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       # taz.de -- Geld für Klimaschutz: So könnte eine klimafreundliche Schuldenregel aussehen
       
       > Im schwarz-roten Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse fällt das Klima
       > hinten runter. Eine Denkfabrik schlägt vor, wie es besser gehen könnte.
       
   IMG Bild: Da ist sie wieder in der Diskussion: die Wärmepumpe
       
       Berlin taz | 500 Milliarden für Infrastruktur, praktisch unbegrenzte
       Kredite für die Bundeswehr: CDU und SPD wollen gigantische Summen
       mobilisieren. Klimaschutz spielt in den Ankündigungen noch keine Rolle.
       
       Dabei bringt es eigene Herausforderungen mit sich, Klimaschutz mit Schulden
       zu finanzieren. Die Denkfabrik Dezernat Zukunft hat [1][am Mittwoch einen
       Vorschlag vorgelegt], wie das gelingen könnte.
       
       Unter den derzeitigen Verschuldungsregeln darf die Bundesregierung sich
       jährlich nur mit 0,35 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung neu
       verschulden. Seit Jahren kritisieren Ökonom*innen, dass dadurch dringend
       nötige Investitionen ausblieben.
       
       Das Dezernat Zukunft (DZ) hat deswegen [2][schon in einer anderen Studie
       vorgeschlagen], die 0,35 Prozent zu ersetzen mit einer Regel, die
       sogenannte „produktive Staatsausgaben“ zulässt. Damit meinen sie Ausgaben,
       die die Wirtschaft ankurbeln, indem zum Beispiel intakte Infrastruktur,
       besser ausgebildete Arbeiter*innen und modernere Maschinen Firmen
       leistungsstärker machen. Und wenn die Wirtschaft wächst, lassen sich auch
       die Zinsen aus den dafür aufgenommenen Schulden abbezahlen.
       
       ## Geld für Klimaschutz ist volkswirtschaftlich sinnvoll
       
       [3][Unter der von CDU und SPD vorgeschlagenen Regel] würde weiterhin eine
       numerische Grenze bei 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung gelten, mit
       einer Ausnahme für Verteidigungsausgaben.
       
       Der Vorschlag des DZ könnte, je nach Auslegung, viele Investitionen
       ermöglichen: in Stromnetz und -speicher zum Beispiel. Aber „viele Ausgaben
       für Klimaschutz sind nicht unmittelbar wachstumsfördernd“, erklärt der
       Ökonom Felix Heilmann, Co-Autor der DZ-Studie. „Trotzdem sind sie
       volkswirtschaftlich sinnvoll, da sie zukünftige Schäden vermeiden. Das
       zeigt das Beispiel der Ahrtalflut.“
       
       Werden zum Beispiel funktionierende Gasheizungen durch Wärmepumpen
       ausgetauscht, erhöhe sich weder der Kapitalstock noch das
       Wachstumspotenzial: Firmen können nicht besser produzieren, weil ihre
       Arbeiter*innen mit Strom statt Gas heizen.
       
       Trotzdem erhöhten Klimaschutzinvestitionen langfristig das Gesamtvermögen
       der Gesellschaft, sagt Heilmann. Eine Tonne CO₂ in der Atmosphäre sorgt
       weltweit für 335 bis 940 Euro Klimaschäden. Wenn eine Investition also zum
       Beispiel 1.000 Tonnen CO₂-Ausstoß vermeidet, werden dadurch 335.000 Euro
       bis 940.000 Euro Folgeschäden vermieden. Kostet sie weniger, lohnt sich ein
       Kredit, argumentieren die DZ-Autoren.
       
       Denn der Nutzen – vermiedene Klimafolgen – kommt ja auch zukünftigen
       Generationen zugute. Müssten nur die gegenwärtigen Generationen für die
       Kosten aufkommen, wäre das ungerecht. „Kredite beteiligen zukünftige
       Generationen“, sagt Heilmann, „die Finanzierungskosten werden gestreckt.“
       
       „Öffentliche Klimafinanzierung hat eine sehr eigene Natur“, sagt Ökonom
       Heilmann. Beim Vorschlag des DZ, nur produktive Staatsausgaben mit Krediten
       zu finanzieren, braucht es deshalb eine Ausnahme für Klimaschutz. Die
       greift, wenn der Markt beim Klimaschutz versagt.
       
       ## Auch im Klimaschutz große Finanzierungsbedarfe
       
       Zum Beispiel lohnt es sich zwar für die allermeisten Hausbesitzer
       langfristig, eine Wärmepumpe einzubauen. Aber das heißt nicht, dass sie
       sich den Heizungstausch leisten können. Hier könnte der Staat eingreifen
       und Kredite vergünstigen oder die Wärmepumpe bezuschussen. Das Gleiche gilt
       für Batteriefabriken, die ohne Förderung zunächst nicht mit China mithalten
       können, oder den Ausbau des Wasserstoffnetzes, das erst mal laufen muss,
       bevor Unternehmen auf Wasserstoff umstellen.
       
       Das DZ lässt offen, wer genau entscheidet, welche Marktversagen vom Staat
       ausgeglichen werden müssen und wie viel es kosten darf, das zu beheben –
       ein Punkt, an dem sich in der Umsetzung große Konflikte entzünden könnten.
       
       Aber Studienautor Heilmann sieht den Vorschlag ausdrücklich als Einladung
       zur Diskussion: „Entscheidend ist, dass es auch für Klimaschutz große
       Finanzierungsbedarfe gibt, deren besondere Natur in klassischen
       Reformvorschlägen für die Schuldenbremse oft nicht ausreichend
       berücksichtigt wird.“
       
       5 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://dezernatzukunft.org/wie-sich-klimaausgaben-in-einer-oekonomisch-sinnvollen-schuldenregel-beruecksichtigen-lassen/
   DIR [2] /Debatte-ueber-Schuldenbremse/!6072173
   DIR [3] /Wendemanoever-durch-Merz/!6073854
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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