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       # taz.de -- Xi trifft Konzernchefs: Wirtschaftsgipfel mit chinesischen Eigenschaften
       
       > Jahrelang waren sich Chinas Regierung und die Großunternehmer des Landes
       > nicht grün. Warum sucht der Staatspräsident nun die Nähe zur Wirtschaft?
       
   IMG Bild: Xi Jinping während des Treffens mit privaten Unternehmern in Peking am 17. 02.2025
       
       Seoul taz | Wenn Xi Jinping den roten Teppich ausrollt, dann lässt sich
       Chinas Tech-Elite nicht zweimal bitten: Artig aufgereiht erschienen die
       Gründer von Xiaomi, BYD, [1][DeepSeek], Huawei und einem halben Dutzend
       weiterer Branchenriesen. Der zweifelsohne spektakulärste Gast saß ganz
       rechtsaußen: Jack Ma, [2][der vor vier Jahren in politische Ungnade fiel],
       scheint nun wieder in Pekings inneren Machtzirkel aufgenommen worden zu
       sein.
       
       Am Montagmorgen hat sich Xi Jinping erstmals seit mehreren Jahren wieder
       mit den führenden Unternehmern des Landes getroffen. In einer
       Volkswirtschaft, [3][deren Spielregeln vornehmlich von der kommunistischen
       Parteiführung vorgegeben] werden, ist eine solche Veranstaltung von
       höchster Bedeutung. Dementsprechend wurde das seit Tagen kolportierte
       Symposium von Investoren innig herbeigesehnt. Denn die naheliegende
       Botschaft lautet, dass die chinesische Regierung endlich ein demonstratives
       Zeichen setzen möchte, um das angeschlagene Vertrauen zur Privatwirtschaft
       zu stärken.
       
       Tatsächlich hat China ökonomisch seit der Pandemie nicht mehr zu alter
       Stärke zurückgefunden. Die [4][rigide „Null Covid“-Politik] hat bei
       internationalen Konzernen viel Porzellan zerbrochen, die Rückkehr der
       Parteiideologie in alle Lebensbereiche der Chinesen tat ihr Übriges. Die
       Auslandsinvestitionen sind während der letzten Jahre eingebrochen, die
       Jugendarbeitslosigkeit stark gestiegen.
       
       Doch mit dem spektakulären Erfolg des chinesischen Chatbots DeepSeek hat
       das Land derzeit wirtschaftlichen Rückenwind. Das Start-up aus Hangzhou hat
       demonstriert, dass es – trotz US-Sanktionen – [5][mit nur einem kleinen
       Bruchteil der finanziellen Ressourcen mit den Platzhirschen aus dem Silicon
       Valley mithalten] kann. Die Aktienkurse chinesischer Internetfirmen, die
       lange Zeit als nicht investierbar galten, zogen zuletzt deutlich an.
       Möglicherweise nutzt Xi Jinping nun die Gunst der Stunde, um seine
       Zuversicht in die heimischen Privatunternehmen zu demonstrieren. Oder
       vielleicht doch nicht?
       
       ## Geheime Geheimnistuerei
       
       Tatsächlich haben die chinesischen Staatsmedien bis Redaktionsschluss nur
       ein paar wenige Informationspuzzleteile des Wirtschaftsgipfels durchsickern
       lassen. In einer fünfzeiligen Aussendung der Nachrichtenagentur Xinhua hieß
       es lediglich, dass Xi Jinping eine „wichtige Rede“ gehalten habe – doch
       worum es dabei ging, bleibt weiter verborgen. Später folgten ein paar
       Pressefotos des Forums, gepaart mit einem 45-sekündigen Videoclip für die
       sozialen Medien. Was darauf zu sehen war, wirkte in seiner
       „nordkoreanischen“ Bildästhetik ziemlich befremdlich: Unterwürfig
       klatschten die Unternehmer im Gleichtakt, während Xi Jinping als
       übermächtiger Kaiser in den Saal einmarschierte. Später machten sie eifrig
       Notizen.
       
       All dies lässt auch eine zweite Lesart zu: Dass es Xi Jinping vielleicht
       nicht vornehmlich darum geht, die Privatwirtschaft zu stärken. Sondern dass
       er vor allem sicherstellen möchte, dass sich die führenden Unternehmen des
       Landes den nationalen Interessen unterordnen.
       
       ## Jack Ma wieder dabei
       
       Jack Ma, der erstmals seit über vier Jahren wieder bei einem solch
       offiziellen Treffen zu sehen war, ist dafür das beste Beispiel. Als
       reichster Mann des Landes verkörperte er einst mit seinem
       E-Commerce-Imperium Alibaba den chinesischen Traum. Doch als er es wagte,
       im Oktober 2020 bei einer Rede die „Pfandleihhaus-Mentalität“ der
       Bankenbehörden zu kritisieren, wurde er nach dieser Provokation von der
       Parteiführung in die Schranken verwiesen: Die [6][gesamte Tech-Branche
       wurde im Zuge einer beispiellosen Regulierungswelle regelrecht dezimiert,]
       Jack Ma verschwand monatelang von der Bildfläche. In den kommenden Jahren
       wurde er – wenn überhaupt – im Ausland gesichtet.
       
       Während Xi Jinping die privaten Tech-Firmen geschwächt hat, baute er
       gleichzeitig die Macht der bürokratischen, aber loyalen Staatsbetriebe
       systematisch aus. Doch der Erfolg von DeepSeek hat wieder einmal gezeigt:
       Die unternehmerischen Innovationen gehen vor allem von der Privatwirtschaft
       aus. Sie verfügt über eine höhere Produktivität und generiert ebenfalls
       überproportional viele Arbeitsplätze.
       
       Dies wäre wohl die offensichtliche Botschaft an Xi Jinping. Doch ob es
       einer der Unternehmer am Montag wagte, das offen auszusprechen, ist
       fraglich.
       
       17 Feb 2025
       
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