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       # taz.de -- Polizeigewalt in Berlin: Polizist wegen Ohrfeigen verurteilt
       
       > Das Amtsgericht Tiergarten hat einen Berliner Polizisten zu einer
       > Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte gefesselten Menschen ins Gesicht
       > geschlagen.
       
   IMG Bild: In zwei Fällen hat der Polizist bereits gefesselte Menschen geohrfeigt (Symbolbild)
       
       Berlin taz | Zweimal hat ein Berliner Polizist im Dienst bereits
       gefesselten Menschen ins Gesicht geschlagen. Am Dienstag verurteilte das
       Amtsgericht Tiergarten den 27-Jährigen wegen Körperverletzung im Amt und
       versuchter Aussageerpressung zu neun Monaten Haft auf Bewährung.
       
       Der Angeklagte hatte zuvor die Übergriffe gestanden. Demnach hat er
       zunächst im April 2024 einen polnischen [1][Obdachlosen] im
       Anzeigenaufnahmeraum auf der Polizeiwache in der Brunnenstraße in Mitte mit
       der rechten flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Die Hände des Betroffenen
       waren in Handschellen hinter dessen Rücken fixiert.
       
       Der Mann sei „verhaltensauffällig und alkoholisiert“ sowie „der Polizei
       nicht wohlgesonnen“ gewesen, sagte der Angeklagte am Dienstag vor Gericht.
       Er habe nicht aufgehört herumzubrüllen. „Ich habe ihn geschlagen, damit er
       seinen Aufstand unterbindet“, so der Polizist.
       
       ## Zweiter Vorfall nur wenig später
       
       Nur wenige Wochen später kam es zu einem ähnlichen Vorfall in einer
       Bahnhofsbäckerei am Hackeschen Markt in Mitte. Auch hier hat der Angeklagte
       laut eigener Aussage einen schon gefesselten Mann geohrfeigt.
       
       Der Betroffene habe versucht, sich einer [2][Personenkontrolle wegen eines
       mutmaßlichen Drogendelikts] zu entziehen, erklärte der Polizist. Auch
       nachdem er und sein Kollege den Mann in Handschellen gelegt hatten, habe
       dieser sich nicht beruhigt.
       
       Der Festgenommene habe nach einem Glas Wasser verlangt, das der Polizist
       ihm verweigert habe. Als er festgestellt habe, dass er „mit verbalen
       Maßnahmen“ nicht weiterkomme, habe er den Mann ins Gesicht geschlagen,
       gestand der Angeklagte.
       
       Seine Kollegen hätten ihn an der Weste gepackt und ihn zurückgezogen. „Mir
       ist sofort klargeworden, dass ich durch diese impulsive Handlung eine
       Grenze überschritten habe“, erklärte der Polizist. Er habe sich bei dem
       gefesselten Mann entschuldigt.
       
       ## „Gangster in Uniform“
       
       „Sie haben sich verhalten [3][wie ein Gangster in Uniform]“, warf der
       Berufsrichter aus dem dreiköpfigen Schöffengericht dem Angeklagten vor. Die
       Taten seien von einer gewissen Brutalität gekennzeichnet, so der Richter.
       Die äußeren Umstände hingegen klängen für ihn wie Polizeialltag. Es sei
       nicht erklärlich, warum der Polizist angesichts dieser „Stammkundschaft“
       die Beherrschung verloren habe.
       
       Nach den Aussagen des Angeklagten und von Zeug*innen seien die Fälle von
       Körperverletzung im Amt nicht zu bezweifeln. Zudem wertete der Richter das
       vorenthaltene Glas Wasser als versuchte Aussageerpressung. Der Polizist
       habe den Betroffenen auf die Art dazu bringen wollen, ihm seine Personalien
       zu nennen. „Auch Angaben zur Person dürfen nicht durch unzulässige Mittel
       erpresst werden“, hielt der Richter fest.
       
       Mit der Strafe von neun Monaten Haft auf Bewährung liegt das Gericht über
       dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von acht Monaten. Der
       Staatsanwalt hatte nach der Beweisaufnahme Zweifel geäußert, ob es sich bei
       dem Vorfall in der Bäckerei auch um eine versuchte Aussageerpressung
       gehandelt habe.
       
       Für den jungen Polizisten bedeutet das Urteil wohl das Ende seiner
       Laufbahn. Zum Zeitpunkt der Taten war er erst seit einem Jahr im Dienst; er
       ist Beamter auf Probe. Mehrfach betonte er, wie viel für ihn in dem
       Verfahren auf dem Spiel stand. „Ich bin wirklich gern Polizist“, sagte er.
       Und: „Für mich ist Polizei alles.“
       
       ## Lebenstraum geplatzt
       
       Die Verteidigung bat deshalb in ihrem Plädoyer darum, beim Strafmaß zu
       berücksichtigen, dass „hier ein Lebenstraum geplatzt ist“. Die Strafe möge
       den Start in ein ziviles Berufsleben nicht allzu erschweren.
       
       Eine Bitte, der das Gericht nur bedingt nachkam. Dass die Schläge
       berufsrechtliche Folgen haben, sei „Tat und Schuld angemessen“, so der
       Richter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
       
       4 Mar 2025
       
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