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       # taz.de -- Schreiben der Bundesanwaltschaft: Autonome werden nicht nach Ungarn ausgeliefert
       
       > Im Januar stellten sich sieben Linke, die wegen Angriffen auf Neonazis in
       > Budapest gesucht wurden. Ihre Auslieferung nach Ungarn scheint nun
       > abgewendet.
       
   IMG Bild: Protets in Solidarität mit den in Ungarn angeklagten Aktivisten 2024 in Leipzig
       
       Berlin taz | Im Januar stellten sich [1][sieben deutsche Autonome bei
       Polizeibehörden und einem Gericht]. Fast zwei Jahre lang hatten Ermittler
       erfolglos nach ihnen gesucht. Der Vorwurf: Die jungen Aktivist*innen
       sollen sich [2][an Angriffen auf Rechtsextreme im Februar 2023 in Budapest
       beteiligt haben], die sich dort zu ihrem alljährlichen Szeneaufmarsch „Tag
       der Ehre“ versammelten. Seitdem schwebte über den sieben Linken eine
       Auslieferung ins rechtsautoritär regierte Ungarn.
       
       Das scheint nun abgewendet: Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft
       bestätigte der taz, dass ihre Behörde die zuständigen
       Generalstaatsanwaltschaften bereits Ende Januar angeschrieben und dort
       mitgeteilt hatte, dass für die Verfahren nicht die ungarischen Verfahren,
       sondern die deutschen Ermittlungen „vorrangig“ seien. Zentral sei dabei der
       „Gesichtspunkt der Effektivität der Strafverfolgungen“. Nach
       taz-Informationen hat die Bundesanwaltschaft ein Interesse, die sieben
       Autonomen, die zuvor zumeist in Sachsen und Thüringen lebten, als eine
       gemeinsame Gruppe anzuklagen.
       
       In einem Fall war indes bereits im Juni 2024 eine Auslieferung erfolgt:
       [3][Maja T.] Der nichtbinären Thüringer*in wird ebenso vorgeworfen, an
       den Angriffen in Budapest beteiligt gewesen zu sein – bei der mehrere
       Rechtsextreme teils schwer verletzt wurden. Maja T. war mit den anderen
       sieben Autonomen und zwei weiteren deutschen Linken nach den
       Budapest-Angriffen abgetaucht.
       
       Im Dezember war Maja T. [4][in Berlin festgenommen worden], im Juni 2024
       dann nach einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts [5][in einer
       nächtlichen Blitzaktion nach Budapest ausgeliefert worden] – ohne eine
       Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine Beschwerde der Anwälte
       von T. abzuwarten. Tatsächlich gab Karlsruhe der Beschwerde kurz darauf
       recht – da war T. aber bereits in Ungarn.
       
       ## Thüringen lehnte bereits eine Auslieferung ab
       
       Im Fall Maja T. hatte sich die Bundesanwaltschaft damals nicht gegen eine
       Auslieferung gestellt. Seitdem seien zu dem Fallkomplex aber neue
       Beweismittel hinzugekommen, sagte die Behördensprecherin. Deshalb plädiere
       man nun dafür, die Verfahren in Deutschland zu führen. Weiter gefahndet
       wird zudem nach zwei weiteren Autonomen, die nach den Budapest-Angriffen
       ebenso gesucht wurden und sich bisher nicht stellten.
       
       Bereits Ende Januar hatte das Oberlandesgericht Jena entschieden, einen
       weiteren zuletzt Festgenommenen – [6][den Leipziger Johann G.] – nicht nach
       Ungarn auszuliefern. Auch dem 31-Jährigen wird vorgeworfen, bei den
       Angriffen in Budapest dabei gewesen zu sein. Zugleich soll G. der Anführer
       einer militanten Gruppe um die Leipzigerin Lina E. gewesen sein, seiner
       früheren Lebenspartnerin. Lina E. war bereits im Mai 2023 mit drei
       Mitangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil sie
       mehrere schwere Angriffe auf Neonazis in Thüringen und Sachsen verübt haben
       sollen. Auch Johann G. soll sich daran beteiligt haben.
       
       Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts Jena bestätigte der taz, dass
       bereits am 29. Januar eine Auslieferung von Johann G. nach Ungarn für
       unzulässig erklärt wurde. Gleiches hatte zuvor die Thüringer
       Generalstaatsanwaltschaft gefordert. „Bei der Abwägung wurde die
       Durchführung eines Strafverfahrens in Deutschland – vor allem im Hinblick
       auf die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten – gewichtiger
       als das Auslieferungsinteresse des ersuchenden Staates beurteilt“, sagte
       die Sprecherin der taz.
       
       Auch eine weitere gefasste Person – [7][die Nürnbergerin Hanna S.] – wird
       nicht nach Ungarn ausgeliefert. Sie war im Juni 2024 in Nürnberg
       festgenommen worden und soll ebenso in Budapest dabei gewesen sein. Gegen
       sie beginnt am kommenden Mittwoch ein Prozess in München. Im Fall der
       29-Jährigen hatte Ungarn bisher keine Auslieferung beantragt.
       
       ## Dem Syrer Zaid A. droht weiter eine Auslieferung
       
       Unklar ist der Fall Zaid A. Auch der Syrer gehörte zu den von Ungarn
       Gesuchten, die sich im Januar stellten. Anders als gegen die anderen sechs
       lag in seinem Fall aber kein Haftbefehl der Bundesanwaltschaft vor.
       Entsprechend gilt für ihn auch nicht die aktuelle Mitteilung der Behörde an
       die Generalstaatsanwaltschaften. Zaid A. droht damit weiter eine
       Auslieferung nach Ungarn.
       
       Für Maja T. kommt das Schreiben der Bundesanwaltschaft zu spät. Gegen T.
       beginnt in wenigen Tagen, am 21. Februar, in Budapest ein Prozess wegen der
       Angriffe. Die Staatsanwaltschaft fordert hier laut Verteidigern eine
       Haftstrafe von bis zu 24 Jahren. Zugleich boten die Ankläger einen Deal an:
       Im Falle eines Geständnisses könnten es 14 Jahre werden.
       
       Erst vor einer Woche war [8][eine Verfassungsbeschwerde von Maja T. gegen
       die Auslieferung erfolgreich]. Das Bundesverfassungsgericht warf dem
       Berliner Kammergericht vor, es habe die Haftbedingungen für Maja T. als
       nichtbinäre Person „nicht hinreichend aufgeklärt“. Bemühungen der deutschen
       Regierung, Maja T. nach Deutschland zurückzuholen, sind bisher nicht
       bekannt. Angehörige von T. und antifaschistische Initiativen hatten dies
       gefordert.
       
       11 Feb 2025
       
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