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       # taz.de -- Wie Hamburg sich gern sehen möchte: Im Herzen wild
       
       > Nur wenige Schritte liegen in Hamburg zwischen Shoppingmeile und
       > „No-go-Area für Frauen“. Ein Besuch in zwei Welten, mit denen Wahlkampf
       > gemacht wird.
       
   IMG Bild: Wenn die Geschäfte schließen, ist die glamouröse Mönckebergstraße wie ausgestorben
       
       Hamburg taz | Es kostet nichts, auf das Dach des [1][Jupiter im ehemaligen
       Karstadt-Sport-Haus] zu steigen, auf der runtergerockten Rollschuhbahn zu
       stehen und den Blick schweifen zu lassen: wie ein Stadtrundgang im Stehen.
       Das hier oben ist der wohl schönste Ort in der Hamburger Innenstadt. Er
       liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Hamburger Rathaus auf seinen
       400 Eichenpfählen im Westen und dem Park im Osten, in dem am letzten Tag
       des Ramadans Hunderte Gläubige gemeinsam beten und anschließend auf dem
       Steindamm Zuckerfest feiern. Ein bisschen zugig zwar hier oben, aber so
       weit hinauf geht es in dieser Gegend sonst nirgends einfach so.
       
       Die Alster ruht still da unten, die vielen Kirchtürme ringsherum piksen in
       den knallblauen Februarhimmel, unten zieht an diesem Mittwochvormittag
       gerade eine lange Verdi-Demo vorbei und verschwindet die Mönckebergstraße
       hinunter Richtung Rathaus. Da hinten an den Elbbrücken steht die Bauruine
       des Elbtowers, der mal das dritthöchste Hochhaus in Deutschland werden
       sollte. Und nun ist [2][der unvollendete Turm] das Vermächtnis von
       Ex-Bürgermeister Olaf Scholz, der gegen alle Widerstände diesen 245 Meter
       hohen Entwurf durchdrückte, Investor war der früher schillernde und heute
       insolvente Immobilienunternehmer René Benko. Scholz entschwand dann nach
       Berlin, um Kanzler zu werden. Das ist ja nun auch passé. Von hier oben
       betrachtet sieht der 100 Meter hohe Rohbau eigentlich ganz apart aus, wie
       ein riesiger Skischuh.
       
       Neben dem Jupiter liegt [3][der Hamburger Hauptbahnhof]. Wer hier aus der
       Bahn steigt – und das tun jeden Tag mehr als 500.000 Reisende – hat die
       Wahl zwischen zwei Welten, die hier nur wenige Schritte voneinander
       entfernt liegen. Im Westen: die Visitenkarte der Stadt. Die
       Mönckebergstraße, das Sinnbild der Innenstadt, deren Wohl Bürgermeister
       Peter Tschentscher (SPD) vor drei Jahren, als die Pandemie sich dem Ende
       zuneigte, zur Chefsache erklärte. Dieser „Boulevard der Einkaufsträume“,
       diese „Prachtstraße, die den Stolz und die wirtschaftliche Macht der
       Hansestadt“ repräsentiert, schwärmt das Stadtmarketing-Unternehmen „Hamburg
       Tourismus“. Die wohl bekannteste Straße der Stadt. Also klar, abgesehen von
       der Reeperbahn.
       
       ## „Boulevard der Einkaufsträume“
       
       Wer Hamburg besucht, kommt in die Mönckebergstraße. Wer Socken, eine
       Bratwurst vom „Mö Grill“ oder eine neue Uhr will, der kommt hierher. Es
       gibt in der Innenstadt Decathlon, H&M, Weekend, Karstadt, ein Restaurant
       des Fernsehkochs Steffen Henssler, einen Edeka-Markt, der viele abgepackte
       Salate anbietet, McDonalds und Starbucks – und viele Tourist*innen, die
       hier erstaunlich oft noch an einem Stadtplan in der Hand zu erkennen sind.
       Es gibt hier, was es halt so gibt, in diesen Einkaufsmeilen der großen
       deutschen Städte. Hamburg bildet da keine Ausnahme. Trotzdem oder deswegen
       ist die Mönckebergstraße eine der am meisten frequentierten deutschen
       Einkaufsstraßen.
       
       Auf der anderen Seite des Bahnhofs wartet der wilde Osten. Wild jedenfalls
       für eine Stadt wie Hamburg, in der man es mag, wenn alles an seinem Platz
       ist. In der man immer noch am liebsten die SPD wählt, in der es sauber und
       ordentlich ist, und wenn es das mal nicht ist, wie im Osten des
       Hauptbahnhofs, wo sich auf der Wiese vor der [4][Drogenhilfseinrichtung
       Drob Inn] Tag für Tag Dutzende Abhängige aufhalten, dann stellt man eben
       [5][einen Sichtschutzzaun] auf. Ein bisschen wie die Teppichkante, unter
       die man Unliebsames kehrt.
       
       Unweit des Drob Inns beginnt der Steindamm – beinahe schnurgerade
       stadtauswärts verläuft er. Hier gibt es insgesamt elf Moscheen, türkische,
       arabische und westafrikanische Gemeinden. Das Bild auf der Straße ist
       entsprechend divers. So kurz vor den Bürgerschaftswahlen am Sonntag hängen
       auch hier die Bäume und Laternenpfähle auf dem Steindamm voller Wahlwerbung
       – vor allem Plakate für die SPD und für Dava-Hamburg. Die „Demokratische
       Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ [6][wurde Anfang 2024 gegründet] und
       richtet sich, so beschreiben sie sich selbst, insbesondere an Menschen mit
       Migrationshintergrund. Zum ersten Mal traten sie bei der Europawahl 2024 zu
       einer Wahl an. Eine ihrer Kandidatinnen für die [7][Hamburger
       Bürgerschaftswahl] hier im Bezirk heißt Dounia El Korchi-Buchert, sie
       schaut mit einem Federhut von den Plakaten. Ein paar FDP-Plakate haben sich
       auch auf den Steindamm verirrt, der Slogan: „Timo Fischer macht das“. Hier
       wird der Jürgen-Klopp-artig grinsende Timo es vermutlich eher nicht machen.
       CDU-Plakate? Keins zu sehen.
       
       „Die Straße schläft niemals und ist wie ein Kurzurlaub in eine andere
       Welt“, so beschreibt „Hamburg Tourismus“ den Steindamm. Dann ist noch von
       afrikanischen Gemüsehändlern und lockenden Steinkohlegrills die Rede. Der
       CDU-Spitzenkandidat für die Hamburger Bürgerschaftswahl, Dennis Thering,
       sagt über den Steindamm: Das sei eine „No-go-Area – vor allem für Frauen“.
       
       Eine Frau, die hier seit 30 Jahren fast jeden Tag zwei- bis dreimal
       unterwegs ist, ist Stefanie Grabatsch. Die 59-Jährige ist Projektleiterin
       der städtischen [8][Beratungsstelle „Basis-Projekt“], die sich seit 1986 um
       männliche Sexarbeitende und ihre Kunden kümmert, es geht um
       Gesundheitsprävention. Die Beratungsstelle ist in einer Nebenstraße direkt
       am Steindamm, rot-weißes Haus, vier Regenbogenflaggen wehen weithin
       sichtbar an der Fassade. „Ich bin ein Fan vom Steindamm“, sagt Grabatsch.
       „Unsicher habe ich mich hier noch nie gefühlt, und mir ist auch noch nie
       etwas passiert.“ Sie wohnt nur nicht hier im Viertel, weil sie Arbeit und
       Privates trennen will. „Klar, es gibt auch viel Elend auf dem Steindamm“,
       sagt die Sozialarbeiterin. Und sie sei sicher auch etwas abgehärtet, aber
       der Steindamm sei keine No-go-Area.
       
       Wenn sie Besuch von außerhalb bekommt, dann nimmt sie den immer mit auf den
       Steindamm. „Wir starten meistens am Rathaus und laufen die Mönckebergstraße
       hoch und dann über den Steindamm, der Kontrast ist schon beeindruckend für
       Leute, die das zum ersten Mal sehen“, sagt Grabatsch. Aber auch und gerade
       abends fühle sie sich hier sicherer als auf der dann leergefegten
       Mönckebergstraße. Dort sind nach 20 Uhr nämlich schlagartig kaum noch
       Menschen unterwegs. Geschäfte zu, Leute weg, so einfach ist das. Hier wohnt
       kaum wer. Auf dem Steindamm hingegen wird gewohnt, und die Bürgersteige
       werden nicht hochgeklappt. Nicht zuletzt gibt es neben den vielen
       Restaurants ja auch ein recht luxuriöses Kino, [9][das Savoy], in dem die
       Sitze so breit sind, das man sich auf keinen Fall mit den Ellbogen ins
       Gehege kommt, das Hansa Theater, die kleine Bühne Centralkomitee.
       
       Jeden Tag sind auf dem Steindamm im Schnitt 50.000 Menschen unterwegs. Nur
       gibt es hier eben nicht Edeka, sondern den Persepolis-Supermarkt.
       Klassische Innenstadtketten wie H&M sucht man vergebens, hier reihen sich
       Sönmez Markt, Aladin Center und der Herrenfriseur Balkan Berber aneinander.
       Wer türkische Teegläser, goldfarbene Bonbondosen mit verschnörkeltem Deckel
       aus Plastik, Nüsse aller Arten, Simit, eine Apotheke, in der zehn Sprachen
       gesprochen werden, Kopftücher oder Wasserpfeifen sucht, wird auf jeden Fall
       fündig.
       
       „Hier kommen viele zum Einkaufen her, vor allem freitags und samstags
       erledigen Familien ihre Wocheneinkäufe, flanieren den Steindamm rauf und
       runter, gehen essen“, sagt Grabatsch. Sie selber macht das auch so, vor
       allem Obst und Gemüse gibt hier frisch und so günstig wie sonst kaum
       woanders in der Stadt. „Der Steindamm wird einfach auch von anderen
       Menschen genutzt als die Mönckebergstraße, das sollte man aber nicht als
       Problem definieren,“ sagt Grabatsch. So ein Ort werde ja auch von der
       Sichtweise auf ihn geprägt. „Der Steindamm muss einfach mal positiv bemerkt
       und bewertet werden.“
       
       ## Sich ein Bild machen, von dieser „No-go-Area“
       
       Vor ein paar Wochen war Dennis Gladiator, CDU-Innenpolitiker und Mitglied
       der Bürgerschaft aus dem Bezirk Bergedorf, also am Stadtrand, mit Kollegen
       aus der Fraktion hier unterwegs. Sie wollten sich ein Bild machen, von
       dieser „No-go-Area“, waren am Hauptbahnhof, an der Drogenhilfseinrichtung
       Drob Inn, auf dem Steindamm, der immer wieder für Schlagzeilen sorgt.
       
       „Deutschlands härteste Straße“ titelt die Bild über den Steindamm. „Frauen
       und Kinder können hier nicht mehr raus, Leute, die in den umliegenden Büros
       arbeiten, trauen sich nicht raus, um Mittagessen zu gehen“, erklärt
       Gladiator, wie sein Parteichef Dennis Thering zu der Einschätzung kommt,
       der Steindamm sei eine „No-go-Area“. Das werde der CDU aus dem Viertel
       rückgemeldet. „Ansässige Gewerbetreibende klagen über Verwahrlosung und
       ausbleibende Kundschaft, Anwohner beschweren sich über Drogenabhängige und
       entsprechende Straftaten, verübt aus dem Umfeld des Drob Inn.“
       
       Gerade hat sich wieder eine neue Bürgerinitiative in St. Georg gegründet,
       die unter anderem Unterschriften für ein „Alkoholkonsumverbot auf dem
       Hansaplatz und drumherum!“ sammelt. Zum Drumherum gehört auch der
       Steindamm.
       
       Gladiator sagt, man müsse am Steindamm eine „bessere Durchmischung“
       hinbekommen, dann würde sich „das Problem“ von allein entschärfen. Dass der
       Steindamm migrantisch geprägt ist, sei aber nicht das Problem, sagt
       Gladiator. „Die ganze Gegend muss belebt werden, aber die freie Wirtschaft
       findet den Standort bisher unattraktiv, hier müsste die Stadt vorangehen.“
       Und er hat einen Vorschlag: „Statt für teuer Geld eine Behörde in den
       Tanzenden Türmen an der Hamburger Reeperbahn zu beziehen, sollte die Stadt
       sich am Steindamm einmieten.“
       
       Wahr ist: Zwischen den Welten dies- und jenseits des Hauptbahnhofes gibt es
       wenig Berührungspunkte. Der Steindamm gehört nicht mal offiziell zur
       Innenstadt, obwohl er eine der zentralsten Straßen der Stadt ist. Entweder
       man ist hier oder da, Ost oder West, Team Steindamm oder Team
       Mönckebergstraße. Vor knapp drei Jahren aber, da hatte es zuletzt einen
       Moment gegeben, in dem die beiden Straßen miteinander hätten verbunden
       werden können. Gedanklich, gefühlt, vielleicht sogar baulich. Und zwar auf
       dem Schreibtisch von Elke Pahl-Weber.
       
       Peter Tschentscher, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
       auch nach der Bürgerschaftswahl am Sonntag Bürgermeister sein wird, hatte
       die Innenstadt zur Chefsache erklärt, extra den Posten einer
       Innenstadtkoordinatorin geschaffen und dafür die Stadtplanerin Pahl-Weber
       zurück nach Hamburg geholt. Im Juni 2022 war das.
       
       Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte gerade [10][vor der
       bevorstehenden Corona-Sommerwelle gewarnt] und zum freiwilligen
       Maskentragen in Innenräumen aufgerufen, die ewig oppositionelle CDU hatte
       gemurrt, dass sich niemand zum Anwalt der Innenstadt mache, es aber nach
       der Pandemie dringend einen Neustart brauche, um etwas gegen den Leerstand
       zu unternehmen und um die darbenden Geschäftsleute zu retten.
       Pop-up-Events, Pflanzkübel, ein neues Beleuchtungskonzept und Sitzbänke,
       Bäume, Laterne-Laufen, ein schwimmender Ponton auf der Alster, egal!
       Hauptsache, es bringt die Leute zurück in die Stadt. Dazu muss man wissen:
       Wer in Hamburg „in die Stadt“ geht, meint in der Regel die Mönckebergstraße
       und ihr drumherum.
       
       ## Anwältin der Innenstadt
       
       Pahl-Weber wurde nun also diese Anwältin der Innenstadt, sollte mit den
       Beteiligten vor Ort sprechen, vernetzen, beraten, vermitteln, koordinieren,
       zusammenführen, beleben. Und eigentlich sollte der Steindamm auch zu ihrem
       Verantwortungsbereich, also zur „Stadt“, gehören. So erzählt es die 1952 in
       Hamburg geborene Pahl-Weber selbst, die Professorin am Institut für Stadt-
       und Regionalplanung der TU Berlin war, zu Megacitys und nachhaltiger
       Stadtentwicklung geforscht hat und Anfang der 1990er, als in Hamburg zum
       ersten Mal eine Senatorin gleichfalls für Frauen und Stadtentwicklung
       verantwortlich war, ein Gutachten im Auftrag der Stadt verfasst hat:
       „Bausteine für eine Stadt der Frauen. Visionen für Hamburg“. Eins der
       vordringlichsten Themen war damals die Sicherheit von Frauen in der Stadt.
       Jetzt sitzt sie mit ihrem siebenköpfigen Team, das sich knapp drei Stellen
       teilt, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt in einem minimalistisch
       schicken Raum mit Glaswänden an zwei Seiten.
       
       Vorher war hier eine Boutique. 350.000 Euro später ist es Büro und
       Ausstellungsfläche, mit Betonfußboden, Teeküche, hellen Holzregalen und
       großem Tisch mit einer Glasplatte, die aus der Boutique herübergerettet
       worden ist – ein „Raum zum Stattfinden“. So steht es draußen auf einem
       gelben Zettel an der Glastür. Besucher*innen können hereinspazieren und
       sich informieren, können sich eine Karte von der Innenstadt mit verschieden
       farbigen Bereichen angucken. Auf den ersten Blick sieht die Karte aus wie
       ein stilisiertes Herz – mit Elbe und Alster als Venen und Arterien.
       
       Als sie ihren Job anfing, definierte sie erst mal gemeinsam mit der
       damaligen Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), was
       überhaupt dazugehört, zur Innenstadt. Nicht unwichtig, denn immerhin, so
       formuliert es Pahl-Weber: „Das Herz der Stadt schlägt in der Innenstadt.“
       
       [11][Münzviertel]? Das winzige Quartier direkt hinter der Zentralbibliothek
       der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen in unmittelbarer Hauptbahnhofsnähe
       gehört noch dazu. Oberhafenquartier? Gehört zur Hafencity, ist also auch
       dabei. Aber beim Steindamm war dann Schluss. Den haben sie, so erzählt
       Pahl-Weber es, explizit ausgeklammert, „da dieser eindeutig nicht mehr zur
       Hamburger Innenstadt gehört“.
       
       Ob es nicht eine Chance gewesen wäre, die Mönckebergstraße und den
       Steindamm näher zusammenrücken zu lassen? Das Wegweisersystem, das in ihrer
       Amtszeit für die Innenstadt entstanden ist, dorthin auszuweiten zum
       Beispiel? Immerhin ist es, so formuliert es die Stadt, ein zentrales
       Anliegen, in der Innenstadt „Wegeverbindungen attraktiver zu gestalten und
       Freiräume zu Orten der Begegnung werden zu lassen, in denen sich die
       Menschen gern aufhalten“.
       
       Pahl-Weber hat dafür durchaus Sympathien, sagt sie. „Ich war früher selber
       oft auf dem Steindamm, im Hansa-Theater und dann noch was essen.“ Das
       letzte Mal war sie dort wohl so vor einem Jahr. Aber, ergänzt sie, in den
       drei Jahren, die sie hier fast schon im Amt ist, hat sich auch noch niemand
       vom Steindamm mit einer Frage, einer Idee, einem Projekt oder dem Wunsch
       nach Beratung bei ihr gemeldet.
       
       Pahl-Webers erster Schreibtisch als Innenstadtkoordinatorin stand noch im
       ehemaligen Karstadt-Sport-Gebäude, dem Haus mit der famosen Aussicht. Sie
       nennt es das „Eingangstor zur Mönckebergstraße“. Kurz nachdem sie ihren Job
       hier im Juni 2022 antrat, waren Finanzsenator Andreas Dressel und
       Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD) dort gemeinsam vor die Presse
       getreten [12][und hatten verkündet], dass die städtische Hamburg Kreativ
       Gesellschaft (HKG) das rund 8.000 Quadratmeter große Gebäude übernehmen und
       „es für kreative Zwischennutzungen“ öffnen wird. Der Name des Projekts ist
       „Jupiter“, was eine Antwort auf den gegenüberliegenden Elektromarkt Saturn
       sein sollte, der jetzt aber leider Media-Markt heißt.
       
       ## „Jupiter“ nun etwas bezugslos
       
       Heute steht der Name „Jupiter“ also etwas bezugslos weithin sichtbar an der
       Glasfassade des Gebäudes. Kulturinstitutionen, auch Firmen, mieten sich im
       Rahmen des Projekts „Frei_Fläche“ dort ein, eröffnen temporäre Ateliers und
       Ausstellungsflächen, Co-Working-Spaces oder Produktionsorte. Miete zahlt
       die HKG keine, nur die Leerstands-, also die laufenden Nebenkosten. Den
       kreativen Mieterinnen und Mietern werden die Flächen für 1,50 Euro pro
       Quadratmeter zur Verfügung gestellt.
       
       Das Jupiter ist im Prinzip das eine verbindende Element zwischen
       Mönckebergstraße und Steindamm. Könnte es sein. Ein freier Ort irgendwie.
       Auf dem Dach steht ein Wegweiser: „Mittelmeer 1.864 km, tödlichste Grenze
       der Welt“, im Erdgeschoss vertrödeln Durchreisende Zeit bis zu ihrem
       nächsten Zug, Wohnungslose unterhalten sich mit dem Sicherheitsmann, der
       direkt hinter der Eingangstür sitzt und können sich aufwärmen. Niemand muss
       einen Kaffee in der kleinen Bar bestellen, man kann einfach bloß sitzen und
       aus dem Fenster schauen. Auf einer gerade ungenutzten Freifläche trainieren
       junge Frauen eine Tanzchoreografie ein, die Fensterfront ist ihr Spiegel.
       Hier ist genug Platz für so etwas.
       
       Noch ist unklar, wie lange es den Jupiter noch geben wird. Klar ist aber:
       Es wird wieder ein richtiger Mieter einziehen, einer, der tief in die
       Tasche greift für diese Immobilie in Premium-Innenstadtlage.
       
       Noch kann man aber einfach so hoch oben auf dem Dach stehen und den
       Verdi-Leuten auf die Köpfe gucken, die von ihrer Demo zurücktröpfeln – und
       an den vielen SPD-Wahlplakaten vorbeilaufen. An manchen Bäumen hängt der
       Bürgermeister gleich zweimal übereinander. CDU-Plakate? Auch auf dieser
       Seite der Stadt kaum zu finden.
       
       2 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kreative-Zwischennutzung/!5929972
   DIR [2] /Elbtower-in-Hamburg/!6052737
   DIR [3] /Innere-Sicherheit-im-Hamburger-Wahlkampf/!6069618
   DIR [4] /Unerwuenschte-Klientel/!5960136
   DIR [5] /Hamburger-Hauptbahnhof/!5990597
   DIR [6] /Ueber-neue-Partei-Dava/!5989300
   DIR [7] /Wahl-in-Hamburg-2025/!t5015647
   DIR [8] /Ausstieg-aus-der-Prostitution/!5901287
   DIR [9] /Lichtspielhaus-als-Ueberlebenskuenstler/!5387420
   DIR [10] /Nachrichten-zur-Coronakrise/!5839542
   DIR [11] /Muenzviertel/!t5203496
   DIR [12] /Ein-Kaufhaus-fuer-Hamburgs-Kreative/!5861820
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilka Kreutzträger
   DIR Miguel Ferraz
       
       ## TAGS
       
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