URI: 
       # taz.de -- Comic-Star Lorenzo Mattotti in Hamburg: Einer, der das Licht liebt
       
       > Nix da mit „Zack! und „Peng!“: Comiczeichner-Star Lorenzo Mattotti ist
       > ein Innovateur des Genres und zu Gast bei den Hamburger
       > Graphic-Novel-Tagen.
       
   IMG Bild: Dramaturgie der Farben auch im Trickfilm: „Königreich der Bären“ (2021)
       
       Hamburg taz | Das helle Azurblau des Hintergrunds bringt das Goldgelb der
       Kleidung der Figur im Vordergrund erst so richtig zum Leuchten: ein
       Sonnenuntergang in der Toskana. Dabei zeigt die Szene einen Hafen – den in
       Hamburg vielleicht? Dort nämlich hing das Bild 1993 in der Speicherstadt,
       neben weiteren von [1][Lorenzo Mattott]i.
       
       Die Ausstellung trug den Titel „Alleinsein“ und präsentierte neben
       Comic-Auszügen auch Illustrationen, die Mattotti zu diesem Thema für die
       Süddeutsche Zeitung angefertigt hatte. Komplementäre Farb-Dramen ziehen
       sich durch die damals ausgestellten Werke, immer wieder erzeugt das Blau,
       manchmal auch Türkis, einen Kontrast zu den Gelb-Orange-Brauntönen, dazu
       kommt eine starke Hell-Dunkel-Dramatik.
       
       Vor 17 Jahren wurde Lorenzo Mattotti einmal gefragt, [2][wie er zu seiner
       typischen Farbwelt gekommen sei]. „Ich glaube das alles kommt von meiner
       Liebe zum Licht“, sagte Mattotti damals, „und meiner Verehrung für die
       italienischen Maler.“ Der selbst in Brescia in der Lombardei geborene
       Künstler hat seine Heimat vor etwa 20 Jahren verlassen, er lebt heute in
       Paris. Inzwischen hat er viele Techniken und Stile praktiziert, sich mit
       zahlreichen Themen befasst. Doch er scheint weiterhin aus den Eindrücken
       seiner Kindheit und Jugend zu schöpfen.
       
       Das Besondere an der Ausstellung 1993 war, dass sie Teil des Hamburger
       Spektakels „Am Anfang war der Strich“ war, einer großangelegten
       Comic-Schau, die den damaligen state of the art abzubilden versuchte. Die
       Werke wurden dem Genre Comic zugeordnet – dabei enthielten sie fast keines
       der traditionellen Elemente eines klassischen Comics mehr. Es gab kaum
       Sprechblasen, keinerlei Onomatopoesie („Bumm!“, „Zack!“, „Peng!“), keine
       Bewegung signalisierenden Speedlines, noch nicht einmal deutliche Konturen.
       Aber die da zu sehenden Arbeiten erzählten Geschichten mittels sequentiell
       angeordneter Felder auf Panels – zu Malerei gewordene Comics.
       
       Mattotti gehörte damals zur Avantgarde des Comics, was sein zuerst 1985 und
       1991 dann auch in Deutschland erschienener Band „Feuer“ auch dem
       erweiterten Kreis von Grafik-Nerds klargemacht haben muss. Damals war er
       Ende 20, hatte gerade Architektur studiert.
       
       Heute hat sich allgemein der Begriff „Graphic Novel“ durchgesetzt für das,
       was Mattotti macht. Der ist inzwischen 71 Jahre alt, mit Preisen überhäuft,
       vielfach und weltweit ausgestellt worden und hat sein Können in Genres wie
       Mode-Illustration, Bühnenbild, Plakatkunst oder Kinderbuch gezeigt.
       
       Mattotti ist bekannt für seine Virtuosität mit analogen Techniken, arbeitet
       mit Pastellfarben und Kreiden, zeigt die Pracht, die in Buntstiften steckt,
       und versteht sich auf fließende bewegte Linien, auch in Schwarz auf Weiß.
       Er versteht es, aus einem Felsen oder einem Baum ein Spektakel zu machen
       allein durch Linienführung und Farbdramaturgie. Seine Figuren stilisiert er
       in dem Maße, dass sie sich einem formalen Rhythmus anpassen zu scheinen.
       Das Ergebnis ist fast immer hoch ästhetisch und verheißt dabei Tiefe.
       
       Mattottis Themen sind Menschen im Kontext ihrer Umgebung, aber auch ihr
       Inneres, Bewegung, Einsamkeit. Er sagte einmal, dass er selbst in der
       Fremde wenig sozial agiere, sondern allein beobachte, wie sich die Menschen
       in der Umgebung bewegen würden. Er setzt sie in Beziehung zu dem, was sie
       umgibt: Architektur, Landschaft, Räume.
       
       2021 brachte er [3][seinen ersten Animationsfilm heraus, „Königreich der
       Bären“] (auf DVD erhältlich bei Weltkino, Leipzig.) 2023/24 verantwortete
       er Teile des Bühnenbildes sowie die Plakate zu einer Produktion von
       Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ an der Oper von Dijons. Und wer
       durfte wohl das Plakat gestalten, als [4][Italien 2024 Gastland der
       Frankfurter Buchmesse] war?
       
       Bei allem Experiment ist bei Mattotti immer etwas Einzigartiges zu
       erkennen, seit den 1980er-Jahren. „Unverwechselbarer Stil“ ist denn auch
       der Abend überschrieben, bei dem er nun in Hamburg auf seinen Berliner
       Zeichnerkollegen Mawil trifft.
       
       4 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ausstellung-im-Cartoonmuseum-Basel/!5471876
   DIR [2] https://cafebabel.com/de/article/lorenzo-mattotti-immer-offen-fur-alles-bleiben-5ae0058bf723b35a145decbb/
   DIR [3] /Trickfilm-Koenigreich-der-Baeren-auf-DVD/!5764317
   DIR [4] /Italienische-Comicneuheiten/!6041889
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Imke Staats
       
       ## TAGS
       
   DIR Comic
   DIR Hamburg
   DIR Graphic Novel
   DIR Animationsfilm
   DIR Graphic Novel
   DIR DVD
   DIR Comic
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Italienische Comicneuheiten: Wölkchen, die Impulse setzen
       
       Italien ist 2024 Gastland der Frankfurter Buchmesse. Dort haben Comics
       Tradition. Ein Überblick zu Graphic-Novel-Novitäten.
       
   DIR Trickfilm „Königreich der Bären“ auf DVD: Den Kampf mit den Menschen suchen
       
       „Königreich der Bären“ ist das Animationsfilmdebüt des berühmten Zeichners
       Lorenzo Mattotti. Er ist nur auf den ersten Blick schlicht und märchenhaft.
       
   DIR Ausstellung im Cartoonmuseum Basel: Dr. Jekyll und Mr. Mattotti
       
       Fragile Linien: Das Cartoonmuseum Basel ehrt den Zeichner und Illustrator
       Lorenzo Mattotti mit einer großen Schau.