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       # taz.de -- Neu an der Dartscheibe: An der Wurftechnik pfeilen – womöglich auch mit Futschis
       
       > Stinkende Eckkneipen sind schon mal ein guter Ort für Sport. Neben dem
       > Lifestyle spricht aber vieles mehr für Darts. Die Karriere kann beginnen.
       
   IMG Bild: Darts noch ohne den Elektrokram im Ratskeller von Heiligenhaus
       
       Der Berliner Atze Heiko tingelt durch Kiezkneipen und trinkt Futschis, eine
       Mischung aus Weinbrand und Cola. Wenn er davon genug intus hat, wird er
       mutig und kann genial gut Darts spielen. Zumindest ist das die Prämisse
       [1][des Films „Heikos Welt“]. Sein Ziel: genug Geld für die Augen-OP seiner
       Mutter gewinnen.
       
       Eine Geschichte so absurd wie perfekt, um zu verstehen, wo der Kultsport
       herkommt: aus nach Bier, Rauch und Pisse stinkenden Eckkneipen, in denen
       bierbäuchige Männer mit Goatee-Bärten, in denen noch Currywurstsoße hängt,
       Pfeile auf eine runde Scheibe werfen. Ich will euch nichts vormachen: Ein
       bisschen sexy finde ich das schon.
       
       Ein bisschen bin ich auf der Suche nach diesem Lifestyle, ein bisschen
       betrachte ich Kneipen als mein Metier. Der Sport hat also ganz
       natürlicherweise seinen Weg zu mir gefunden. Gleichzeitig muss ich in
       dieser Sportkolumne einen bewegungsarmen Sport vorstellen. Hab mir nämlich
       aus Gründen, die ich hier nicht weiter ausführen will, eine Rippe
       angebrochen.
       
       ## Vom Schummerlicht ins Scheinwerferlicht
       
       Zum Glück sind seit einigen Monaten ein paar meiner Freund:innen auf
       einmal Dartsliebhaber:innen und tingeln auf den Spuren von Heiko durch
       die Berliner Kiezkneipen. Mit ihrer Begeisterung für den Sport sind sie
       nicht allein, Dart hat es spätestens seit der Pandemie vom Schummerlicht im
       „Flachbau“ ins Scheinwerferlicht auf die Flachbildschirme geschafft.
       
       [2][Die jährliche Darts-WM „Ally Pally“] in London findet perfekt zum
       Auf-dem-Sofa-Sitzen über den Jahreswechsel statt. Ich hätte es nicht
       gedacht, aber das ist tatsächlich spannend. Anfangs habe ich mich davor
       gedrückt, Darts selbst auszuprobieren. Ihr wisst schon, das Commitment von
       regelmäßigen Spieldates und überhaupt, ich habe schon meine sprachlichen
       Probleme mit dem Sport. Darf ich noch Dart sagen? Oder muss ich Darts
       sagen, weil sO iSt Es nUn MaL KoRrekt, wie als unterschwelliger Vorwurf in
       einigen Gesprächen über den Sport mitschwingt.
       
       Habe mich dann aber doch dran gewagt. Der erste Abend an einer Dartscheibe
       in der „Linie 1“ in Kreuzberg, ganz oldschool ohne Elektronik. Ein paar
       Pfeile gingen daneben, ein paarmal habe ich aber auch aus Versehen die 20
       getroffen. Erkenntnisse bisher: Man braucht viel mehr Präzision, als ich
       dachte (das Handgelenk ist entscheidend). Man braucht viel weniger Kraft
       und Ausdauer, als ich dachte, der Arm tut trotzdem danach weh und auch der
       Kopf, aber das kann auch an den Bieren liegen. Dartpfeilspitzen brechen
       viel schneller als Rippen, so schnell, dass die meisten Kneipen eine ganze
       Tupperdose voll Ersatzspitzen haben.
       
       Dartspieler:innen in den Kneipen sind superlieb und auch im TV wirken
       viele total sympathisch: Es gibt gemischte Meister:innenschaften, Männer
       können Väter sein und ihr Baby stolz auf die Bühne holen, [3][nicht der
       Norm-Schönheit eines Topathleten entsprechen,] und wenn sie wollen, auch
       einen Irokesen-Haarschnitt tragen. Und: man kann auch noch mit weit über 50
       Dartsprofi werden. Für meine Karriere habe ich also noch Hoffnung. Ich muss
       noch ein bisschen an meiner Wurftechnik pfeilen, um wirklich flexen zu
       können. Nächstes Ziel: dreimal hintereinander in die Mitte treffen.
       Vielleicht probiere ich es mal mit Futschis.
       
       12 Mar 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ann-Kathrin Leclere
       
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