URI: 
       # taz.de -- Nach dem Anschlag in Schweden: Wirklich keine Hinweise auf ein ideologisches Motiv?
       
       > Der Name des Täters von Örebro steht fest, die Debatte um sein Motiv
       > läuft weiter. Viele Menschen fühlen sich mit ihrer Angst allein gelassen.
       
   IMG Bild: Stilles Trauern für die Opfer von Örebro
       
       Härnösand taz | Am Dienstag soll Schweden innehalten. Eine Schweigeminute
       um 12 Uhr, um die Opfer zu ehren: Dazu hat die Regierung alle Menschen im
       Land aufgefordert. Eine Woche zuvor waren [1][sieben Frauen und drei Männer
       in einem Zentrum für Erwachsenenbildung in Örebro erschossen] worden.
       
       Es dauerte Tage, bis alle Toten identifiziert waren. Dann war klar: Der
       Täter hatte Menschen unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Bosnien und
       Eritrea getötet. Mehrere machten am Campus Risbergska eine
       Pflegeassistenzausbildung. Einer ließ sich als Raumpfleger ausbilden. Ein
       48-jähriger Mann aus Syrien wollte in einem Sprachkurs sein Schwedisch
       verbessern.
       
       Dessen Sohn gehört zu denjenigen, die überzeugt davon sind, dass es nicht
       zufällig diese Menschen getroffen hat. „Jahre mit einwanderungsfeindlicher
       Rhetorik“ hätten zu der Tat beigetragen, sagte der Sohn des ermordeten
       48-jährigen Syrers gegenüber Dagens Nyheter. Diese Rhetorik könne Menschen,
       ob psychisch gesund oder krank, dazu ermuntern, Einwanderer anzugreifen. Er
       ist nicht der einzige, der die Politiker in Schweden mitverantwortlich
       macht.
       
       [2][Die Polizei sagt, dass das Motiv des Täters weiterhin unklar sei und
       vielleicht nie klar werden würde.] Hinweise auf ein „ideologisches Motiv“
       gebe es bislang keine. Doch von Rassismus betroffene Menschen in Schweden
       äußern sich beunruhigt und wütend – sodass die Regierung darüber nicht
       hinwegsehen konnte.
       
       „Der 4. Februar 2025 wird für immer ein dunkler Tag in der schwedischen
       Geschichte sein“, sagte der schwedische Premierminister Ulf Kristersson bei
       einer Rede an die Nation am Sonntagabend. Er verstehe, dass die Tat auch
       ohne erwiesenes Motiv [3][Sorge und Angst] wecke, vor allem bei Menschen
       mit ausländischem Hintergrund. Viele berichteten, so Kristersson, von einem
       Gefühl besonderer Betroffenheit.
       
       An die Hinterbliebenen gerichtet sagte Kristersson: „Ihr seid nicht allein.
       Ganz Schweden trägt die Trauer mit euch.“ Die Verantwortung für die Tat
       liege allein beim Täter, „aber die Verantwortung, euch zu helfen, zurück
       ins Leben zu finden, die übernehmen wir zusammen.“
       
       Schwedische Medien waren schon am Tag nach der Tat sicher: Bei dem Mann,
       der zur Mittagszeit am Dienstag das Bildungszentrum für Erwachsene betrat
       und das Feuer eröffnete, handele es sich um einen 35-Jährigen aus Örebro.
       
       Einen Tag später veröffentlichten sie auch den Namen: Rickard Andersson. Am
       Montagmorgen bestätigte nun die zuständige Staatsanwaltschaft gegenüber der
       schwedischen Tageszeitung Expressen, dass es sich um den Genannten handele.
       
       ## Nach der Tat läuft auch eine Debatte um das Waffengesetz
       
       Einsatzkräfte hatten den Mann eine Stunde nach dem ersten Notruf in dem
       weitläufigen Gebäude tot aufgefunden – mit drei Waffen, die er legal besaß,
       und leeren Magazinen neben sich. Rickard Andersson hatte sich nach
       Erkenntnissen schwedischer Medien schon als Jugendlicher aus jeglichem
       Sozialleben zurückgezogen. Nach einer als „normal“ geltenden Kindheit lebte
       er seit dem Auszug aus dem Elternhaus allem Anschein nach ein völlig
       isoliertes Leben.
       
       Wovon er lebte, bleibt unklar. Er versteuerte seit Jahren kein Einkommen,
       bezog auch kein Arbeitslosengeld. Er hatte die Lizenzen für vier
       Jagdwaffen. Bestätigt ist inzwischen, dass er in der Vergangenheit in der
       betroffenen Einrichtung angemeldet war, wohl um seinen Schulabschluss
       nachzuholen, was aber nicht geschah.
       
       Neben der Debatte um das Motiv für die Tat läuft auch eine um das
       Waffengesetz. Die liberal-konservative Regierung äußerte – parteipolitisch
       untypisch – gemeinsam mit ihrem rechtsextremen Kooperationspartner, den
       Schwedendemokraten, die Absicht, unter anderem den Zugang zu
       halbautomatischen Waffen wie dem Gewehr AR-15 zu begrenzen. Die Ankündigung
       der Parteispitzen sorgte sowohl innerhalb der Moderaten als auch der
       Schwedendemokraten für Unruhe.
       
       11 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schuesse-an-Schule/!6067618
   DIR [2] /Toedlicher-Amoklauf-in-Schweden/!6067885
   DIR [3] /Duesterer-Jahresbeginn-in-Schweden/!6063649
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Diekhoff
       
       ## TAGS
       
   DIR Migration
   DIR Anschlag
   DIR Social-Auswahl
   DIR Schweden
   DIR Waffengesetze
   DIR Schweden
   DIR Schweden
   DIR Schweden
   DIR Schweden
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rechte Partei in Schweden: Man gibt sich angeekelt
       
       Die rechten Schwedendemokraten arbeiten ihre Vergangenheit auf. Heuchelei,
       sagen die einen. Immerhin, sagen andere.
       
   DIR Tödlicher Amoklauf in Schweden: Wer und warum?
       
       Am zweiten Tag nach den tödlichen Schüssen in Örebro werden immer mehr
       Details über den mutmaßlichen Täter bekannt. Doch das Bild bleibt
       lückenhaft.
       
   DIR Düsterer Jahresbeginn in Schweden: Die Tat von Örebro traf ein verunsichertes Land
       
       Im Januar eskalierte in Schweden die Bandengewalt. Eine Serie von
       Explosionen, mehrere Morde: Darum waren die Menschen bereits in
       Krisenstimmung.
       
   DIR Schüsse an Schule: Schweden im Schock
       
       In einem Erwachsenen-Bildungszentrum in Örebro wurden bei einer Schießerei
       mindestens elf Menschen getötet. Das Motiv des mutmaßlichen Täters ist
       unklar.