# taz.de -- Klimapolitik unter Schwarz-Rot: Merz kann die Energiewende nicht ignorieren
> Die Bedrohung durch den Klimawandel steht der durch Russland oder China
> in nichts nach. Auch ein Kanzler Merz muss Klimaschutz betreiben, ob er
> will oder nicht.
IMG Bild: Marsberg, Sauerland, August 2024: Friedrich Merz steigt auf das Maschinenhaus einer Windkraftanlage
Manchmal trägt die Hoffnung lange Namen: [1][Nationale Interdisziplinäre
Klimarisiko-Einschätzung] zum Beispiel. Ein kompaktes orangefarbenes
Büchlein, geschrieben vom Auswärtigen Amt, Klimainstituten – und
Bundeswehr-Uni und Bundesnachrichtendienst. In sehr vielen Worten steht
darin: Der [2][Klimawandel ist gefährlich], so gefährlich wie Russland und
der Terrorismus. Und wir, Militär und Geheimdienst, wissen das. Wir sind
uns sicher.
Wenn Friedrich Merz Kanzler wird, wird der Präsident des
Bundesnachrichtendienstes ihm sagen: Ja, Russland ist gefährlich, China
auch, finden wir. Und worüber Sie sich genauso Sorgen machen sollten, ist
die Erderhitzung.
Die letzte schwarz-rote Koalition, die bis 2021 amtierte, hatte die
deutsche Energiewende abgewürgt. Natürlich kommen da schlechte Erinnerungen
hoch, Sorgen um den Klimaschutz ohne die Grünen in der Regierung. Im
Wahlkampf meinte Merz noch, Wirtschaft und Klimaschutz gegeneinander
ausspielen zu müssen.
[3][Es kann gut sein, dass die nächste Koalition katastrophal fürs Klima
wird.] Aber 2025 ist nicht 2018. Es ist sehr viel schwerer geworden, keinen
Klimaschutz zu machen.
Der europäische CO2-Handel gilt unvermindert, und 2027 werden noch der
Gebäude- und der Verkehrssektor dazukommen. Dann werden fossiles Heizen und
Verbrennerfahren sehr teuer, grüne Fernwärme und Bus und Bahn
vergleichsweise günstig. Das stößt zwar auf Widerstand. Aber die
EU-Kommission steht dazu; Kompromisse werden sehr wahrscheinlich die
Substanz des CO2-Handels nicht anfassen.
Mächtige, behäbige Sicherheitsinteressen in Deutschland und die für
Kursänderungen schwer erreichbare EU verfolgen also weiter
Klimaneutralität. Darüber hinaus hat Friedrich Merz selbst etwas recht
Radikales gefordert: Unabhängigkeit von den USA. Vielleicht weiß er es
nicht, aber das bedeutet, mittelfristig aus dem Erdgas auszusteigen.
Denn Trumps Amerika ist der größte Flüssiggas-Exporteur der Welt. Wenn
Europa nicht den fossilen US-Interessen ausgeliefert sein will, kann es
kein Gas mehr importieren. Ganz abgesehen von den rund 400 Milliarden
US-Dollar jährlich, die Europa bezahlt, um fossile Brennstoffe einzuführen.
## Es braucht mehr als ein Weiterso
Selbst ein „Weiterso“ in der Klimapolitik ist zu langsam, um das Klimaziel
zu erreichen. Wirklich gerecht wird Merz seiner Verantwortung als
Bundeskanzler nur, wenn er die Energiewende noch weiter beschleunigt und im
Verkehrs- und Gebäudesektor echte Fortschritte erzielt.
Das kann man berechtigterweise für unwahrscheinlich halten. Die CDU ist eng
verbandelt mit fossilen Interessen. Aber auch bei Merz’ Berater*innen
wird ein orangefarbenes Büchlein im Regal stehen, in dem steht: „Der BND
sieht die Folgen des Klimawandels als eine der fünf großen externen
Bedrohungen für unser Land.“ Um dann anders übers Klima nachzudenken, muss
man noch nie einen Baum umarmt haben.
2 Mar 2025
## LINKS
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DIR [2] /Online-Tool-Climate-Storylines/!6068361
DIR [3] /Klimapolitik-nach-der-Bundestagswahl/!6068466
## AUTOREN
DIR Jonas Waack
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