# taz.de -- Verfassungsschutz an Unis: Das falsche Mittel
> Die Antwort auf Antisemitismus an den Hochschulen ist Bildungsarbeit.
> Geheimdienstler, wie Klein sie vorschlägt, haben dort nichts zu suchen.
IMG Bild: Pro-Palästina-Protest vor der Humboldt Universität, Mai 2024
Ginge es nach dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix
Klein, dann würde der Verfassungsschutz den Antisemitismus an den
Universitäten bekämpfen. Was für eine fürchterliche Idee. Es stimmt zwar,
dass es bei propalästinensischen Demonstrationen an den Hochschulen immer
wieder zu [1][antisemitischen Vorfällen] kommt. Deren Bandbreite reicht von
Hamas-Symbolen bis zu extremer Gewalt, wie etwa Anfang 2024 beim Angriff
auf einen jüdischen Studenten in Berlin.
[2][Juden*Jüdinnen fühlen sich an vielen Unis nicht mehr sicher]. Das
ist eine Schande. Aber für strafbare Taten sind Polizei und
Staatsanwaltschaften zuständig. Studierende, die mit antisemitischen Taten
auffallen, können schon jetzt exmatrikuliert werden. Und für alles, was
nicht justiziabel ist, versprechen Präventions- und Bildungsarbeit die
geeigneteren Gegenmittel zu sein.
Keine Frage: Bisher funktioniert das alles nicht besonders gut. Aber daran
würde sich nichts ändern, wenn nun auch noch Geheimdienstler mitmischten.
Was es stattdessen bräuchte, ist mehr Problembewusstsein und Konsequenz bei
den Unileitungen. Mehr Geld für Beratungsangebote. Bessere Koordination und
mehr Fingerspitzengefühl, etwa bei der Auswahl von universitären
Antisemitismusbeauftragten. Verfassungsschützer an die Unis zu schicken,
wäre dagegen eine hohle Geste.
Eine, die mit ihrem martialischen Ton die Befürchtung nährt, der geistige
Freiraum an den Unis solle eingeschränkt werden. Kleins Vorschlag ist schon
deshalb falsch, weil er suggeriert, Unis seien Inseln des Judenhasses,
während ringsherum alles in Ordnung ist. Antisemitismus unter Studierenden
ist keineswegs eine Besonderheit, die den Rest der Bevölkerung nicht
betrifft. [3][Ein Lagebild] zeigt, dass es 2023 insgesamt 150
antisemitische Vorfälle an deutschen Hochschulen gab.
In der gesamten Gesellschaft waren es über 4.000. Im Wissen um solche
Zahlen von Geheimdienstlern an Unis zu fabulieren, ist nicht nur sinnlos.
Es verschleiert auch, wie groß das gesamtgesellschaftliche Problem
Antisemitismus wirklich ist.
4 Mar 2025
## LINKS
DIR [1] /Judenhass-an-Unis/!6068845
DIR [2] /Forscherinnen-ueber-Juden-in-Deutschland/!6002992
DIR [3] https://report-antisemitism.de/documents/25-06-24_RIAS_Bund_Jahresbericht_2023.pdf
## AUTOREN
DIR Frederik Eikmanns
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