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       # taz.de -- Neue Regierung in Österreich: Was lange währt, wird endlich gut?
       
       > Nach monatelangem Ringen hat Österreich eine neue Regierung – eine
       > Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Neos. Nun muss sie den überschuldeten
       > Staatshaushalt sanieren.
       
   IMG Bild: Können wieder lächeln: Die Parteichefs der Regierungskoalition Stocker (ÖVP), Babler (SPÖ) und Meinl-Reisinger (Neos)
       
       Wien taz | Mit einem knappen Okay! beendete Bundespräsident Alexander Van
       der Bellen die Vereidigungszeremonie. Im Maria-Theresien-Zimmer der Wiener
       Hofburg lachte man auf, es klang erleichtert. [1][Österreich hat endlich
       eine neue Bundesregierung,] nach Monaten der Ungewissheit und mehreren
       gescheiterten Anläufen.
       
       Nicht zuletzt der Bundespräsident selbst kann aufatmen, wurde ihm durchaus
       zu Recht vorgeworfen, die Regierungsbildung verzögert zu haben. Van der
       Bellen war es schließlich, der entgegen den Gepflogenheiten zunächst keinen
       Regierungsbildungsauftrag an die FPÖ vergeben hatte – weil anfänglich
       niemand mit den Rechtsradikalen regieren wollte. Auch abgesehen davon,
       schien er es nicht allzu eilig zu haben.
       
       Nach dem Scheitern einer Mitte-Koalition hatte die konservative ÖVP
       Verhandlungen mit der FPÖ aufgenommen. Diese waren schon weit
       fortgeschritten, als sie Mitte Februar überraschend scheiterten.
       [2][Konservative, Sozialdemokraten und Liberale fanden daraufhin im zweiten
       Anlauf doch noch zusammen.]
       
       Die meisten Österreicher sind erleichtert, selbst einige derjenigen, die
       ihre Stimme der rechtsradikalen FPÖ gegeben hatten. Zwar landete die FPÖ
       mit 28,9 Prozent auf Platz eins. Doch das Programm, das ÖVP und FPÖ
       ausgehandelt hatten, ging wohl selbst manchen Sympathisanten zu weit, zumal
       die Rechtspopulisten einige der Punkte zuvor nicht angekündigt hatten, etwa
       dass die FPÖ mehr Geld in „alternative Medien“ fließen lassen wollte.
       
       ## FPÖ spricht von „Verliererampel“
       
       Doch die FPÖ wird es der neuen Regierung nicht leicht machen. Sie spricht
       schon jetzt von „fünf verlorenen Jahren“ und, etwas farbenblind, von einer
       „Verliererampel“. Die Parteifarben von ÖVP, SPÖ und Neos wären allerdings
       Schwarz-Rot-Pink.
       
       „Was lange währt, wird endlich gut“, sagte Van der Bellen bei der
       Vereidigung. Der Bundespräsident gab sich betont optimistisch, auch wenn
       die Zeiten schon mal „weniger herausfordernd“ gewesen seien. „Das ist kein
       Geheimnis, vor allem nach dem letzten Wochenende“, sagte er mit Verweis auf
       den Bruch zwischen den USA und Europa.
       
       Eine „kluge Friedens- und Verteidigungspolitik für Österreich und Europa“
       nannte Van der Bellen eine der Kernaufgaben. Es könne „kein Weiter wie
       bisher“ geben, sagte der Bundespräsident, ohne die Neutralität, Österreichs
       heilige Kuh, anzusprechen. Auch die Bekämpfung des Klimawandels erfordere
       mehr Maßnahmen, mahnte Van der Bellen. Tatsächlich stellt das Thema Klima
       keine Priorität im vorliegenden Programm dar.
       
       Am Freitag folgt auf die Vereidigung die Antrittsrede im Nationalrat.
       [3][Inhaltlich wird es da keine Überraschungen geben, denn die mehr als
       200-seitige Koalitionsvereinbarung wurde schon letzte Woche präsentiert.]
       
       ## Umfassende Sparmaßnahmen
       
       Im Vordergrund steht die Sanierung des überschuldeten Staatshaushalts. Das
       Budgetdefizit (etwa 3,9 Prozent) und die Schuldenquote (rund 83 Prozent)
       liegen zwar unter jenen vieler anderer EU-Staaten, aber doch deutlich über
       den bindenden Maastricht-Kriterien. Trotz vorgelegter Sparpläne ist ein
       EU-Defizitverfahren noch nicht vom Tisch. Die Regierung will ein solches
       nach Möglichkeit vermeiden, da dann Strafzahlungen drohen.
       
       Auch die Wirtschaftsdaten sehen nicht gut aus: Österreich ist im dritten
       Jahr einer Rezession. Inflation und Arbeitslosigkeit sind deutlich
       gestiegen. Die Koalition muss also den Spagat schaffen, einerseits die
       Staatsausgaben zu kürzen, andererseits die Konjunktur zu beleben.
       
       Die Sparmaßnahmen sind umfassend, der Klimabonus etwa, jene Kompensation
       für die zeitgleich eingeführte CO2-Steuer, soll ersatzlos gestrichen
       werden. Gleichzeitig setzt die Regierung auf Entlastung der Wirtschaft. Die
       lang geforderte Senkung der Lohnnebenkosten soll umgesetzt werden.
       Steuerliche Begünstigungen für Überstunden sollen die Kaufkraft stärken.
       
       Die Renten bleiben eine Herausforderung: Die erforderlichen
       Versicherungsjahre sollen ab 2035 erhöht werden. Vor allem die liberalen
       Neos hatten auf eine Reform des vergleichsweise großzügigen Rentensystems
       gedrängt.
       
       3 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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