# taz.de -- Menschheit im Klimwandel: Zum Glück anpassungsfähig
> Ein Forschungsprojekt unter Beteiligung der Kieler Uni untersucht die
> Klimaresilienz menschlicher Gemeinschaften. Das Ergebnis gibt Anlass zur
> Hoffnung.
IMG Bild: Schwimmende Häuser wie hier in Hamburg könnten helfen, wenn die Wasserpegel steigen
Kiel taz | Die globale Temperatur ist [1][gefährlich angestiegen]. 2024 war
nicht nur das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Erstmals lag die
Temperatur weltweit 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Durchschnitt
und sprengte somit die im Pariser Klimaabkommen festgelegte Grenze. Dürren,
verheerende Fluten und Waldbrände haben zugenommen: Der Klimawandel spitzt
sich mit potenziell fatalen Konsequenzen für Menschen auf der ganzen Welt
zu.
Vor diesem Hintergrund befassen sich Wissenschaftler*innen des
Exzellenzclusters „Roots“ an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu
Kiel, der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU), der Universität
Heidelberg und der Universität Cambridge (UK) mit Überlebensstrategien und
-techniken, die menschliche Gesellschaften in den vergangenen 5.000 Jahren
als Praxis der Klimaresilienz mobilisierten.
Die Fachleute aus Geowissenschaften und Archäologie, die das neue Gebiet
der Klimaresilienz-Forschung auf den Weg gebracht haben, sind der Frage
nachgegangen, wie es menschlichen Gemeinschaften gelang, die
[2][Auswirkungen von einschneidenden Naturkatastrophen] und
Klimaereignissen zu überwinden und daraus sogar gestärkt hervorzugehen: ein
Blick zurück, der Aufschlüsse über Handlungsoptionen in Gegenwart und
Zukunft geben soll.
Eine Übersicht ihrer bisherigen Untersuchungsergebnisse zur Klimaresilienz
in der Menschheitsgeschichte von frühen Jäger-und-Sammler-Kulturen bis zu
industriellen Gesellschaften erschien kürzlich in der internationalen
Zeitschrift [3][Environmental Research Letters].
## Gesellschaften trotz Risiken stabil
Das interdisziplinäre Forscher*innen-Team arbeitet daran zu „verstehen, wie
Gesellschaften trotz Risiken stabil, widerstandsfähig oder sogar
prosperierend bleiben konnten“, so Erstautor Liang Emlyn Yang, Senior
Researcher für Mensch-Umwelt-Beziehungen in der geowissenschaftlichen
Fakultät der LMU München sowie ehemaliges Mitglied der Kieler
Graduiertenschule „Human Development in Landscapes“ und des
Exzellenzclusters „Roots“.
Es habe sich gezeigt, „dass mit zunehmender Technologisierung der
Gesellschaften auch die Anpassungsfähigkeit der Menschen zunimmt“, wie
Co-Autorin und Spezialistin für Paläoklimatologie, Mara Weinelt vom
Institut für Ur- und Frühgeschichte der CAU Kiel, wissenschaftliche
Koordinatorin von „Roots“, erläutert.
Zwar bewirkte der Klimawandel in der Vergangenheit Veränderungen in der
landwirtschaftlichen Produktion und führte zu Konjunkturschwankungen,
Migrationsbewegungen, sozialen Unruhen und Kriegen. Gleichzeitig aber
stellte sich bei der historischen Datenanalyse heraus, dass
gesellschaftliche Krisen offenbar in erster Linie sozioökonomische Ursachen
hatten und nur indirekt durch Umweltbedingen ausgelöst wurden.
Die vor der industriellen Revolution durch Agrarwirtschaft und Tierhaltung
bestimmten menschlichen Gesellschaften, so ein Fazit der Studie,
entwickelten immer wieder kreative Methoden, um [4][auf veränderte
Klimabedingungen zu reagieren]. So passten landwirtschaftliche
Gemeinschaften von Südwestasien bis Westeuropa etwa die Wahl von
Getreidesorten auf wechselnde Umweltbedingungen an, schufen
Bewässerungssysteme, optimierten die Wasserverwaltung, die Weidelandnutzung
und die Landgewinnung.
Diese und weitere Innovationen gewährleisteten deren Überdauern über Not-
und Krisenzeiten hinweg. Auch wenn technologischer Fortschritt die
[5][Klimakrise] verschärft hat, ist dieser für Resilienz-Forscher*innen
weiterhin ein essenzieller Faktor für die Überwindung der aktuellen
Herausforderungen, vor denen wir als Menschheit stehen.
## Sozialer Einsatz von Technologie
„Obwohl die Klimarisiken ernst sind, ist die Welt im Jahr 2050 nicht dazu
verdammt, unbewohnbar zu sein“, sagt Yang. „Tatsächlich könnte sie trotz
höherer Temperaturen widerstandsfähiger sein als heute, wenn proaktive
Anpassung, gerechte Politik und technologische Lösungen weiter
voranschreiten.“ Dazu ist für ihn neben der Ausrichtung „technologischer
Innovationen auf Nachhaltigkeit“ der „soziale Einsatz von Technologie“
entscheidend.
„Wir müssen die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen [6][anerkennen],
aber auch die Chance erkennen, eine widerstandsfähigere und nachhaltigere
Zukunft zu gestalten“, sagt er. „Basierend auf unseren wissenschaftlichen
Erkenntnissen und historischen Fakten betonen wir die Idee, dass Resilienz
nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein erreichbares Ziel ist.“
7 May 2025
## LINKS
DIR [1] /Online-Tool-Climate-Storylines/!6068361
DIR [2] /Naturkatastrophen-im-ersten-Halbjahr/!6024124
DIR [3] https://iopscience.iop.org/journal/1748-9326
DIR [4] /Solarenergie-waechst-exponentiell/!6080466
DIR [5] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
DIR [6] /Umweltpsychologin-ueber-Klimaschutz/!6083885
## AUTOREN
DIR Belinda Grace Gardner
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