Republika Srpska und Serbien und später über die Föderation geschlossen
       wird. Außerdem werden wir um ein Abkommen über eine Währungsunion mit
       Serbien bitten, damit wir unser Leben organisieren können und nicht von dem
       Unsinn abhängig sind, den wir in Sarajevo sehen“, sagte Dodik.
       
       Die bosniakische Seite werde das alles nicht hinnehmen, erklärte der
       Verteidigungsminister von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo. Man werde
       alles tun, um diese Pläne zu durchkreuzen.
       
       Die bosnisch-serbische Seite bereitet sich seit Langem auf diese Eskalation
       vor. Vor zwei Jahren bereits führten serbische Extremisten Übungen zur
       Absperrung der Entitätsgrenzen durch. Doch die Loyalität mit Serbien ist in
       der bosnisch-serbischen Bevölkerung am Bröckeln. Serbien hat in den
       vergangenen Monaten [4][massive Proteste] gegen die Regierung erlebt. Dodik
       kann sich nicht auf Massenmobilisierungen verlassen. Bosnien, so scheint
       es, hat erst einmal etwas Zeit gewonnen.
       
       26 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Milorad-Dodik/!t5021748
   DIR [2] /Christian-Schmidt/!t5017860
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Abkommen_von_Dayton
   DIR [4] /Proteste-in-Serbien/!6066152
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
       ## TAGS
       
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Republika Srpska
   DIR Milorad Dodik
   DIR Christian Schmidt
   DIR GNS
   DIR Bosnien-Herzegowina
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Bosnien-Herzegowina
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Bosnien und Herzegowina
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Republika Srpska: EU verstärkt EUFOR-Truppen in Bosnien
       
       Die bosnisch-herzegowinische Entität Republika Srpska erkennt die bosnische
       Polizei und Justiz nicht mehr an. Jetzt wächst auf dem Balkan die
       Kriegsangst.
       
   DIR Pulverfass Bosnien und Herzegowina: Alarm in Sarajevo
       
       Der Präsident der serbischen Teilrepublik Dodik arbeitet an einer Teilung
       des Landes. Schützenhilfe könnte von den „Freunden“ Trump und Putin kommen.
       
   DIR Dubioza Kolektiv aus Sarajevo auf Tour: Bläser gegen Nationalismus
       
       Das Dubioza Kolektiv aus Sarajevo mischt Balkansound mit Latin und Reggae
       auf, seine Texte sind sarkastisch. Jetzt geht es auf Deutschland-Tour.
       
   DIR Wahlgesetze in Bosnien und Herzegowina: Dodik in Bedrängnis
       
       Der Präsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, wollte mit einem
       eigenen Wahlgesetz Fakten schaffen. Jetzt stoppt ihn das
       Verfassungsgericht.
       
   DIR Christian Schmidt über Präsident Dodik: „Es gibt kein Vertrauen der Wähler“
       
       Welchen Einfluss hat die Militärparade in der Republika Srpska, der
       serbischen Entität in Bosnien-Herzegowina, auf EU-Beitrittsverhandlungen?
       Schmidt nennt die rote Linie.