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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens
       
       > Beim G-20-Gipfel in Johannesburg zeigt Russlands Außenministers Lawrow,
       > dass Moskau bei seinen Maximalforderungen bleibt. Westliche Politiker
       > widersprechen zum Teil heftig.
       
   IMG Bild: Großbritanniens Außenminister David Lammy nennt die Rede seines russischen Amtskollegen bei den G20 in Johannesburg „müde Märchen“
       
       Lawrow: Krieg in der Ukraine nur durch Änderungen in Kyjiw zu lösen
       
       Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat erneut den Westen und Kyjiw für
       den seit drei Jahren laufenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
       verantwortlich gemacht. „In Europa hat die unbedachte Erweiterung der
       Allianz (Nato) schon zur ukrainischen Krise geführt“, sagte der russische
       Politiker bei seiner Rede am Donnerstag auf dem G20-Außenministertreffen in
       Johannesburg. Eine Lösung für den Konflikt könne nur gefunden werden, wenn
       die „Ursachen der Krise in der Ukraine beseitigt“ würden – so müsste Kyjiw
       etwa zur Ausübung der Sprach- und Religionsfreiheit angehalten werden.
       
       Moskau hat den Krieg vor drei Jahren unter anderem fälschlich damit
       begründet, dass die russischsprachige Minderheit im Osten der Ukraine
       unterdrückt werde. Lawrow bezeichnete in Johannesburg einmal mehr die
       ukrainische Regierung als rassistisch und warf dem Westen vor,
       neofaschistische Bewegungen in der Ukraine zu unterstützen. [1][Die
       Verhandlungen in Saudi-Arabien] mit den USA sind seinen Worten nach
       wiederum gut verlaufen. So sei die Gegenseite zur Einsicht gelangt, dass
       Sicherheit in Europa auch die Sicherheit Russlands einschließen müsse.
       
       US-Präsident Donald Trump hat in der vergangenen Woche erstmals mit
       Kremlchef Wladimir Putin telefoniert, um über eine Beendigung des Kriegs zu
       sprechen. Allerdings mehren sich wegen jüngster Aussagen Trumps die
       Befürchtungen, dass ein mögliches Friedensabkommen über die Köpfe der
       Ukrainer hinweg und zu deren Lasten beschlossen wird. So attestierte Trump
       etwa Putin den Willen zum Frieden, [2][während er den ukrainischen
       Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einen Diktator nannte], Zugang zu den
       [3][ukrainischen Rohstoffen] forderte und erklärte, Moskau habe die Trümpfe
       in der Hand, weil es Territorien erobert habe. (dpa)
       
       Britischer Außenminister: Lawrow verbreitet „müde Märchen“
       
       Beim G20-Außenministertreffen spricht auch der russische Außenminister
       Lawrow. Sein britischer Kollege wirft ihm danach vor, nicht ernsthaft an
       Verhandlungen für einen Frieden interessiert zu sein.
       
       Mit Bezug auf die Äußerungen von Russlands Außenminister Sergei Lawrow
       bezweifelt der britische Außenminister David Lammy, dass Russland ernsthaft
       über eine Friedenslösung in der Ukraine verhandeln will. Laut der
       britischen Nachrichtenagentur PA sagte Lammy: „Ich sehe keinen Appetit,
       diesen Frieden wirklich zu erreichen.“ Man sei nicht in die Nähe einer
       Verhandlungslösung gekommen.
       
       Der russische Außenminister boykottierte den Angaben zufolge Lammys Rede,
       die dann vom britischen Außenministerium veröffentlichte wurde. In ihr warf
       Lammy Lawrow vor, „müde Märchen“ und „die Logik des Imperialismus,
       verkleidet als Realpolitik“ zu verbreiten. „Wenn es (Kremlchef Wladimir)
       Putin mit einem dauerhaften Frieden ernst ist, dann muss er einen Weg
       finden, der die Souveränität der Ukraine und die UN-Charta respektiert, der
       glaubwürdige Sicherheitsgarantien bietet und der den zaristischen
       Imperialismus zurückweist, und Großbritannien ist bereit, zuzuhören.“
       Lawrows Rede war nicht öffentlich. (dpa)
       
       ## Ukrainisches Militär: 87 russische Drohnen abgeschossen
       
       Die russischen Angriffe auf die Ukraine gehen unvermittelt weiter. Das
       ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Freitag 87
       russische Drohnen abgefangen und zerstört. 70 weitere seien mutmaßlich
       durch elektronische Luftabwehr abgefangen worden. Insgesamt hätten die
       russischen Streitkräfte 160 Drohnen auf Ziele in der Ukraine gestartet.
       Zudem hätten sie mit zwei ballistischen Raketen die Region Odessa im Süden
       des Landes angegriffen. (rtr)
       
       Suspendierung der US-Auslandshilfen hat gravierende Auswirkungen
       
       Die Ukraine leidet weiterhin unter einer der größten Vertreibungskrisen
       weltweit. 6,8 Millionen Menschen sind seit Kriegsbeginn im Februar 2022 aus
       ihrer Heimat geflohen und weitere 3,6 Millionen Menschen sind innerhalb des
       Landes auf der Flucht. Insgesamt 12,7 Millionen Ukrainer*innen sind auf
       humanitäre Hilfe angewiesen. Doch diese steht an einem Wendepunkt, da die
       US-Auslandshilfen suspendiert wurden.
       
       Zusätzlich zur dramatischen Situation der Binnenflüchtlinge leidet die
       ukrainische Bevölkerung unter der desolaten wirtschaftlichen Situation, in
       der mehr als 9 Millionen Menschen in Armut leben. Der Verlust stabiler
       Einkommensquellen, die Zerstörung der landwirtschaftlichen und
       industriellen Infrastruktur sowie die Schließung vieler Kleinbetriebe haben
       die Situation weiter verschärft.
       
       Die gezielten Angriffe auf die Energieinfrastruktur haben die
       Gesundheitsversorgung und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen
       weiter beeinträchtigt. Stromausfälle und Schäden an der Infrastruktur
       behindern den Betrieb von Krankenhäusern, den Zugang zu Medikamenten und
       lebenswichtigen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung
       und Heizung. Besonders betroffen sind gefährdete Bevölkerungsgruppen wie
       ältere Menschen, chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen.
       
       [4][Die Suspendierung der US-Auslandshilfen hat schwerwiegende Auswirkungen
       – weltweit] und in der Ukraine. Sie schränkt die Möglichkeiten
       gemeinnütziger Organisationen wie Aktion gegen den Hunger ein,
       lebensrettende Hilfe zu leisten. Die Aussetzung der durch US-Hilfe
       finanzierten Maßnahmen könnte Auswirkungen auf etwa 20.000 Menschen haben.
       Das betrifft den Zugang zur Gesundheitsversorgung für 18.000 Menschen, die
       in abgelegenen Gebieten und unter prekären Bedingungen leben sowie die
       psychologische Betreuung für vertriebene und traumatisierte Kinder und
       Jugendliche.
       
       Aktion gegen den Hunger musste bereits die Verteilung von Bargeld an
       Familien einstellen, die nahe der Frontlinie vertrieben wurden. „Diese
       Familien, etwa 1.800 Menschen, sind extrem gefährdet und können derzeit
       nicht unterstützt werden. Auch die psychosoziale Betreuung von vertriebenen
       Kindern und Jugendlichen, die durch den Konflikt traumatisiert sind und in
       Sammelunterkünften leben, musste eingestellt werden. Sie haben uns gebeten,
       weiterzumachen, wir haben Aufrufe erhalten, weiterzumachen, aber wir
       mussten aufhören. Es ist herzzerreißend. Sie brauchen uns, sie brauchen
       unsere Hilfe“, erläutert Ionut Raita, Landesdirektor von Aktion gegen den
       Hunger in der Ukraine. (ots)
       
       ## Merz spricht von Täter-Opfer-Umkehr
       
       Deutsche Politiker äußern sich entsetzt über die Verhandlungen zwischen
       Russland und den USA. Vor allem, dass US-Präsident Trump der Ukraine
       indirekt eine Schuld am andauernden Angriffskrieg Russlands gibt,
       schockiert Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Der CDU-Politiker findet klare
       Worte:
       
       „Das ist im Grunde genommen eine klassische Täter-Opfer-Umkehr“, sagte Merz
       im RBB-Inforadio. „Das ist das russische Narrativ, so wird das ja von Putin
       seit Jahren auch dargestellt und ich bin ehrlicherweise einigermaßen
       schockiert darüber, dass Donald Trump das jetzt offensichtlich sich selbst
       zu eigen gemacht hat.“
       
       Merz sagte weiter: „Aber auch das ist jetzt ein Faktum, mit dem wir umgehen
       müssen. Jetzt ist wichtig, dass die Europäer sich sehr, sehr schnell auf
       eine gemeinsame Strategie verständigen, wie sie mit diesem Thema umgehen.“
       Bitten und Betteln um einen Platz am Verhandlungstisch sei nicht richtig.
       „Wir müssen jetzt eigenes Gewicht entwickeln.“
       
       Habeck wirft USA Verrat vor
       
       Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck wirft den USA und Russland vor, die
       Ukraine ohne Verhandlungen mit der Regierung in Kiew aufteilen zu wollen.
       „Das ist ja Imperialismus, was die da machen. Das ist Verrat und
       Imperialismus“, sagt Habeck im ZDF-Morgenmagazin. Es sollte überdacht
       werden, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte stärker zu nutzen. Die
       Sonderzölle der neuen US-Regierung von Donald Trump bezeichnet Habeck als
       riskant. Die Inflation in den USA steige bereits. „Er kann es auch
       verlieren.“
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz warnt, die Ukraine dürfe nicht allein gelassen
       werden. [5][Ihre Armee sollte weiter unterstützt werden]. „Wir müssen diese
       Aufgaben auch finanzieren“, sagt der SPD-Kanzlerkandidat im ZDF. Dafür
       brauche es größere Schuldenspielräume in Deutschland. Es sei aber noch zu
       früh für die Debatte, ob auch deutsche Soldaten einen Friedensschluss in
       der Ukraine absichern sollten.(rtr)
       
       ## Merz hält Friedenstruppen für die Ukraine für verfrüht
       
       Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat Überlegungen zur Entsendung
       deutscher Soldaten in die Ukraine zum gegenwärtigen Zeitpunkt
       zurückgewiesen. Es sei „zu früh, darüber nachzudenken“, sagte der CDU-Chef
       am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. „Es könnte sein, dass es
       Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben muss. Aber das geht nicht,
       solange dort der Krieg herrscht“, fügte Merz hinzu. Der Krieg in der
       Ukraine werde [6][nicht „mit deutschen Soldaten“ beendet werden], sondern
       „nur mit einer ukrainischen Armee, die sich weiter verteidigen kann“.
       
       Im Hinblick auf die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik mache er sich
       große Sorgen über das Verhalten der US-Regierung, sagte Merz weiter. „Wir
       müssen uns darauf einstellen, dass Donald Trump das Beistandsversprechen
       des Nato-Vertrages nicht mehr uneingeschränkt gelten lässt. Deswegen ist es
       aus meiner Sicht wichtig, dass die Europäer jetzt wirklich größte
       Kraftanstrengungen unternehmen, um wenigstens in der Lage sein zu können,
       den europäischen Kontinent aus eigener Kraft zu verteidigen“, sagte der
       Kanzlerkandidat.
       
       Dabei könnte auch die nukleare Abschreckung eine Rolle spielen, fügte er
       hinzu. Die französische Regierung habe mehrfach mit deutschen Regierungen
       darüber sprechen wollen, „ob nicht die nukleare Teilhabe, zumindest die
       nukleare Sicherheit aus Großbritannien und Frankreich auch für uns in
       Anspruch genommen werden könnte“, sagte Merz. Diese Anfrage sei bisher von
       deutschen Regierungen immer unbeantwortet geblieben. Sollte er
       Bundeskanzler werden, würde für ihn die „Frage des Letztenscheidungsrechts“
       eine wichtige Rolle spielen, wer also „bildlich gesprochen den (Atom)koffer
       in der Hand“ haben werde. (afp)
       
       21 Feb 2025
       
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