# taz.de -- Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Chance auf innovativen Tarifvertrag?
> Am Wochenende ringen Verdi und Beamtenbund mit Bund und Kommunen um einen
> neuen Tarifvertrag. Die politischen Umstände könnten sich als günstig
> erweisen.
IMG Bild: Verdi: bereit für den Kampf um einen neuen Tarifvertrag
Berlin taz | Flankiert von Warnstreiks steht beim öffentlichen Dienst das
Ringen um einen neuen Tarifvertrag an. In der dritten Verhandlungsrunde
kommen ab Freitag die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie der Deutsche
Beamtenbund auf der einen und Vertreter von Bund und Kommunen auf der
anderen Seite zusammen. [1][Bisher haben die Arbeitgeber kein Angebot
vorgelegt.]
Betroffen sind rund [2][2,6 Millionen Beschäftigte in den Bereichen] der
öffentlichen Verwaltung sowie kommunaler Unternehmen, beispielsweise beim
ÖPNV, der Müllabfuhr, den kommunalen Krankenhäusern und Kitas, bei Theatern
und Flughäfen. Die aktuelle Tarifrunde steht unter dem Eindruck der letzten
Tarifrunde 2023, die für die Beschäftigten recht gut abgeschlossen wurde
und von breiten Mobilisierungen getragen war. Zurückgeführt wurde dies auch
auf die Inflation, die sich stark im Geldbeutel der Arbeitnehmer bemerkbar
machte. Zum ersten Mal seit Gründung im Jahr 2001 verzeichnete Verdi damals
ein Mitgliederplus.
Die diesmaligen Forderungen der Arbeitnehmervertreter für den angestrebten
Tarifvertrag mit 12-monatiger Laufzeit sind ambitioniert und komplex: Im
Mittelpunkt stehen 8 Prozent mehr Lohn im Volumen, mindestens aber 350 Euro
mehr, verschiedene Zuschläge für belastende Tätigkeiten, drei zusätzliche
freie Tage plus einen weiteren für Gewerkschaftsmitglieder sowie ein
„Meine-Zeit-Konto“, auf das Lohnerhöhungen eingezahlt und in mehr Freizeit
umgewandelt werden können.
Gerade die Verknüpfung von Entgeltforderungen mit Vorschlägen zur
Verkürzung der Arbeitszeit beziehungsweise mehr Zeitsouveränität für die
Beschäftigten gilt als zukunftsträchtig. Zur demokratischen Erarbeitung
dieser Forderung hatte Verdi bereits im vergangenen Frühsommer einen langen
Befragungsprozess begonnen – circa 150.000 von Beschäftigten ausgefüllte
Fragebögen wurden dabei ausgewertet.
## Finanzielle Verluste
Wie viele Bestandteile der Forderungen durchgesetzt werden können wird sich
in den nun anstehenden Verhandlungen zeigen, offen ist, ob
Arbeitszeitverkürzungsaspekte zugunsten der Entgeltforderungen geopfert
werden. Die derzeit stattfindenden Streiks an zentralen Schmerzstellen wie
Flughäfen, bei denen die Arbeitgeber im Gegensatz zu Streiks in der Kita
auch finanzielle Verluste erleiden, haben im Vorfeld die
Verhandlungsposition der Arbeitnehmervertreter stärken sollen.
Von den betroffenen rund 2,6 Millionen Beschäftigten sind nur 154.000 beim
Bund, der Rest bei den kommunalen Arbeitgebern angestellt. Eine
entscheidende Rolle kommt also der Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände (VKA) unter Verhandlungsführung ihrer Präsidentin Karin
Welge zu. Am Dienstag [3][kritisierte Welge, die Oberbürgermeisterin von
Gelsenkirchen ist, die Streiks in der WAZ] als der Bevölkerung nicht
vermittelbar und die Gewerkschaftsforderungen als nicht finanzierbar. Für
den Bund ist kommissarisch immer noch Innenministerin Nancy Faeser
Verhandlungsführerin, eine SPD-Parteifreundin von Welge.
„Letztlich ist es der Bund, der den Kommunen bestimmte Aufgaben aufbürdet,
ihnen aber die erforderlichen Mittel dafür häufig verwehrt und sie dadurch
in ihren personalpolitischen Handlungsmöglichkeiten einschränkt“,
argumentiert ein Sprecher von Verdi für mehr Investitionen. In den letzten
beiden Wochen wurde das Dogma der Schuldenbremse selbst von den
Unionsparteien aufgeweicht. Die parallel zu den Tarifverhandlungen
stattfindenden Koalitionsgespräche und die von CDU/CSU und SPD diskutierten
Investitionsmilliarden in Infrastruktur eröffnen vor diesem Hintergrund für
die Forderungen von Verdi und Beamtenbund ein politisches
Möglichkeitsfenster.
14 Mar 2025
## LINKS
DIR [1] /Tarifkonflikt-im-oeffentlichen-Dienst/!6074197
DIR [2] /Warnstreiks-im-oeffentlichen-Dienst/!6071530
DIR [3] https://www.waz.de/rhein-und-ruhr/article408524408/staedte-vor-gross-streik-das-verstehen-die-leute-nicht-mehr.html
## AUTOREN
DIR Daphne Weber
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