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       # taz.de -- Temperatursturz im März: Das streikende Auto
       
       > Mein Ford-Transit wollte nicht anspringen und ich musste mir etwas
       > einfallen lassen, um zur Arbeit zu kommen. Und wer war schuld? Die Kälte
       > nicht.
       
   IMG Bild: Blauer Himmel und eisige Kälte: Osman gehört zu den Leidtragenden
       
       Ausgerechnet heute Morgen ist wieder der tiefste Winter! Bei klirrender
       Kälte springt mein alter Ford-Transit nicht an. Seltsame Geräusche gibt er
       von sich: „Woor woorrr, hy hy hy, by by by …“ Ich kann genau verstehen, was
       er sagt. Ich bin wahrscheinlich der einzige, der Ford-Transitisch sprechen
       kann. „Lass mich in Ruhe, bei dem Sauwetter setze ich nicht mal ein Rad auf
       die vereiste Straße“, heißt es. „Du hast ja recht, aber ich muss zur
       Arbeit“, halte ich dagegen.
       
       „Gy gy gy, hor hor hor!“ Was so viel bedeutet wie: „Selber Schuld, bei
       Millionen von Arbeitslosen in Deutschland würde es überhaupt nicht
       auffallen, wenn du auch zu Hause bleibst.“ Nach 20 Minuten steige ich
       frustriert aus. „Du schickst mich also bei dieser Kälte zu Fuß zur
       Arbeit?“, schimpfe ich und mache die Motorhaube auf, damit er genauso
       friert wie ich.
       
       Hastig öffne ich die Thermoskanne und kippe den Tee über mein erfrorenes
       Gesicht, bis sich an meiner Nase braune Eiszapfen bilden. Da sehe ich von
       weitem einen VW-Bus, der in meine Richtung fährt. Hasans Wagen erkenne ich
       unter Tausenden. Der linke Scheinwerfer zeigt nach oben, der rechte nach
       unten.
       
       „Halloo, Hasaan! Heißgeliebter Arbeitskollege, nimm mich mit!“ Aber er
       versucht nicht mal anzuhalten. Wie sollte er mich auch bei dieser
       Dunkelheit überhaupt erkennen? Bei dem Zwei-Euro-Stück großen Guckloch, das
       er an seiner Windschutzscheibe frei gekratzt hat, muss ich froh sein, dass
       er mich nicht überfahren hat.
       
       ## Plötzlich kommt mein Sohn Mehmet angefahren
       
       Ich springe auf Hasans Anhänger. Den hat er immer dran, um für
       [1][plötzlich auftauchenden Sperrmüll] gewappnet zu sein. Kaum sind wir auf
       dem Parkplatz von Halle 4, da sehe ich auch meinen Ford-Transit durch das
       Werkstor rollen.
       
       Bei Allah, wie kommt denn meine sture Kiste alleine hierher? Kennt der
       Wagen die Strecke schon im Schlaf oder was? Mein Sohn Mehmet kurbelt das
       Fenster herunter und lacht: „Vater, was liegst du denn da in dem Anhänger?
       Hast du wieder so viel [2][Knoblauch] gegessen, dass Onkel Hasan dich nicht
       vorne rein lässt?“
       
       „Im [3][Winter] fahre ich immer so zur Arbeit, das macht munter. Aber was
       willst du denn eigentlich hier?“, zittere ich. „Ich wollte dich fragen, ob
       du mir etwas Geld geben kannst?“, fragt er. „Der Transit sprang vorhin
       nicht an. Wie hast du es denn geschafft?“, stammele ich.
       
       „Ach, nichts. Ich hatte den Tank leer gepumpt, weil ich bei der [4][Demo
       gegen rechts] Benzin für die Molotowcocktails brauchte“, grinst er. Außer
       mir vor Wut versuche ich mir den dicksten Eiszapfen von der Nase zu reißen,
       um ihn Mehmet auf den Kopf zu hauen – aber es klappt leider nicht, er ist
       total festgefroren!
       
       18 Mar 2025
       
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