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       # taz.de -- Tagebuch aus der Ukraine: Schlimmer, als würde die Welt uns nur alleine lassen
       
       > Viele Verwandte und Freunde unseres Autors verstehen nicht mehr, was
       > geschieht. Ihr Land soll plötzlich der Aggressor sein? Wie verrückt ist
       > die Welt?
       
   IMG Bild: Protest in Kyjiw: Eine Frau demonstriert vor der Botschaft der USA
       
       Kyjiv taz | Ein unangenehmes Déjà-vu. Das beschreibt in etwa, wie ich den
       dritten Jahrestag der vollständigen russischen [1][Invasion in der
       Ukraine], einfach gesagt: des Krieges, erlebt habe. Denn wieder einmal muss
       ich ständig die Nachrichten lesen, wieder muss ich den Blick zum Himmel
       richten und mich fragen: „Was zum Teufel ist da los? Hat es diese ohnehin
       schon verrückte Welt geschafft, noch verrückter zu werden?“
       
       Die Nachrichten waren in jüngster Zeit nicht gerade abwechslungsreich, sie
       handelten von Fronten, Beschuss und Toten. Man könnte sagen: Daran kann man
       sich gewöhnen, auch wenn es schrecklich klingt. Doch jetzt ist [2][Donald
       Trump] auf der Bildfläche erschienen und hat versprochen, den Krieg so
       schnell wie möglich zu beenden – und damit hat sich ein wahres Tor zur
       Hölle geöffnet.
       
       Der Krieg steht keinesfalls vor seinem Ende. Es gibt nun bloß
       Anschuldigungen, dass die Ukraine diejenige sei, die keine Einigung mit
       Russland erzielen könne, und die deshalb die Schuld an seiner Fortdauer
       trage. Das ist er, der erste Aufruf zur Aufführung des Theaters der
       „Realpolitik“, das von rechten Politiker:innen in aller Welt so
       geschätzt wird.
       
       Ich möchte die Aufmerksamkeit der Leser:innen auf die Weltkarte lenken:
       War dieses Land am Schwarzen Meer tatsächlich in der Lage, eine Atommacht
       zu provozieren? Sollen wirklich wir Ukrainer:innen es sein, die Russland
       gegenüber einen Akt der Aggression begangen haben?
       
       ## Die Menschen in der Ukraine sind leidgeprüft
       
       Die Ukrainer:innen sind es gewohnt, dass viele Politiker:innen sich
       es sehr einfach machen und en passant die Kapitulation der Ukraine fordern.
       Das war im [3][Februar 2022] so, und eine solche Meinung gibt es auch
       jetzt. Warum bieten diese Spezialisten für einfache Lösungen nicht einfach
       an, die russischen Truppen abzuziehen? Schade, dass auf diese Idee niemand
       kommt, aber das ist schon in Ordnung, wir kennen es ja.
       
       Als nächstes kommt Trumps [4][Forderung nach den seltenen Erden] in der
       Ukraine. Er will „das Geld zurückhaben“, das die USA für die Ukraine
       ausgegeben haben. Hier werden die Augen der Ukrainer:innen vor
       Überraschung groß, und die Worte „Lithium“, „Titan“ und „Graphit“ sind
       sogar in öffentlichen Verkehrsmitteln zu hören. Natürlich wissen die
       Ukrainer:innen seit ihrer Schulzeit, dass ihr Land über riesige
       Mineralienvorkommen verfügt, aber wer hätte gedacht, dass sie für die
       Hilfe, die sie erhielten, bezahlen müssen?
       
       Womit gehen wir in das vierte Jahr des großen Krieges? Zumindest ist da die
       große Angst, dass zu viel ohne die Ukraine entschieden wird. Man muss kein
       politikwissenschaftlicher Experte sein, um zu erkennen, dass der
       US-Präsident ein konservatives, rechtsextremes [5][Russland] einer
       komplexen, unangenehmen, schmerzhaften und herausfordernden Ukraine
       vorzieht.
       
       Lange Zeit glaubte man hierzulande, dass die konventionelle Welt, auch wenn
       es sich vor allem um den Westen handelt, an unserer Seite steht. Jetzt ist
       dieses Gefühl immer weniger verbreitet. Immer öfter höre ich von Verwandten
       und Freunden, dass sie einfach nicht mehr verstehen, was um sie herum
       geschieht. Immer häufiger lösen die Nachrichten nicht den üblichen Stress
       aus, sondern Apathie.
       
       Man hat hier nicht das Gefühl, dass das Grauen des Krieges aufhört, wie es
       in Washington behauptet wird, sondern im Gegenteil: dass das Grauen
       weitergeht, dass es wächst und sich immer weiter entwickelt.
       
       Vasili Makarenko ist freier Autor aus Kyjiw und war Teilnehmer eines
       [6][taz Panter Workshop für Osteuropa]. 
       
       Aus dem Russischen von [7][Tigran Petrosyan]. Finanziert wird das Projekt
       von der [8][taz Panter Stiftung].
       
       7 Mar 2025
       
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