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       # taz.de -- Sintezza über Schule und Familie: „Diese Erfolge stärken mein Selbstbewusstsein ungemein“
       
       > Sissy Meinhardt spürte immer, dass sie anders wahrgenommen wurde. Lange
       > musste sie auf Bildung verzichten. Jetzt wird sie Schulmediatorin für
       > Sinti und Roma.
       
   IMG Bild: Sissy Meinhardt in ihrer Berliner Wohnung
       
       taz: Frau Meinhardt, hatten Sie eine glückliche Kindheit? 
       
       Sissy Meinhardt: Ja. Ich bin mit sechs Geschwistern in einer Sinti-Siedlung
       am Stadtrand von Straubing aufgewachsen. Es war eine unbeschwerte Kindheit,
       obwohl wir immer sahen, dass es für unsere Eltern, die hausieren gingen,
       ein Überlebenskampf war. Außerdem habe ich schon als Kind gespürt, dass wir
       anders wahrgenommen werden und nicht die gleichen Chancen haben. Die
       anderen Kinder gingen nach der Schule in den Hort, sie lebten in einer
       anderen Welt als wir. Aber ich war nicht unglücklich. Wir waren sehr
       behütet. Wir waren immer viele Kinder, es ging lustig zu. Wir haben alles
       geteilt und waren wie eine große Familie.
       
       taz: Stimmt es, dass für Sinti die Familie alles ist? 
       
       Meinhardt: Oh ja. Wenn einer ein Problem hat, wird ihm ein anderer sofort
       helfen – ob das finanzielle Not ist oder Krankheit oder die Pflege der
       Alten. Der Respekt vor den Älteren ist sehr wichtig: Man behandelt sie
       höflich und bezieht sie ins Gespräch ein. Man redet sie nicht mit „Du“ an,
       sondern mit „Ihr“.
       
       taz: Mit welcher Sprache sind Sie aufgewachsen? 
       
       Meinhardt: Zu Hause [1][mit Romanes]. Deutsch habe ich im Alltag gelernt,
       beim Einkauf, in der Schule. Richtiges Deutsch habe ich, glaube ich, nie
       gelernt. Und meine Aussprache …
       
       taz: Sie sprechen akzentfrei. 
       
       Meinhardt: Es tut gut, das zu hören. Sehen Sie, die Unsicherheit ist immer
       noch da.
       
       taz: Wie haben Sie Ihre Schulzeit erlebt? 
       
       Meinhardt: Ich war ein schüchternes Kind und habe früh gemerkt, dass man
       mich anders behandelt. Es gab eine einzige Lehrerin in der ersten und
       zweiten Klasse, die mich ermutigte. In den folgenden Schuljahren hatte ich
       nie das Gefühl, dass mich jemand förderte. Ob ich da war oder nicht – ich
       habe mich gefragt, ob es jemandem auffiel.
       
       taz: Wie verhielten sich die Kinder der Mehrheitsgesellschaft? 
       
       Meinhardt: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Nicht-Sinti-Freunde
       hatte. Eine Situation habe ich allerdings nie vergessen: Ich muss elf
       gewesen sein, als eine neue Schülerin in die Parallelklasse kam und wir uns
       interessiert musterten. Dann flüsterte eine Mitschülerin ihr etwas ins Ohr,
       und danach sah mich die Neue herablassend an. Es hat mich so geschmerzt!
       
       taz: Und wie agierten die Lehrer? 
       
       Meinhardt: Ich erinnere mich an einen Lehrer in der sechsten, siebten
       Klasse, der mich gern bloßstellte, wenn ich keine Antwort wusste. Dabei war
       ich nicht dumm. Aber da in meiner Klasse auch meine ältere Cousine war, die
       ungern lernte und bei Klassenarbeiten alles durchstrich, tat ich das auch.
       Ich habe im Lernen keinen Sinn gesehen, denn zu Hause gab es niemanden, der
       die Schule besucht hatte. Aber dann fehlte meine Cousine eine Woche lang,
       und ich habe den Unterricht aus Langeweile mitverfolgt. Den Abschlusstest
       habe ich, ohne mir große Mühe zu geben, ausgefüllt, und ich war tatsächlich
       die Beste!
       
       taz: Das klingt nach guten Startchancen. 
       
       Meinhardt: Ja. Aber als ich zwölf war, starb mein Vater, und wir zogen nach
       Hanau zu Verwandten. Meine Geschwister kamen auf die Förderschule, aber
       mich wollten sie da nicht haben. Dann war ich ein paar Monate zu Hause, und
       meine Mutter hat das genossen, weil ich sie zu Ärzten und auf Ämter
       begleitete. Als die Behörde meinen Schulbesuch anmahnte, ging meine Mutter
       mit mir zum Jugendamt und sagte: „Ich bin krank, habe sechs Kinder, und ich
       brauche meine älteste Tochter zu Hause, denn ich schaffe das nicht allein.“
       Da haben sich die Jugendamtsmitarbeiter angesehen und zugestimmt, und somit
       war meine Bildungschance vorbei.
       
       taz: Wie sehen Sie das heute? 
       
       Meinhardt: Kritisch. Diese Leute haben über mein Leben entschieden. Ich
       weiß nicht, ob sie dachten: „Aus ihr wird ja doch nichts.“ Die
       Jugendamtsmitarbeiterin hätte auch sagen können: „Wir stellen eine
       Haushaltshilfe, damit Ihre Tochter zur Schule kann.“ Aber einfach zu
       entscheiden, dass dieses Mädchen ihr Leben ohne Bildung verbringt …
       
       taz: Machen Sie Ihrer Mutter Vorwürfe? 
       
       Meinhardt: Nein. Sie konnte nichts dafür, weil sie selber keine Bildung
       genossen hatte. Viele aus dieser Generation sagen: Wir haben es bis hierhin
       geschafft, und es geht. Wir sind sowieso kein Teil dieser Gesellschaft. Es
       war eine Generation ohne Hoffnung nach der jahrhundertelangen
       [2][Verfolgungsgeschichte und dem Holocaust]. Deshalb konnten sie nicht
       weitergeben, dass Bildung wichtig ist. Es herrschte eher Angst vor
       deutschen Institutionen vor. Später zogen wir nach Bad Kreuznach, wo meine
       Mutter herstammte. Es war schwer, eine Wohnung zu finden. Denn sobald man
       seinen Nachnamen nannte – Weiß, Meinhardt, Reinhardt, Mettbach, Krause –
       war klar, dass man zu den Sinti gehörte. In Kleinstädten kannte man diese
       typischen Namen, weil dort seit Jahrhunderten Sinti lebten.
       
       taz: Zöge man da nicht besser in die anonyme Großstadt? 
       
       Meinhardt: Nein. Man wohnt ja seit Generationen dort. Die Vorfahren sind
       dort begraben, die Gräber müssen gepflegt werden. Die Eltern kommen von
       hier, die Geschwister sind da – man bleibt da, wo die Familie lebt.
       
       taz: Wie ging es für Sie weiter? 
       
       Meinhardt: Als ich 19 war, teilte uns das Sozialamt mit, dass es unsere
       Miete nicht mehr zahlen würde. Ich solle arbeiten gehen. Ich habe dann im
       Supermarkt Pakete ausgepackt und gedacht: „Wunderbar, jetzt bin ich Teil
       der Gesellschaft.“ Von 19 bis 23 habe ich immer gejobbt. Habe immer
       niedrigschwellig angefangen, und die Chefs haben mir dann jedes Mal etwas
       Besseres angeboten, weil ich immer gut war in dem, was ich tat. Die Hälfte
       des Gehalts gab ich meiner Mutter, damit sie die Miete zahlen konnte, von
       der andern habe ich den Führerschein gemacht und ein Auto gekauft. Danach
       sagte meine Mutter: „Wir gehen jetzt wieder hausieren.“
       
       taz: Hat es funktioniert? 
       
       Meinhardt: Nein, denn die Zeiten hatten sich geändert, das Bestellen im
       Internet war in Mode gekommen, und die Leute kauften nichts mehr an der
       Tür. Also habe ich immer, wenn das Geld knapp wurde, wieder gejobbt. Einen
       dauerhaften Job konnte ich wegen der Pflege meiner Mutter nicht annehmen.
       Nachts habe ich neben ihr geschlafen, und wenn sie Probleme bekam, stand
       ich auf. Es war ja meine Mutter, und ich tat es gern. Aber das hat mir auch
       viel von meiner Freiheit und Entwicklung genommen. Und als man mir eine
       Ausbildung zur Hotelfachfrau anbot, mussten wir ablehnen, weil sie mich
       brauchte. Daran denke ich heute noch. Das war so eine große Chance. Und
       dann habe ich meinen Mann, den Pianisten Thomas Hoppe, kennengelernt.
       
       taz: Wie wirkte er auf Sie? 
       
       Meinhardt: Für mich war das wahnsinnig interessant, dass ein Deutscher so
       gut Romanes spricht. So was hatte ich noch nie erlebt. Und bis dahin war
       immer klar, dass ich einen Sinto heirate. Mir war wichtig, dass mein
       Partner meine Kultur versteht, meine Sprache spricht und sich in der
       Community zu verhalten weiß. Und dann lernte ich Thomas kennen, und er war
       ja mit Sinti aufgewachsen, sprach fließend Romanes und war weltgewandt. Ich
       konnte ihn alles fragen, und er hatte meistens eine Antwort. Und ich habe
       ihn gelöchert. Ich war 23 und wusste noch nicht einmal, was die Strommasten
       über der Autobahn bedeuten … Wir lernten uns näher kennen, und irgendwann
       war klar: Das klappt mit uns beiden. Dann bin ich in seine Welt gekommen.
       
       taz: Wie ging das vor sich? 
       
       Meinhardt: Gemäß der Sinti-Tradition muss man heimlich von zu Hause
       weglaufen. Man sagt: „Der Mann klaut die Frau.“ Ich habe meine Familie aber
       darauf vorbereitet, damit sie die Betreuung meiner Mutter organisieren
       konnten. Denn bei uns zieht die Frau traditionell dahin, wo der Mann lebt.
       Ich fuhr also 2004 mit dem Zug zu Thomas nach Berlin.
       
       taz: War es für Ihre Familie ein Problem, dass Sie einen Nicht-Sinto
       heirateten? 
       
       Meinhardt: Ja, denn unsere Familie ist sehr traditionell. Mein Vater war
       schon lange verstorben, aber für meine Mutter war es nicht leicht.
       
       taz: Aber Ihr Mann kennt die Sinti-Kultur und spricht Ihre Sprache. 
       
       Meinhardt: Ja, aber meine Mutter dachte: Wenn ein Deutscher unsere Sprache
       spricht, ist er ein Spion. Das ist während des Holocaust öfter vorgekommen.
       Das ist ein großes Trauma für uns.
       
       taz: Und wie empfanden Sie selbst Ihren Wechsel nach Berlin? 
       
       Meinhardt: Als ich im Zug saß, habe ich geweint, denn es war ja die Fahrt
       in ein neues Leben. Ich dachte: „Ich kenne den Mann doch gar nicht, ich
       lasse meine Familie im Stich, ich bin ein schlechter Mensch …“ Aber je
       länger ich fuhr, desto leichter wurde es. Und ich habe mich gefreut auf
       dieses neue, interessante Leben. Aber es hat mich auch eingeschüchtert.
       
       taz: Inwiefern? 
       
       Meinhardt: Zu Hause war ich diejenige, die um Rat gefragt wurde, Lösungen
       suchte. Und dann komme ich in diese Künstlerwelt: Ich war geflasht! Es
       waren Künstler aus verschiedenen Ländern, sie waren sehr nett,
       interessierten sich für meine Kultur. Von zu Hause war ich gewohnt, dass
       die Leute nichts wissen wollten von der Sinti-Kultur – oder bestenfalls aus
       einem Forschergeist heraus. Außerdem hat mich eingeschüchtert, diese Leute
       reden zu hören. Das waren weit gereiste Akademiker – und dann sitzt du da
       als Sintezza, kommst aus dieser Isolation und kannst plötzlich machen, was
       du willst. Ich fühlte mich klein und habe bei Treffen mit den Veranstaltern
       nach den Konzerten immer gehofft, dass mich niemand etwas fragt.
       
       taz: Und wie haben Sie Ihr neues Leben gestaltetet? 
       
       Meinhardt: In den ersten zwei Jahren habe ich mir Berlin angeguckt, mal
       hier, mal da gejobbt. Hätte ich gewusst, wie das System funktioniert, hätte
       ich sofort eine Ausbildung angefangen. Im dritten Jahr ist meine Tochter
       geboren, dreieinhalb Jahre später mein Sohn. Als Mutter war ich die
       glücklichste Frau. Ich habe den Haushalt gemanagt, und meinem Mann für
       seine Karriere den Rücken freigehalten. Heute spricht er seine Termine mit
       mir ab, wegen meiner Ausbildung, von der wir gleich noch sprechen werden.
       Die Eltern der Freunde meiner Kinder waren übrigens meine ersten Kontakte
       zu deutschen „Normalbürgern“. Da war ich 30.
       
       taz: Es gab keine Vorurteile? 
       
       Meimhardt: Nein. In Berlin hatte ich nie dieses Gefühl von Ausgrenzung.
       Auch meine Kinder waren immer gut integriert.
       
       taz: Mit welcher Sprache wachsen Ihre Kinder auf? 
       
       Meinhardt: Zu Hause sprechen wir ausschließlich Romanes. Deutsch haben sie
       in der Schule gelernt.
       
       taz: Welche Berufswünsche haben Ihre Kinder? 
       
       Meinhardt: Meine Tochter, die jetzt 17 ist, war bis zur elften Klasse auf
       dem Gymnasium und eine gute Schülerin. Als sie mir sagte, sie wolle kein
       Abitur machen, schrillten bei mir alle Alarmglocken. Dass sie diese Chance
       ausschlug, die ich selbst nie gehabt hatte – das war hart für mich. Im
       Gespräch mit der Schulleiterin wurde dann klar, dass manche Kinder in der
       Praxis besser aufgehoben sind. Eine Bildungsberaterin, selbst Sintezza, hat
       ausführlich mit ihr gesprochen und auch mir geholfen, indem sie sagte: „Du
       übst Leistungsdruck auf deine Tochter aus. Das liegt aber an deiner eigenen
       Geschichte.“ Da ist mir das zum ersten Mal bewusst geworden. Meine Tochter
       hat inzwischen eine Ausbildung zur Hotelfachfrau begonnen und geht ganz
       darin auf.
       
       taz: Und welche Talente hat Ihr Sohn? 
       
       Meinhardt: Er ist 13, geht in die achte Klasse des Gymnasiums, spielt
       Trompete und Klavier. Aber wenn mein Mann ihm etwas erklären will, blockt
       er ab. Er will das nicht beruflich machen. Denn mein Mann hat ja nicht nur
       die Musik nach Hause gebracht, sondern auch den Stress und Leistungsdruck.
       Das hat mein Sohn schon als kleines Kind gespürt.
       
       taz: Derzeit lassen Sie sich zur Sozialpädagogischen Assistentin und
       Schulmediatorin für Sinti und Roma ausbilden. Wie kam das? 
       
       Meinhardt: Irgendwann bin ich in ein Loch gefallen. Meine Kinder wurden
       selbstständiger, mein Mann war immer auf Konzertreise, und ich dachte: Wo
       bleibe ich? Ich habe mich so leer gefühlt, ohne Aufgabe und Perspektive.
       Freunde rieten mir, mich zu bewerben, aber ein Vorstellungsgespräch ist der
       Horror für mich. Dann habe ich gemerkt, dass ich meiner Community helfen,
       sie empowern möchte, ihre Bildungschancen zu nutzen und sich als
       gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu betrachten. Denn ich sehe immer
       noch Sinti-Mädchen, die denken: „Ich werde heiraten und Hausfrau und
       Mutter, was anderes kann ich nicht.“ Als ich von dem Pilotprojekt der
       [3][Hildegard-Lagrenne-Stiftung] erfuhr, war klar: Ich will das machen. Und
       dann wurde ich im Vorbereitungsprojekt für die externe Prüfung zur
       Sozialpädagogischen Assistentin angenommen.
       
       taz: In welchen Fällen müssen Sie zum Beispiel vermitteln? 
       
       Meinhardt: Wenn, wie es den Töchtern einiger Freundinnen aus der Community
       in der Ausbildung passierte, der Chef sie gängelt und wegen kleiner Fehler
       abstraft. Und wenn sich im Gegenzug die jungen Leute weigern, die
       Ausbildung fortzusetzen. Denn sie sind aufgrund der lebenslangen
       Diskriminierung so aufs Sich-Wehren gepolt, dass sie auf schlechte oder
       vermeintlich schlechte Behandlung sehr sensibel reagieren.
       
       taz: Welche Rolle spielen die Eltern? 
       
       Meinhardt: Sie möchten, dass sich die Kinder bilden, aber oft können sie
       nicht helfen, weil sie das System nicht kennen. Andererseits wollen sie
       ihre Kinder schützen. Und wenn sie hören, dass die Kinder diskriminiert
       werden, sagen sie, du gehst da nicht mehr hin. Sie wollen die Kinder nicht
       einer Gesellschaft aussetzen, in der immer noch Antiziganismus herrscht.
       Auch seitens mancher Lehrer.
       
       taz: Ein Beispiel? 
       
       Meinhardt: Der kleine Sohn einer Sintezza war nach dem ersten Schultag
       verschwunden. Die Mutter weinte und war außer sich – aber kein Lehrer half
       suchen! Schließlich fand sie ihren Sohn, verängstigt hinter einem Baum
       versteckt. Niemand hatte sein Verschwinden bemerkt, niemand fragte nach.
       Auch der Sohn einer allein erziehenden Romnja aus Rumänien wurde in einer
       Berliner „Willkommensklasse“ vom Lehrer drangsaliert, die Mutter
       diskriminiert.
       
       taz: Wie intervenieren Sie da? 
       
       Meinhardt: Indem ich sensibilisiere und den Lehrern die
       Hintergrundgeschichte erzähle: vom transgenerationellen Trauma des
       Holocaust, das wir alle in uns haben: Kinder wurden damals zur Schule
       geschickt und kamen nie zurück. Das erschüttert das Vertrauen bis heute.
       Dazu kommen Diskriminierungserfahrungen der Eltern. Auch ich habe als Kind
       gehört: „Hitler hat vergessen, dich zu vergasen.“ All das muss man wissen,
       um Ängste und Frustrationen dieser Kinder zu verstehen. Und um auch bei den
       Eltern wieder Vertrauen in die Institutionen aufzubauen.
       
       taz: Fungieren Sie auch als Vorbild für Ihre Community? 
       
       Meinhardt: Ja. Eine Cousine sagte mir neulich, ich sei ihr Vorbild, und
       meine Schwester fragte, ob sie auch so eine Ausbildung machen könne. Es
       wird immer ernster genommen, was ich tue, und diese kleinen und großen
       Erfolgserlebnisse stärken mein Selbstbewusstsein ungemein.
       
       taz: Noch ein Klischee zum Schluss: Haben Sie irgendwo einen Wohnwagen
       stehen? 
       
       Meinhardt: Das ist kein Klischee. Wir haben in einer Halle in Bad Kreuznach
       einen großen Wohnwagen und fahren so oft wie möglich raus in die Natur. Ihn
       zu holen bedeutet einigen Aufwand, aber wann immer wir etwas frei haben,
       machen wir das und fahren raus.
       
       taz: Wohin fahren Sie dann? 
       
       Meinhardt: Dahin, wo die Sonne uns entgegen scheint – ob das Bayern oder
       Baden-Württemberg ist, wo viele Verwandte wohnen. Wir sind schon bis
       Ungarn, Österreich, in die Schweiz gefahren. Wir lieben diese
       Entschleunigung. Und während die Kinder noch schlafen, stehen wir auf,
       holen zwei Stühle, und dann sitzen wir mit nackten Füßen im nassen Gras und
       sehen die Sonne aufgehen. Wir müssen uns nicht mal unterhalten. Wir
       genießen es einfach, wie jeder Mensch es tun würde.
       
       5 Mar 2025
       
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