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       # taz.de -- Pressefreiheit unter den Taliban: Frauenradio-Sender in Afghanistan darf wieder senden
       
       > Unter der Taliban-Herrschaft in Afghanistan gibt es keine Pressefreiheit
       > mehr. Dass der Sender Begum FM wieder senden darf, ist Grund zur
       > Hoffnung.
       
   IMG Bild: Frauen in Kandahar, Afghanistan, August 2024
       
       Berlin taz | Ende 2024 stellte der Menschenrechtsgerichtshof der
       Europäischen Union abermals klar, [1][dass Afghaninnen innerhalb der EU per
       se asylberechtigt seien]. Aufgrund der Repressalien des Taliban-Regimes
       würden Geschlecht und Nationalität ausreichen, um als Geflüchtete anerkannt
       zu werden.
       
       Trotzdem versuchen weiterhin Millionen von Mädchen und Frauen im Land,
       unter den Taliban zu überleben. Unter ihnen befinden sich auch die
       Journalistinnen des von Frauen geführten [2][Radiosenders Begum, der am 8.
       März 2021 am Internationalen Frauentag auf Sendung ging].
       
       Wenige Monate später übernahmen die militant-islamistischen Taliban die
       Macht [3][und viele Journalisten und Medienmacher mussten fliehen]. Doch zu
       jenen, die blieben, gehörte auch Radio Begum. Der Sender berichtete über
       die Situation der afghanischen Frau und sah sich gleichzeitig seitens der
       Taliban unter Druck gesetzt.
       
       Kein Wunder, denn nahezu im Wochentakt erließen die extremistischen
       Machthaber neue Dekrete. Heute ist klar, dass in Afghanistan keine
       Pressefreiheit mehr herrscht. Ein Großteil der Berichterstattung aus dem
       Land wird kontrolliert und reguliert, Frauen stehen meist nur noch, wenn
       überhaupt, hinter der Kamera und auch Begum musste seinen Sendebetrieb
       einstellen. Der Vorwurf: Kollaboration mit ausländischen Medien, die vom
       Regime sanktioniert wurden.
       
       ## Bald wieder in Betrieb
       
       Doch nun gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer. Vor wenigen Tagen hieß es
       seitens des Informationsministeriums der Taliban, dass Begum bald wieder
       den Betrieb aufnehmen dürfe. Für die Mitarbeiterinnen des Senders wäre das
       wohl tatsächlich eine große Erleichterung.
       
       Es ist klar, dass nur die wenigsten Afghaninnen flüchten können, obwohl
       zahlreiche Arbeits- und Bildungsverbote bestehen und Kritiker zu Recht von
       einer Gender-Apartheid sprechen. Viele Frauen im Land müssen ihre Familien
       ernähren. Auch sie sind, wie die Journalistinnen von Begum, von ihrem Lohn
       abhängig.
       
       Klar ist allerdings auch, dass die Kontrolle sowie die Repressalien der
       Taliban nicht verschwinden werden. Die Aufhebung des Arbeitsverbots für
       Begum bestätigt nur das, was viele Beobachter in den letzten Jahren immer
       wieder in den Raum warfen.
       
       ## Scharfe Kritik
       
       Unter den Taliban-Köpfen in Kabul lassen sich auch moderatere Pragmatiker
       finden, die nicht alles in Grund und Boden stampfen und ihr düsteres Emirat
       der 1990er-Jahre wiederaufleben lassen wollen. Dies scheint vor allem in
       den Kabuler Ministerien, wo viele Taliban-Mitglieder sich mit vorgehaltener
       Hand gegen das Schulverbot aussprachen, der Fall zu sein.
       
       Ein prominentes Beispiel hierfür ist etwa Sher Mohammad Abbas Stanikzai,
       der stellvertretende Außenminister des Regimes. Vor wenigen Wochen übte er
       während einer Rede scharfe Kritik am Bildungsverbot. Im Anschluss verließ
       er das Land. Gegenwärtig soll sich Stanikzai in den Vereinigten Arabischen
       Emiraten aufhalten.
       
       Manche munkeln gar, dass er vom obersten Taliban-Führer, Haibatullah
       Akhundzada, zur persona non grata erklärt wurde.
       
       4 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Abschiebungen-aus-Pakistan/!6058439
   DIR [2] http://www.begum.fm/
   DIR [3] /Medien-nach-Machtuebernahme-der-Taliban/!6004604
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Emran Feroz
       
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