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       # taz.de -- Lange Regierungsbildung: Österreich bekommt Dreierkoalition
       
       > Nach fünf Monaten politischen Vakuums steht nun Österreichs Regierung.
       > ÖVP, SPÖ und Neos haben das Regierungsprogramm bekanntgegeben.
       
   IMG Bild: Neuer Rekord gebrochen: Mehr als 150 Tage warteten Österreicher auf eine neue Regierung
       
       Wien taz | Nach fünf Monaten und mehreren gescheiterten Versuchen hat sich
       nun doch [1][eine Koalition für Österreichs] neue Bundesregierung gefunden:
       Die Konservativen (ÖVP), die Sozialdemokraten (SPÖ) und die Liberalen
       (Neos) haben sich im zweiten Anlauf geeinigt. Zuvor waren [2][Verhandlungen
       zwischen ÖVP und der rechtsradikalen FPÖ, die die Wahl vom September
       gewonnen hatte, gescheitert.] Noch vor der Vereidigung, die planmäßig
       kommenden Montag stattfindet, stellten die drei künftig regierenden
       Parteichefs am Donnerstag ihr Programm vor.
       
       Bevor es dazu kommt, müssen jedoch noch die jeweiligen Parteigremien ihren
       Segen geben. Spannend wird das vor allem bei den Neos, wo am Sonntag alle
       mehr als 3.000 Parteimitglieder über das Regierungsprogramm abstimmen
       können. Notwendig ist laut Parteistatut eine Zweidrittelmehrheit.
       Neos-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger gab sich, wie ihre Kollegen
       von ÖVP und SPÖ, diesbezüglich optimistisch. Die Frage, was im Fall einer
       Ablehnung der Neos-Basis passiert, beantworteten die Parteichefs nicht.
       Klar ist: Konservative und Sozialdemokraten hätten auch ohne Neos eine
       hauchdünne parlamentarische Mehrheit.
       
       Das neue Regierungsprogramm, mehr als 200 Seiten stark, trägt den Titel
       „Jetzt das Richtige tun. Für [3][Österreich]“. Geplant ist vor allem die
       Sanierung des Budgets, denn Österreich ist rekordverschuldet. Aus diesem
       Grund gibt es derzeit nur ein verbindliches Programm für 2025 und 2026.
       Geplante Reformen danach stehen vielfach „unter Budgetvorbehalt“. Dazu
       zählen etwa Änderungen im Rentensystem: Neben einem Steigern des faktischen
       Pensionsantrittsalters Richtung 65 Jahre – wie schon derzeit vorgesehen,
       aber nicht erreicht – soll es auch attraktiver werden, darüber hinaus zu
       arbeiten.
       
       Die Sozialhilfe, je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt, soll
       künftig vereinheitlicht werden. Die Bankenabgabe soll, einer
       SPÖ-Kernforderung entsprechend, deutlich erhöht werden. Der Familiennachzug
       von Asylberechtigten soll bis auf Weiteres gestoppt werden, außerdem soll
       es ein „Integrationsprogramm“ für Vertriebene, Schutzberechtigte und
       Asylwerber „ab Tag eins“ geben.
       
       ## Koalition will Justiz reformieren
       
       Die neue Regierung hält zudem am Ziel der Klimaneutralität bis 2040 sowie
       am Ausbau der Erneuerbaren, zuletzt von Schwarz-Grün vorangetrieben, fest.
       
       Eine wichtige Reform betrifft die österreichische Justiz: An der Spitze der
       Staatsanwaltschaften soll ein unabhängiger und weisungsungebundener
       Bundesstaatsanwalt stehen. Politischer Einfluss, in der Vergangenheit immer
       wieder ein Problem, soll somit unterbunden werden. Außenpolitisch sind
       keine großen Änderungen geplant. Österreich bekennt sich weiterhin zu einer
       aktiven Rolle in der EU.
       
       Die Teilnahme am gemeinsamen Rüstungsprojekt SkyShield soll fortgesetzt
       werden, ebenso die (nichtmilitärische) finanzielle Unterstützung der
       Ukraine. Ein Hinterfragen der österreichischen Neutralität, wie von den
       Neos im Wahlkampf vehement eingefordert, gibt es weiterhin nicht. SPÖ und
       ÖVP wollen daran unbedingt festhalten.
       
       Die Aufteilung der neuen Posten entspricht weitgehend dem Wahlergebnis: Die
       ÖVP stellt Bundeskanzler sowie vier Minister, darunter Innen- und
       Verteidigungsministerium. Die SPÖ wird künftig unter anderem das Sozial-
       und das gewichtige Finanzministerium anführen. Neos übernehmen die Ressorts
       Bildung und Außen und decken damit zwei ihrer Kernthemen ab.
       
       ## Vereidigung am Montag möglich
       
       Sofern es innerhalb der Parteien zu positiven Abstimmungen kommt, könnte
       Bundespräsident Alexander Van der Bellen bereits am Montag die neue
       Regierung vereidigen. Es ist höchste Zeit: Schon jetzt handelt es sich mit
       mehr als 150 Tagen um die längste Regierungsbildung, die es je in
       Österreich gab.
       
       27 Feb 2025
       
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