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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Russlands dröhnendes Schweigen
       
       > Kyjiw erklärt seine Bereitschaft zu einer Waffenruhe, die US-Militärhilfe
       > läuft wieder. Wie reagiert Putin? Das offizielle Moskau hält sich
       > bedeckt.
       
   IMG Bild: Putin hat sich noch nicht zu den Plänen der Waffenruhe geäußert
       
       Moskau taz | Maria Sacharowa gibt sich am Mittwoch verklausuliert. „Die
       Festlegung der Haltung der Russischen Föderation“, sagt die Sprecherin des
       russischen Außenministeriums bei Radio Sputnik, „findet nicht im Ausland
       aufgrund irgendwelcher Vereinbarungen oder Bemühungen einiger Parteien
       statt. Die Festlegung der Haltung der Russischen Föderation findet
       innerhalb der Russischen Föderation statt.“ Es klingt so wie immer im
       Außenministerium von Moskau: „Ihr, auf der anderen Seite des diplomatischen
       Ozeans“, wie es Sacharowa formuliert, „könnt irgendwas hinausposaunen. Wir
       machen das, was wir machen.“
       
       Zu dem Zeitpunkt sind bereits einige Stunden vergangen, seit die Ukraine
       nach neunstündigen Gesprächen mit den USA in Dschidda in Saudi-Arabien ihre
       Bereitschaft zu einer 30-tägigen Waffenruhe entlang der gesamten Frontlinie
       erklärt hatte. Zu der Absicherung gibt es bislang keine Einzelheiten. Die
       US-Militärhilfe für Kyjiw läuft wieder, auch nachrichtendienstliche
       Informationen sollen weiter fließen. Der Vorschlag setzt Moskau unter
       Zugzwang. „Der Ball ist in ihrer Hälfte“, hatte US-Außenminister Marco
       Rubio in Dschidda erklärt.
       
       Moskau aber hält sich bedeckt. „Man sollte nichts überstürzen“, sagte
       Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. „Wir studieren die abgegebenen
       Erklärungen sorgfältig und machen uns mit dem Text der gemeinsamen
       Vereinbarung vertraut.“ An diesem Freitag, so hieß es aus Washington, soll
       ein Gespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem
       amerikanischen Amtskollegen Donald Trump stattfinden. Moskau hat dieses
       Gespräch bislang nicht bestätigt. „Sollte Bedarf bestehen, wird ein Anruf
       sehr schnell organisiert“, sagte Peskow.
       
       Was die Waffenruhe angeht, so hatte Putin in aller Deutlichkeit bereits am
       20. Januar geantwortet: „Das Ziel sollte kein kurzfristiger
       Waffenstillstand sein, nicht eine Art von Ruhepause zur Umgruppierung der
       Kräfte und Wiederaufrüstung, um den Konflikt anschließend fortzusetzen“,
       hatte er bei einer Sitzung des Sicherheitsrats in Moskau gesagt.
       
       ## Völlige Kontrolle
       
       „Das Ziel sollte ein dauerhafter Frieden sein, der die legitimen Interessen
       aller Menschen achtet, die in dieser Region leben.“ Die Interessen
       Russlands betont Moskau seit seiner Invasion in der Ukraine immer wieder:
       „Entnazifizierung und Demilitarisierung der Ukraine“.
       
       Letztlich geht es um [1][die Zerstörung der Ukraine in ihrer jetzigen Form
       und die völlige Kontrolle durch Russland über das Land.] Putin sagt immer
       wieder, für einen Frieden müssten die „anfänglichen Gründe“ ausgemerzt
       werden. Das sind in den Augen Moskaus die Ausdehnung der Nato und die
       angebliche Missachtung der Rechte von Russischsprachigen in der Ukraine.
       Friedenstruppen in der Ukraine hält Moskau für „inakzeptabel“.
       
       „Inakzeptabel“ ist in Moskau denn auch das Wort des Tages zu den Gesprächen
       von Dschidda. Der Duma-Abgeordnete Viktor Sobolew meint, eine Waffenruhe
       „können wir nicht zulassen. Das spielt den ukrainischen Faschisten in die
       Hände“. Alexander Koz, einer von Russlands bekanntesten Militärbloggern,
       schrieb: „Steckt euch eure Friedensinitiativen in den Arsch.“ Im
       Telegram-Kanal von „Zwei Majore“ heißt es: „Fahr zur Hölle, Amerika!“
       [2][Vor einigen Tagen noch feierten die russischen Propagandisten Amerika
       als „Russlands Zwillingsbruder“ und Trump als „Großmeister“].
       
       Russland sieht sich derzeit militärisch in einer starken Position. Nach dem
       Vorrücken über eine Pipeline, die bis Januar noch russisches Gas nach
       Europa transportiert hatte, soll in der russischen Stadt Sudscha im Gebiet
       Kursk wieder die russische Flagge wehen.
       
       ## Wie eine Falle
       
       Über Monate hinweg hatten ukrainische Truppen Gebiete auf dem russischen
       Territorium gehalten. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert einen Insider
       aus dem Kreml, wonach der Waffenruhe-Vorschlag wie eine Falle aussehe. Ohne
       konkrete Garantien oder Zusagen werde sich Moskau nicht auf einen
       Waffenstillstand einlassen.
       
       Bereits im Juni 2023 hatte Putin seine „einfachen Bedingungen für den
       Frieden“ formuliert: Die Ukraine soll alle Truppen aus den Regionen
       Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson abziehen, diese und auch die
       Krim sollen im Völkerrecht als zu Russland gehörig anerkannt werden. Die
       Ukraine soll für immer auf einen Nato-Beitritt verzichten. Die Sanktionen
       gegen Russland sollen vollständig aufgehoben werden.
       
       Diese Positionen werden seitdem immer wieder bekräftigt. Eine Absage an die
       Waffenruhe würde allerdings Russland zu einem Friedensverweigerer machen.
       Dabei rühmt sich Putin stets als derjenige, der „nichts anderes als
       Frieden“ wolle. Und wird Moskau so schnell wieder die fragile
       russisch-amerikanische Annäherung gefährden? Viel eher dürfte der Kreml,
       wie so oft, auf Zeit spielen.
       
       12 Mar 2025
       
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