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       # taz.de -- Sperrung auf der Stadtautobahn: Auch wenn’s juckt: Jetzt bitte keine Schadenfreude
       
       > Die Brückenschäden könnten jahrelang für Mega-Staus sorgen. Warum deshalb
       > nicht bis zu einem Neubau dort nur Notdienste und Handwerker fahren
       > lassen?
       
   IMG Bild: Die Sperrung der Ringbahnbrücke wird offenbar auf Jahre für Staus an der und auf der Stadtautobahn sorgen
       
       Zugegeben: Ein bisschen Schadenfreude kann angesichts der Mittwochabend
       verfügten Sperrung der Brücke der Stadtautobahn im Westen Berlins schon
       aufkommen – falls man oder frau in Berlin mit dem Rad unterwegs ist. Sollen
       sie doch in ihrem Stau stehen – von 50 Minuten und mehr war am
       Donnerstagmorgen die Rede.
       
       Sind sie es doch, die einen schneiden, abdrängen, anhupen, beleidigen. Die
       oft allein in einem fünf Meter langen und fast zwei Meter breiten SUV
       sitzen und damit rund zehn Quadratmeter Straßenfläche einnehmen. Die auf
       einer Autobahn unterwegs sind, neben der von Neukölln bis Charlottenburg
       fast durchgehend die S-Bahn parallel fährt.
       
       All das wäre durchaus jeweils ein Grund, nicht allzu viel Mitgefühl mit
       denen zu haben, die künftig und offenbar mindestens die kommenden zwei
       Jahre einen noch größeren Teil ihres Lebens im Stau auf der A 100
       verbringen werden. Und doch ist diese Betrachtung zu schlicht.
       
       Ja, da stehen eine Menge Leute im Stau, die dort nicht stehen müssten –
       weil sie nichts Schweres zu transportieren und eine gute ÖPNV-Anbindung
       haben. Aber da sind künftig auch jene ausgebremst, ohne die es in Berlin
       nicht läuft: Polizei, Rettungsdienst und all die vielen Handwerker, die ihr
       Material und Werkzeug, selbst wenn sie es wollten, tatsächlich nicht mit
       der S-Bahn von A nach B schaffen können. Für die Berliner Wirtschaft ist
       die Sperrung, wie es ihr Spitzenverband UVB ausdrückt, „eine
       Vollkatastrophe“.
       
       ## Am Geld kann es nicht scheitern
       
       Zur Erinnerung: Wegen eines sich ausbreitenden Risses im Tragwerk der
       sogenannten Ringbahnbrücke hatte die bundeseigene Autobahn-Gesellschaft die
       Brücke am Mittwochabend auf unabsehbare Zeit gesperrt. Sie gehört zum
       Autobahndreieck Funkturm, auf dem das täglich um die 230.000 Autos
       unterwegs sind.
       
       An einer Sanierung, genauer: einem Neubau, führt also nichts vorbei. Und
       das möglichst schnell. Am Geld kann das dank des gerade beschlossenen,
       hunderte Milliarden schweren Sondervermögens für die Infrastruktur kaum
       scheitern – an langwieriger Bürokratie hingegen sehr wohl. Da sind Senat
       und Autobahn GmbH gefragt, sämtliche behördeninternen Tempolimits
       aufzuheben.
       
       Für den Übergang aber ist zu überlegen, ob der Notbetrieb auf den
       verbleibenden wenigen Spuren nicht den Genannten vorbehalten bleiben soll,
       um die schneller durchkommen zu lassen: Lieferwagen – aber nur die, die in
       Berlin auch zu tun haben, nicht etwa Durchgangsverkehr – Handwerker, Taxis,
       Pflege- und Notdienste und die Polizei.
       
       Schon klar, dass nun die Entgegnung kommt: zu großer Verwaltungsaufwand.
       Wie soll sich kontrollieren lassen, ob jemand aus Bequemlichkeit oder aus
       erlaubtem Grund unterwegs ist? Mag sein. Ob das wirklich so ist, wäre aber
       zu prüfen. Ist das so viel anders beim Gebotsschild „Nur für Anlieger“? Mit
       Stichproben und spürbar hohen Bußgeldern wäre das denkbar.
       
       ## Hoffnung auf Umsteiger zur S-Bahn
       
       Vielleicht kommt dann doch mal jemand auf die Idee, auf die S-Bahn
       umzusteigen. Auch hier ist klar: Passt nicht für jeden und jede, aber eben
       für manche. Dafür muss die Bahn aber auch künftig fahren – die Grünen im
       Abgeordnetenhaus machten sich am Donnerstag nicht zu Unrecht Sorgen, dass
       die längst überfällige Ausschreibung für neue S-Bahn-Wagen sich noch weiter
       verzögert.
       
       21 Mar 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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